Das gewisse Etwas Claudia Enkelmann
Dr. Claudia E. Enkelmann erklärt, was Charisma wirklich ist und warum jeder daraus schöpfen kann.
Auch Sie sind garantiert schon einmal jemandem begegnet, von dem Sie hin und weg waren. Oder jemand war Ihnen spontan unsympathisch. Andere wiederum haben Sie sofort wieder vergessen.
Zu welcher Gruppe möchten Sie gehören? Die Antwort auf diese Frage wird Ihnen sicher nicht schwerfallen, oder? Sicher möchten Sie nicht uninteressant oder gar unsympathisch wirken, Sie möchten andere mit Ihrer Ausstrahlung positiv beeindrucken, Sie möchten faszinieren und begeistern und Sie wünschen sich ein Leben, in dem Glück und Erfolg zu Hause sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Sie gerade einen Karrieresprung anstreben oder auf der Suche nach einem (neuen) Job sind, Ihren Kundenstamm ausbauen möchten, die Partnerin fürs Leben suchen oder für Ihren Wohltätigkeitsverein Spendengelder einsammeln möchten. Das gewisse Etwas wird Ihnen in allen Lebenslagen enorme Vorteile verschaffen. Eine gewinnende Wirkung, eine positive Ausstrahlung ist in jedem Beruf, aber auch im Privatleben von unschätzbarer Bedeutung, es ist ein ungeahnter Karrierebeschleuniger!
Auf die Frage, was bestimmte Menschen so besonders macht, kommt oft als Antwort „Oh, der ist unglaublich sympathisch!“, „Ich mag sie!“, „Er hat eine tolle Ausstrahlung!“oder „Dieser Mensch hat echt Charisma!“. Wenn Sie dann frech weiterbohren, was genau es denn ist, was diesen Mann oder diese Frau so unglaublich sympathisch macht, dann wird es für eine Weile ruhig. Ein typisches Zeichen, dass wir es noch nicht begreifen, noch nicht in Worte fassen können, was genau uns an diesem Menschen fasziniert. Ist es dann nicht umso erstaunlicher, dass wir bereit sind, solchen Menschen zuzuhören, ihnen zu vertrauen, ihnen zu folgen und sie zu unterstützen?
Das große Geheimnis – Ihre Chance!
Hier beginnt das große Geheimnis. Sie werden zu den wenigen Menschen gehören, die es kennen werden. Mehr noch wird es, wenn Sie den Mut haben, das Wissen umzusetzen, Ihre persönliche, positive Ausstrahlung verdoppeln. So werden auch Sie zu einem Menschen, den keiner mehr übersieht, unterschätzt oder vergisst! Jeder, jeder Mensch kann sein persönliches Charisma entfalten. Alles, was Sie dazu brauchen, ist schon in Ihnen, Sie haben nur nicht gelernt, es zu nutzen. Und gerade die tüchtigen, die ehrlichen und anständigen Menschen stellen häufig ihr Licht unter den Scheffel. Sie machen sich klein oder hoffen darauf, vom Chef, vom Traumpartner oder der Welt endlich entdeckt zu werden. Ihr Charisma zu entwickeln bedeutet, das Reich der Unscheinbarkeit zu verlassen und hinaus in die Sonne zu treten. Zu dem Menschen zu werden, der Sie sein können, und auf dieser Welt etwas zu verändern.
Bei all dem sollten Sie immer daran denken: Selbst die größten Charismatiker der Weltgeschichte sind nicht vom Himmel gefallen. Und: Alle großen, charismatischen und bedeutenden Persönlichkeiten von morgen sind heute noch unbekannt. Das ist Ihre große Chance.
»Jeder, jeder Mensch kann sein persönliches Charisma entfalten. Alles, was Sie dazu brauchen, ist schon in Ihnen, Sie haben nur nicht gelernt, es zu nutzen.«
Die von Gott geschenkte Gabe
„Charisma“bedeutet im Griechischen „Gnadengabe“. Der Begriff Charisma wird abgeleitet von „Charis“, Göttin der Anmut und der Liebe. Im alten Griechenland galten Menschen mit einer besonderen Ausstrahlung als „Lieblinge der Götter“, von diesen zu außergewöhnlichen Erfolgen befähigt. In der jüdisch-christlichen Tradition werden damit die von Gott dem Menschen geschenkten Gaben bezeichnet, im Neuen Testament die Gaben des Heiligen Geistes an die Christen, wie Weisheit, Erkenntnis, Glaube, Prophetie und die Fähigkeit, Kranke zu heilen und Wundertaten zu vollbringen.
Charisma als symbolische Macht
Für den Soziologen Max Weber (1864– 1920) ist Charisma „übernatürlich“, „übermenschlich“, auf jeden Fall aber „außeralltäglich“, sein Träger eine „gottgesandte“, „vorbildliche“Führungspersönlichkeit. Charisma ist mit der Person verbunden, die dieses von Natur aus besitzt. Nach Webers Meinung kann Charisma durch nichts gewonnen und auch nicht erlernt werden, es kann höchstens „geweckt“werden. Diese „symbolische Macht“besitzt man oder man besitzt sie nicht.
Charisma: die Facetten eines Begriffs
Charisma als Habitus
Neuere soziologische Theorien haben den Charisma-begriff erweitert, indem sie eine soziale Komponente hinzugefügt haben. Der französische Soziologe Pierre Bourdieu (1930–2002), der unter anderem die unterschiedlichen Verhaltensweisen gesellschaftlicher Schichten erforschte, sah bestimmte Verhaltensmuster als ausschlaggebend dafür, ob jemand als charismatisch empfunden wird. Zu diesen Verhaltensmustern, die man auch als Habitus bezeichnet, gehört zum Beispiel der Sinn für Ästhetisches oder ein bestimmter Geschmack bei der Auswahl äußerer Zeichen wie Kleidung, Schmuck, Accessoires, von Gegenständen, mit denen man sich umgibt, oder Dingen, mit denen man sich beschäftigt. Charisma ist für Bourdieu und für andere Forscher, die auf seiner Arbeit aufbauen, nicht eine Gabe, die einer Person als göttliches Geschenk anhaftet, sondern soziales und symbolisches Kapital, das einer Person einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um gesellschaftliche Positionen sichert. Es handelt sich bei Charisma somit um eine sozial-kulturell konstruierte Zuschreibung.
Viele Analysen von persönlichem Charisma stimmen darin überein, dass Charisma eine Mischung aus persönlichen Gaben ist, seien dies natürliche Gaben wie Attraktivität und Stimmqualität oder soziale Gaben wie eine besondere Abstammung. Viele Autoren folgen dabei dem Ansatz von Pierre Bourdieu, der Charisma als soziale Konstruktion sieht. Charisma ist demnach ein Zusammenspiel erlernter, trainierter, über einen längeren Zeitraum angeeigneter Mittel zur Durchsetzung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Tragen kommen können, wenn die Person zudem eine Vision und die Fähigkeit zur Motivation mitbringt und die äußeren Umstände günstig sind. Gesellschaftliche Umbrüche werden ebenso wie die soziale Herkunft als Chance für charismatische Personen genannt. Als Merkmale tauchen immer wieder Redefähigkeit, Motivations- und Begeisterungsfähigkeit, visionäres, aber auch analytisches Denken, soziale Kompetenz, Optimismus und herausstechende Körpereigenschaften auf. Ein bestimmtes Umfeld von Mentoren und die Einbettung in Netzwerke kann die Entwicklung einer charismatischen Persönlichkeit fördern.
Charisma als Merkmal von Leadership
Seit den 1970er-jahren befasst sich auch die Wirtschaftspsychologie mit Charisma beziehungsweise dem Modell der charismatischen Führung. Diese Ansätze haben eines gemeinsam: Sie beziehen sich auf das Vorhandensein einer Vision als Element von Charisma. Einer der renommiertesten Charismaforscher, Jay A. Conger, hat in seinem Buch The Charismatic Leader die wesentlichen Anforderungen an Führungspersönlichkeiten so benannt: eine Vision vermitteln, die inspiriert; den Eindruck von Glaubwürdigkeit sowie Sachverstand aufbauen; andere ermuntern, den Traum zu verwirklichen; außerordentliches Engagement bei Gefolgsleuten hervorrufen. Um diesen Zweck zu erreichen, braucht es, so Conger, keine langatmigen Strategiepapiere, sondern knackige Parolen: „People need something simple.“
Der Nimbus
Ein Mensch, der von seiner Mission beseelt ist, in Kombination mit der ständigen Wiederholung einer Idee, vorgetragen mit Macht und Überzeugung, erhält eine unwiderstehliche Kraft, die wir als Nimbus bezeichnen. Menschen mit persönlichem Nimbus haben eine sehr starke Ausstrahlung, gegen die sich kaum jemand wehren kann. Geht der Nimbus mit einer Position, mit der Würde und dem Ansehen einher, spricht man vom erworbenen Nimbus. Faszinierender ist allerdings der persönliche Nimbus. Einem Menschen mit einem solchen Nimbus gelingt es, jegliche Kritikfähigkeit im Gegenüber auszuschalten, er lässt uns ehrfürchtig und erstaunt zurück. Dies ist jedoch nur möglich bei einem Menschen, der ein großes Ziel verfolgt und selbst felsenfest davon überzeugt ist. Einer der Ersten, der dies erkannt hat, war Gustave Le Bon in seinem Klassiker Psychologie der Massen. Er war sicher, dass die Bedeutung charismatischer Staatsmänner immer wichtiger wird und dass diese lernen müssen, die Menschen zu führen. Dies hielt er immerhin bereits 1895 in seinem Werk als Hilfe für zukünftige Machthaber fest. Wie das Charisma setzt sich der Nimbus aus unterschiedlichen Faktoren zusammen, gekoppelt ist er allerdings an den Erfolg. Bleiben die Erfolge aus, verblasst auch irgendwann der Nimbus einer Persönlichkeit.
»Als Merkmale tauchen immer wieder Redefähigkeit, Motivations- und Begeisterungsfähigkeit, visionäres, aber auch analytisches Denken, soziale Kompetenz, Optimismus und herausstechende Körpereigenschaften auf.«