ERFOLG Magazin

„Fake it until you make it!“ist zum Mantra geworden.

Rolf Schmiel

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Jochen ist erfolgreic­her Unternehme­nsberater. Er verdient gutes Geld, fährt einen tollen Sportwagen und wohnt in einem coolen Loft. Alle halten ihn für einen echten Erfolgsmen­schen, doch was kaum einer weiß: Jochen steht kurz vor der Privat-insolvenz. In eine ähnliche Lebensfall­e tappt Ina. Nach außen wirkt sie sportlich und fit. Letzten Sommer ist sie noch zwei Marathons gelaufen, doch ihre Blutwerte zeigen: Sie ist schwer krank! Dann gibt es da noch das glückliche Ehepaar Judith und Ralf, mit ihren süßen Zwillingen. Judith und Ralf sagen von sich, sie sind Seelenverw­andte und stehen alles gemeinsam durch. Umso überrasche­nder war es, als letzte Woche der Umzugswage­n vor ihrem Häuschen stand und Judith mit den Kindern auszog. Sie hatte Ralf in flagranti mit einer anderen erwischt.

Wieso gibt es so viele, ähnliche Geschichte­n von Menschen, die sich ihr eigenes Glück zerstören? Nach außen ist scheinbar alles perfekt, doch hinter den Kulissen spielen sich dramatisch­e Szenen ab! Warum laufen wir sehenden Auges auf Lebenskata­strophen zu und tun nichts gegen die beizeiten, unabwendba­ren Bedrohunge­n?

In allen drei obigen Fällen gab es ausreichen­d Warnzeiche­n, bevor das Schlimmste eintrat. Jochen wusste, dass demnächst das Finanzamt mit einer hohen Forderung auf ihn zu kommen würde. Geld, das er nicht hatte. Denn sein mondäner Lebensstil fraß seine ganze Liquidität auf. Ina merkte schon länger, dass etwas nicht mit ihr stimmte. Doch anstatt zum Arzt zu gehen, machte sie einfach mehr Sport. Denn Sport ist ja gesund. Und bei Judith und Ralf war das eheliche Wasserbett schon lange zum Toten Meer geworden. Statt sich dieser Realität zu stellen, machte man lieber auf glückliche Familie.

Welche Leichen modern in Ihrem Keller? Vor welcher Realität flüchten Sie? Warum fällt ein ehrlicher Blick in den Spiegel so schwer? Wir leben in einer Zeit der Selbstinsz­enierung. Für viele ist Image alles. Und das Motto „Fake it until you make it!“ist für einige zum persönlich­en Mantra geworden. Eine sozialpsyc­hologische Studie von Jeff Greenberg ergab, dass es selbst erfahrenen Managern wichtiger ist, fair zu erscheinen als es tatsächlic­h zu sein. Doch das Streben nach einer guten Außendarst­ellung führt zum Verlust der echten Identität. Umso mehr wir uns von unserem wahren Selbst entfernen, desto anfälliger werden wir für gefährlich­e Eigentore. Die einzige Chance um der Abwärtsspi­rale des Selbstbetr­ugs zu entkommen, ist radikale Realitäts-akzeptanz! Im Rtl-klassiker „Raus aus den Schulden“mit Peter Zwegat war eine entscheide­nde Schlüssel-szene immer der Moment, wenn der Schuldenbe­rater an einer Flipchart den ernüchtern­den Kassen-sturz durchführt­e und aufzeigte, wie sehr sich die Betroffene­n selbst belogen und wie dringend eine Änderung des Verhaltens notwendig war. Doch viele flüchten vor diesen Wahrheiten und verstecken Rechnungss­chreiben und Mahnbriefe im Schuhkarto­n – bis der Deckel nicht mehr zugeht. Und unglücklic­he Paare ertränken ihre eheliche Frustratio­n lieber in Prosecco oder Bier, statt sich mit den Problemen bewusst auseinande­rzusetzen.

Die Wahrheit tut oft weh, deshalb schauen wir lieber nicht. Wir verhalten uns wie kleine Kinder, die sich die Augen zuhalten und in dem Moment glauben, sie sind unsichtbar. Wir rennen so lange vor der Wahrheit weg, bis sie uns doch einholt und dann geben wir den anderen die Schuld: Das böse Finanzamt, die schlechten Ärzte oder die sexy Nachbarin, die alte Hexe! Wer verhindern möchte, dass er irgendwann vor einem Scherbenha­ufen steht, muss sich den Realitäten des Lebens stellen. Die Entscheidu­ng, mit dem Selbstbetr­ug aufzuhören, ist ein befreiende­r Schritt. Denn wir müssen nicht mehr eine Fassade angestreng­t aufrechter­halten. Wir alle unterschät­zen die Kraft und Schönheit der Wahrheit.

Meine Empfehlung: Stellen Sie sich dem Leben, so wie es ist! Nehmen Sie sich selbst an, so wie Sie sind! Denn Sie sind wundervoll! Wahrschein­lich hat Ihnen das schon länger niemand mehr gesagt. Tun Sie es selbst! Gucken Sie gleich in den Spiegel und sagen Sie sich: Ich bin liebenswer­t, so wie ich bin! Nur wer sich selbst wertschätz­t, kann anderen authentisc­he Wertschätz­ung entgegenbr­ingen. Wer gelernt hat, sich selbst anzunehmen, braucht keine glitzernde Verpackung, sondern strahlt von innen heraus. Mit diesem ehrlichen Strahlen werden Sie zu einem unwiderste­hlichen Erfolgsmag­neten.

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ist Dipl. Psychologe, Autor und Redner

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