Philip Keil – Weil rechts ranfahren nicht geht
Was wir von Piloten über Erfolg und Misserfolg lernen können
Am 04. Februar 2015 startet Trans Asia Airways Flug 235 vom Flughafen Taipeh mit Ziel Kinmen. Doch der Flug sollte nur wenige Sekunden dauern. Die Besatzung meldet nach dem Start einen Triebwerksausfall, kurz darauf kommt es zum Strömungsabriss und die zweistrahlige Turboprop-maschine vom Typ ATR 72 stürzt ins Meer. 43 Menschen sterben, nur 15 können gerettet werden. Einer der wenigen Abstürze in der jüngeren Luftfahrtgeschichte.
Ich habe selbst als verantwortlicher Pilot im Februar 2009 eine Beinahe-katastrophe erlebt. Wie bei dem Unglück in
Taipeh geriet ich kurz nach dem Start in Ägypten in einen Strömungsabriss. Nicht durch einen Triebwerksausfall hervorgerufen, sondern durch eine sogenannte Windscherung, ein sehr seltenes Wetterphänomen, das den Auftrieb an den Tragflächen vernichtet. Dass ich den Absturz in buchstäblich letzter
Sekunde abwenden konnte, verdanke ich hartem und regelmäßigem Training im Flugsimulator. Seit diesem Tag beschäftige ich mich als
Sachbuchautor und Keynote Speaker mit dem „Faktor Mensch“– am Boden wie in der Luft. Was lässt manche Menschen in Extremsituationen über sich hinauswachsen, während andere versagen? Was macht im “Cockpit des Lebens“den Unterschied zwischen Crash und Punktlandung?
Die Tragödie von Taipeh ist für mich ein Sinnbild, weshalb auch Unternehmen und Beziehungen vollkommen unnötig cras
Weil wir in unserer komplexen und durchoptimierten Welt den wichtigsten Faktor aus den Augen verloren haben: den Faktor Mensch.
hen. Weil wir in unserer komplexen und durchoptimierten Welt den wichtigsten Faktor aus den Augen verloren haben: den Faktor Mensch. Ein Triebwerksausfall nach dem Start ist für Piloten eine fliegerische Herausforderung, keine Frage. Aber eine beherrschbare, die wir ständig im Simulator trainieren. Die Trans Asia Crew war erfahren und das Wetter war unproblematisch. Was war also an diesem 04. Februar 2015 im Cockpit passiert?
Nur von Teamwork reden – oder es leben?
Der Kapitän kämpfte mit der Steuerung des Flugzeugs und schaltete gleichzeitig das Triebwerk ab. Leider das Falsche. Hoher Stress führt zu Fehlern. Deshalb sitzen im Cockpit immer zwei Piloten, die sich die Arbeit teilen und gegenseitig auf die Finger schauen sollen. Unter Druck werden wir zu Einzelkämpfern und geraten in einen Tunnelblick. Paradox, denn gerade in diesen Momenten ist gegenseitige Unterstützung am wichtigsten. Auch am Boden gilt: die komplexen Fragen der Zukunft lassen sich nur im Team beantworten.
Mein Anti-crash Tipp für Dein Erfolgs-cockpit: Frage aktiv um Rat, wechsle die Perspektive und versuche, die Stärken Deines Teams zu nutzen.
Crashursache Machtdistanz
Teams scheitern nicht an der Aufgabe. Teams scheitern an sich selbst. Teams scheitern an Machtdistanz. Nicht nur, dass der Trans Asia Kapitän als Einzelkämpfer agierte, seinen Co-piloten also nicht mit einbezog. Der Co-pilot seinerseits griff auch nicht ein. Das kulturelle Erbe vieler asiatischer Länder stellt eine sehr hohe Hürde für echtes Teamwork dar. Der Rangniedere ist reiner Befehlsempfänger. Der Co-pilot hatte den Fehler seines Kapitäns erkannt und auch geäußert. Aber hat er auch gehandelt, als dieser nicht reagierte? Nein.
Mein Anti-crash Tipp für Dein Erfolgs-cockpit: Nur wer selbst das Steuer in die Hand
nimmt, kann seinem Leben eine eigene Richtung geben. Dazu gehört, sich einzumischen und ins Handeln zu kommen. Wer das auch von seinem Team erwartet, muss dafür sorgen, dass ein Klima auf Augenhöhe herrscht.
Arbeit kannst Du teilen, Verantwortung nicht.
Ein weit verbreitetes Problem in Teams ist, dass sich ihre Mitglieder nicht wirklich in der vollen Verantwortung sehen. Zweifel oder Vorschläge werden allenfalls geäußert. Wo man auf sich allein gestellt schon längst gehandelt hätte, lässt man es im Team laufen und wartet darauf, dass andere aktiv werden. Um das zu beobachten müssen wir nicht bis nach Asien blicken. Das ist auch hierzulande trauriger Alltag in vielen renommierten Unternehmen. Ein gemeinsames Ziel und ein starkes Bewusstsein für eigenverantwortliches Handeln schreiben sich viele Firmen auf die Fahnen. Um es umzusetzen braucht es ein echtes Umdenken und das Aufbrechen althergebrachter Strukturen. Eine klare Rollenverteilung? Ja, die braucht es. Das klärt Verantwortlichkeiten und verleiht den Akteuren Orientierung. Starre Hierarchien? Nein! Hat der Kapitän per se recht,
Mein Anti-crash
Tipp für Dein Erfolgs-cockpit: Wer Ziele erreichen will muss es schaffen, Menschen zu erreichen. Es gibt keine größere Wertschätzung und Motivation als entgegengebrachtes Vertrauen. Frage Dich, was sich im Zusammenleben und in der Zusammenarbeit mit Deinem Umfeld ändern muss, damit sich dieses Vertrauen entwickeln kann.
Fehlentscheidung besser als keine Entscheidung
Was bereuen wir am Ende unseres Lebens: unsere Fehler? Oder die Dinge, die wir so gerne gemacht hätten, uns aber nicht getraut haben? Aus Fehlern ziehen wir unsere Lehren, wir entwickeln uns, können sie korrigieren. Es sind Momente, in denen wir wachsen, ohne es zu merken. Ein Beispiel aus meinem eigenen Berufsleben: an meine weichen Landungen, an die Routineflüge kann ich mich heute nicht mehr erinnern. An meine harten Landungen als junger Co-pilot und an die schwierigen Situationen im Cockpit kann ich mich auch nach vielen Jahren noch sehr gut erinnern. Piloten nennen diese Momente „Decision Points“. Weil Du in 13km Höhe nicht rechts ranfahren kannst und eine Entscheidung treffen musst. Mein Anti-crash Tipp für Dein Erfolgs-cockpit: Frage Dich, was sind Deine Decision Points des Lebens? Für die großen Entscheidungen des Lebens gibt es keinen Autopiloten. Nicht unsere Fehler entscheiden über unsere Zukunft. Sondern unsere Ziele! Komm gut an!
Frage aktiv um Rat, wechsle die Perspektive und versuche, die Stärken Deines Teams zu nutzen. Nicht unsere Fehler entscheiden über unsere Zukunft. Sondern unsere Ziele!