Leader glauben nicht an diese »Bullshit Rule« Julien Backhaus
JULIEN BACKHAUS HAT EIN BUCH ÜBER 50 DUMME LEBENSUND KARRIEREREGELN GESCHRIEBEN, DIE MAN BRECHEN MUSS, UM ERFOLG ZU HABEN.
Vielleicht haben Sie sich schon mal gefragt, warum es Menschen gibt, denen scheinbar alles gelingt. Sie sind erfolgreich, glücklich und verdienen einen Haufen Geld. Was machen diese Leute anders? Die Antwort lautet: Sie halten sich nicht an die Regeln.
Denn die größten Fortschritte hat die Welt dann gesehen, wenn jemand die Regeln oder sogar Gesetze brach. Erst als Elon Musk unbeirrt seine revolutionären elektrischen Autos baute, begann eine ganze Industrie,
sich zu wandeln. Was jahrzehntelang als »nicht umsetzbar« galt, war plötzlich salonfähig. Zudem baut er die meisten seiner Fabriken ohne Baugenehmigung. Und es gibt eine Regel, die er besonders gerne bricht:
Mache keinen Fehler zweimal
Der österreichische Schriftsteller Ernst Ferstl hat einen bedenklichen Aphorismus geprägt, der fleißig im Netz verbreitet wird: »Angesichts der Tatsache, dass die Menschheit nicht fähig ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, dürfen wir uns in Zukunft keine Fehler mehr leisten.« Ohne einen Kontext führen solche Zitate zu der Überzeugung, dass Fehler zu vermeiden sind. Und einen Fehler wiederholt zu begehen, grenze an eine Todsünde.
Das Gegenteil ist natürlich der Fall, auch wenn es wehtut. Niemand begeht gerne einen Fehler. Und wenn wir ihn zweimal machen, möchten wir am liebsten im Boden versinken. Aber warum eigentlich? Weil wir von Natur aus eine Fehleraversion haben? Auch das ist ein Trugschluss. Denn nur durch wiederholte Fehler lernen Babies, wie der eigene Körper und der Rest der Welt funktionieren.
Würde man ein Baby beim Laufenlernen bestrafen, sobald es das zweite Mal hinfällt, würde unsere Spezies wohl kaum aufrecht laufen. Auch könnte niemand Fahrrad fahren oder schwimmen. Auch würden bis heute keine Flugzeuge fliegen und Computer gäbe es auch keine. Nicht mal elektri
sches Licht hätten wir, denn Thomas Edison musste nach eigener Aussage 10.000 Fehlschläge hinnehmen, bis die Birne endlich dauerhaft brannte. Auch Elon Musk ließ eine Rakete nach der anderen abstürzen beziehungsweise explodieren, bis er herausfand, wie man sie so baut, dass sie es nicht mehr tun. Leider müssen wir Fehler öfter machen, bevor wir etwas beherrschen. Aber warum schämen wir uns dann dafür? Eine Erklärung besagt, dass wir uns unterlegen fühlen, weil wir glauben, anderen gelinge mehr als uns. Damit einher geht die Angst, nicht zur Gruppe zu gehören. Außerdem werden wir ab einem bestimmten Alter konditioniert, weniger Fehler zu machen. Das Verhalten, das uns bis dahin so erfolgreich werden ließ, wird uns nunmehr abtrainiert. Wir bewundern allerdings Menschen wie Thomas Edison oder Elon Musk, die zwar reihenweise Fehler machten, dadurch aber große Erfinder wurden.
Natürlich gibt es auch einen Preis des Fortschritts. Manchmal sind Fehler nicht nur unangenehm, sondern sogar fatal. Menschen können zu Schaden kommen, wenn der Autopilot im Flugzeug falsch programmiert ist. Flugreisen sind heute deshalb so sicher, weil sich in der Vergangenheit so viele Menschen trauten, Fehler zu machen. Aus diesen Katastrophen haben wir gelernt. Aber ohne diese wiederholten Fehler wären wir nie voran gekommen. So »teuer« sie auch waren.
Akzeptieren Sie, dass Fehler – auch wiederholt – zum Fortkommen zwingend nötig sind. Sie müssen Ihre Fehler nicht feiern, aber sich mit ihnen anfreunden. Blenden Sie die Reaktion anderer aus. Die Masse der Menschen tritt auf der Stelle, weil ihr der Mut fehlt. Lernen Sie, aus dieser Masse herauszutreten. Lassen Sie sich auf Fehler ein, wenn Sie mehr Erfolg anstreben. Am Erfolg hängt stets ein Preisschild.
Leider müssen wir Fehler öfter machen, bevor wir etwas beherrschen.