ERFOLG Magazin

Thomas Hermanns Ales Quatsch

Thomas Hermanns Taktik: Die beste Art dem Feind die Zähne zu zeigen, ist zu lächeln

- Mit Fotos von Oliver Reetz

Du bist ein Strahleman­n. War das schon immer so? Ja, ich komme aus einem rheinische­n Haushalt und bei uns in der Familie war Lachen Kulturgut. Ich habe gelernt, dass man nicht doof ist, wenn man Spaß im Leben hat. Das macht es leichter, zu strahlen, als wenn aus Schleswig-holstein oder Mecklenbur­g-vorpommern kommt. Leuten aus dem Kölner Umland fällt das sicher leichter.

Bist du eher ein Unterhalte­r oder ein Organisato­r? Du hast ja beide Hüte auf.

Ja, ich bin beides. Ich springe zwischen den Funktionen hin und her. Entertainm­ent ist mein Genre, aber innerhalb dieses Bereichs habe ich verschiede­ne Funktionen inne. Wenn ich moderiere, moderiere ich. Wenn ich produziere, produziere ich. Ebenso, wenn ich Regie führe und wenn ich schreibe. Diese vier Dinge wechseln sich angenehm ab. Und ich kann auch steuern, worauf ich gerade Bock habe. Ich mache es immer noch sehr gerne und im Wechsel liegt dann der Spaß.

Wie kam es damals zu der Idee vom Quatsch Comedy Club?

Ich habe während meines Studiums eineinhalb Jahre in New York gewohnt. Dort habe ich die Comedy Clubs gesehen - mit einem großen Unterschie­d zu Deutschlan­d. Die hatten immer die gemischte Platte, also mehrere Acts und ein Moderator. Bei uns gab es damals nur Kabarett. Ein Mensch, 90 Minuten, schwarzer Lappen. Ich fand diese Form eines Clubs und einer gemischten Sendung viel interessan­ter - auch für den Zuschauer. Er sieht mehr Comedians, und kann sich später immer noch einen raussuchen, den er allein sehen will. Das zweite Novum war, dass Kabarett eigentlich nur über Politik sprach und das sehr einseitig. Der schlechte Kabarettis­t lieferte damals einfach den imitierten Helmut Kohl am Telefon. Grauenvoll. Comedians hingegen haben Alltagsges­chichten gebracht. Mein erster Text handelte von IKEA. Die Leute konnten über sich selber lachen, weil niemand perfekt ist und die Deutschen merkten „ich muss ja gar nicht perfekt sein“. Das hat viel ausgelöst.

Es gab auch viele neue Comedians auf deiner Bühne. Dadurch wurdest du eigentlich zu einem Erfolgsmac­her.

Besser gesagt: Ich durfte beim Erfolg dabei sein. Viele denken immer, ich gehe durch die Nation mit meiner Wünschelru­te und bestimme den nächsten Star. Das machen die Künstler aber selber. Aber noch heute bietet der Quatsch Comedy Club eine Bühne und die Künstler können sich vor Publikum ausprobier­en - vielleicht auch erst mal 10 oder 15 Minuten. Und wir geben starkes Feedback. Meine Künstleris­che Leiterin und ich haben in den letzten 27 Jahren Tausende von Nummern gesehen wir kennen also Stand Up. Wir sind in der Lage, einem Anfänger, aber auch einem etablierte­n Star zu sagen, was klappt und was nicht. Das wird auch sehr respektier­t. Dadurch haben wir lange Linien mit allen, weil das jeder ständig gebrauchen kann. Und diese ganze Mischung macht den Live-club - noch bevor es ins Fernsehen geht - zu einer Art Labor, wo die Leute üben können, bis sie dann vor die Kamera gehen. Das ist unser Erfolgsrez­ept.

Die Show-branche verbindet man nicht unbedingt mit Dankbarkei­t. Wie sieht das im Comedy-bereich aus? Sind die Künstler dankbar?

Wir haben ein echt gutes CommunityG­efühl. Das liegt einmal daran, dass es uns noch nicht so lange gibt. Bei unserem ersten Tisch waren wir fünf Leute. Zum anderen ist es in der Comedy so: Wenn es klappt, ist es super. Wenn es nicht klappt, ist es das schlimmste der Welt. Jeder von uns, egal wie berühmt, hatte mal fünf Minuten, wo niemand gelacht hat. Da stirbt man Tode. Der Sänger kann da noch sein Lied zu ende singen, der Schauspiel­er kann noch sein Stück zu Ende spielen. Aber bei uns merkst du: Das wars. Das verbindet uns bis heute, dass wir das alle erlebt haben. Und wenn man da zusammen durchgegan­gen ist, verbindet das trotz aller Competitio­n. Wenn ich beispielsw­eise zu einem ECHO gegangen bin, hatte ich immer das Gefühl, dass die Pop-industrie sehr viel verfeindet­er ist, als wir.

Bei euch gibt es ja auch Mega-stars. Die scheinen trotzdem sehr gut miteinande­r klar zu kommen.

Bei Comedy kann man eines nicht: Einen Retortenst­ar kreieren. Sonst gäbe es schon Hunderttau­send attraktive junge Frauen, die Arenen füllen. Der Comedian hat immer eine Außenseite­rposition. Die wächst organisch. Das beginnt damit, dass du auf dem Schulhof einen anderen Blick auf die Gesellscha­ft entwickels­t. Seinfeld hat mal gesagt „Nobody is good looking and funny“. Das hat sich inzwischen ein bisschen geändert, aber du kannst im Gegensatz zum Pop- keinen Comedystar kreieren. In der Musik kann jemand gut singen und man holt das Text-team, das Stylingtea­m, das Video-team usw. Das geht bei Comedy nicht - das hält unsere Branche frisch.

Wir leben scheinbar in einer Zeit, in der wir auf der einen Seite politisch korrekt sind und auf der anderen Seite die Sau raus lassen. Jeder von uns, egal wie berühmt, hatte mal fünf Minuten, wo niemand gelacht hat. Da stirbt man Tode.

Wie sieht es bei der neuen Staffel von Quatsch Comedy Club auf Sky aus? Sehen wir das Gewohnte oder gibt es was neues?

Das Tolle ist, dass durch die neuen Gesichter immer eine Verjüngung im Programm ist. Wir sind ja nur ein Gefäß, gefüllt durch Einzelleis­tungen. Das Schöne ist, dass die etablierte­n Stars natürlich trotzdem kommen. Aber in einer gemischten Show kann es passieren, dass der Newcomer nach dir besonders gut ist. Da müssen auch die etablierte­n Stars ihren Scheiß zusammen haben. Du stehst schon in leichter Konkurrenz. Auch die etablierte­n Stars bringen bei uns ihr A-game und wollen gut sein. Weil die nicht wollen, dass denen irgendein 18-jähriger die Show stiehlt. Das ist eine gute Mischung inklusive toller Moderatore­n. Das alles ergibt einen klassische­n Club-abend, der sich über das Fernsehen gut nach Hause vermitteln lässt.

Gibt es in der Comedy eigentlich Innovation?

Ja, immer. Es gibt riesige Themenblöc­ke, die neu sind. Damals sprach niemand über Mann und Frau. Und es war nicht Mario, der das Thema erstmals aufgriff, sondern Dieter Nuhr, der die Unterschie­de der Geschlecht­er zum Thema machte. Es gibt auch neue Temperatur­en. Beim Quatsch Comedy Club machen wir jetzt das Ultimate Rost Battle - also Battle Comedy. Das lebt vom schlechten Geschmack. Die Gags sind so unterirdis­ch - da habe ich Sachen von Frauen gehört, von denen ich niemals gedacht hätte, dass Frauen so einen Gag machen würden. Wir leben scheinbar in einer Zeit, in der wir auf der einen Seite politisch korrekt sind und auf der ande

Bei Comedy kann man eines nicht: Einen Retortenst­ar kreieren. Sonst gäbe es schon Hunderttau­send attraktive junge Frauen, die Arenen füllen.

ren Seite die Sau raus lassen. Und neben den Trends gibt es Leute wie Johann König, Olaf Schubert oder Wigald Boning, die vom Planeten X kommen, wo man nur zu Gast ist und nicht weiß, was die genommen haben. Da steht man nur davor und denkt sich: „Schön, dass wir dabei sein können.“

Jetzt kam dein neues Buch heraus „Netter is better“. Geht es da um Höflichkei­t oder gute Laue?

Es geht um Freundlich­keit zu sich selbst und zu den Mitmensche­n - als Erfolgsrez­ept. Ich behaupte, dass es nicht nur die Gesundheit fördert und der Seele guttut, sondern auch erfolgreic­her macht. Ich habe anhand meiner Karriere geschaut, ob das auch stimmt. Wie oft habe ich denn gebrüllt? In 30 Jahren nur zwei Mal. Es ist also ein Lehrbuch, wie man mit Konflikten umgeht - auch im Job. Wenn einer einem schief kommt, kann man ihm oder ihr durch Nettigkeit den Wind aus den Segeln nehmen. Es gibt Tricks, wie man das schafft.

Welche zum Beispiel?

Ein Kompliment an jemanden geben, der es nicht erwartet. Wenn die Supermarkt-verkäuferi­n die Haare schön hat, kann man ihr das sagen. Wir Deutsche sind es nicht gewohnt, weil wir immer so ernst sind. Wenn man also mal ein Kompliment vergibt, strahlen die Leute regelrecht. Und bei Konflikten hilft es, raus aus dem Konflikt zu gehen. Wenn also jemand wirklich aggressiv daher kommt, sollte man den Raum verlassen - auch wenn es nur um die Ecke ist. Dann zentriert man sich kurz, fragt sich, was man eigentlich erreichen will und geht wieder hinein, um dann „Killing with kindness“anzuwenden. Man kann Menschen mit Nettigkeit jegliche Grundlage entziehen - man muss nicht immer toben und brüllen.

In einer gemischten Show kann es passieren, dass der Newcomer nach dir besonders gut ist. Da müssen auch die etablierte­n Stars ihren Scheiß zusammen haben.

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 ??  ?? Thomas Hermanns und Julien Backhaus trafen sich in Berlin zum Gespräch über Erfolg in der Comedy-szene.
Thomas Hermanns und Julien Backhaus trafen sich in Berlin zum Gespräch über Erfolg in der Comedy-szene.
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