Money bei Malaise
Die klaffende Finanzlücke zum Nettoverdienst schließt bei Krankheit eine KrankentagegeldVersicherung. Welche Tarife aktuell das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten
Ein wahres Wort! „Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“Diese Gleichung hat der als Misanthrop verschriene Erkenntnistheoretiker Arthur Schopenhauer vor über 150 Jahren aufgestellt. „Freisein von Krankheit“, so definiert die World Health Organization den Zustand des Gesundseins. Doch Kranksein gehört zum normalen Leben des Homo sapiens einfach dazu. Das unterstreichen Farideh Akashe-Böhme und Gernot Böhme in ihrem Buch „Mit Krankheit leben“. Die Soziologin und der Philosoph raten in ihrem Werk Lesern, Krankheit als „Form des Lebens“zu akzeptieren und auf Krankheit vorbereitet zu sein. Und das bedeutet: Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und ein mündiger Patient zu sein.
Auch der größte Workaholic wird während seines Berufslebens einmal – mehr oder minder – malade. Das körpereigene Immunsystem ist zwar genial und kann etliche Krankheitserreger ausschalten. Doch wird die infektiöse Dosis aus Viren und Bakterien zu groß, macht auch die stärkste Physis schlapp: Im vergangenen Jahr sind die krankheitsbedingten Fehlzeiten erneut gestiegen. So war beispielsweise jede bei der Techniker Krankenkasse (TK) versicherte Erwerbsperson im Jahr 2023 im Schnitt 19,4 Tage krankgeschrieben.
Warum? „Hauptgrund für die hohen Fehlzeiten sind wie im Vorjahr Krankschreibungen aufgrund von Erkältungskrankheiten wie grippalen Infekten, Bronchitis oder Grippe“, erklärt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. Diese Malaisen machten insgesamt gut ein Viertel der Fehltage aus.
Erkältungskrankheiten hielten 2023 Erwerbstätige mehr als fünf Tage vom Arbeiten ab. Auf Platz zwei der häufigsten Gründe für eine Krankschreibung rangierten laut TK-Daten psychische Erkrankungen mit durchschnittlich 3,6 Tagen je
Erwerbsperson. Dazu zählten auch Depressionen und Angststörungen. Nach Einschätzung von Professor Volker Nürnberg, Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement, sind für die Zunahme seelischer Leiden heutzutage auch veränderte Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt verantwortlich.
Auf Platz drei der Hitliste für Krankschreibungen folgten schließlich nach Angaben der TK sogenannte Muskel-SkelettErkrankungen wie Rückenschmerzen mit 2,8 Fehltagen.
Die Anzahl der Fehltage variiert allerdings von Berufsgruppe zu Berufsgruppe. So waren 2023 die Krankenstände bei Informatikberufen und in der Kommunikationstechnologie am niedrigsten und lagen mit 3,7 Prozent signifikant unter dem Durchschnitt. Diese Bilanz zieht eine aktuelle Auswertung der DAK Gesundheit. In der Altenpflege und in der Kinderbetreuung, etwa in Kitas, waren die Krankenstände hingegen mit 7,4 respektive sieben Prozent weit überdurchschnittlich hoch, bilanziert die DAK-Untersuchung.
Airbag Krankengeld. Bei abhängig Beschäftigten zahlt der Arbeitgeber im Fall von Krankheit sechs Wochen das volle Gehalt weiter. Gesetzlich Krankenversicherte erhalten danach von ihrer Kasse das sogenannte Krankengeld: Es beträgt 70 Prozent des letzten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, maximal allerdings 90 Prozent des Nettogehalts. Kalendertäglich rangiert das Krankengeld heuer bei maximal 120,75 Euro, summa summarum höchstens 3622,50 Euro pro Monat. Davon gehen noch die Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Pflege- und Arbeitslo
senversicherung ab. Macht unterm Strich schließlich exakt 3152,10 Euro. Gut zu wissen: Beiträge zur Krankenversicherung entfallen – gottlob – für Bezieher von Krankengeld.
Schaut auf den ersten Blick gut aus! „Der Höchstbetrag an Krankengeld deckt jedoch leider nicht die Unkosten jener Erwerbstätigen in der Bevölkerung mit sehr hohen Nettoeeinkünften ab“, mahnt Sebastian Ewy, Versicherungsfachmann beim Deutschen Finanz-Service Institut (DFSI) in Köln.
Wer beispielsweise im Schnitt normalerweise Monat für Monat über Nettoeinkünfte von weit über 5000 Euro verfügt, kommt mit maximal 3152,10 Euro Krankengeld als gesetzlich Krankenversicherter nur schlecht über die Runden.
Eine Lösung, um die finanzielle Lücke zum aktuellen Nettoverdienst zu schließen, ist eine private Krankentagegeld-Versicherung. „Sie ist vor allem sinnvoll für abhängig Beschäftigte mit höheren Einkünften“, sagt Branchenkenner Ewy.
Auch für gesetzlich krankenversicherte Selbstständige, die bei ihrer Krankenkasse kein Krankengeld abgeschlossen haben, ist eine private Krankentagegeld-Police äußerst sinnvoll, um die Einkünfte bei längerer Malaise abzusichern.
Anders sieht die Sache bei Beamten aus. Die Staatsdiener benötigen kein privates Tagegeld, da der Dienstherr ihre Bezüge auch im Krankheitsfall ohne eine Frist weiter bezahlt. Kann, muss aber nicht. Und wie steht es mit der Gruppe der privat Krankenversicherten? Diese schließen in aller Regel gleich mit der Krankenpolice bei derselben Assekuranz ein Krankentagegeld ab. „Was allerdings nicht zwingend ist“, betont Experte Ewy. Wer will, kann die Krankentagegeld-Police auch bei einer anderen Versicherung abschließen, zumal wenn dort der Tarif günstiger ist.
Egal ob selbstständig, gesetzlich oder privat krankenversichert: Welche Krankentagegeld-Policen aktuell ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, das haben die Fachleute des DFSI für FOCUS MONEY in einer umfangreichen Untersuchung (s. Methodik S. 71) haarklein ermittelt.
Gut zu wissen: Die Bemessung des Krankentagegeld-Satzes hängt stets von den individuellen monatlichen Lebenshaltungskosten ab. Selbstständige sollten dabei neben den privaten auch die laufenden betrieblichen Ausgaben ins Kalkül ziehen. „Wer reichlich Geld auf der hohen Kante hat, muss jedoch nicht unbedingt sein komplettes Nettoeinkommen absichern“, gibt Insider Ewy zu bedenken. Was die Prämie für das Krankentagegeld merklich verbilligt, da der zu versichernde Tagessatz in diesem Fall schrumpft.
Bereichern ist nicht. Das private Krankentagegeld ist zwar steuer- und abgabenfrei. Es darf jedoch im Sinne des Bereicherungsverbots zusammen mit dem Krankengeld und anderen Lohnersatzleistungen den vorherigen Nettoverdienst nicht überschreiten. Darum haben die Assekuranzen auch meist Obergrenzen eingezogen. Einige Versicherer etwa haben bei Selbstständigen als Limit das Einkommen nach Abzug von Steuern und Betriebskosten fixiert. „Wer als Selbstständiger einen Vertrag unterzeichnet, sollte daher darauf achten, dass der Tarif als maximale Versicherungssumme wenigstens 80 Prozent des Gewinns vor Steuern beim Kran
kentagegeld zugrunde legt“, rät Branchenkenner Ewy. Auch die aktuelle Profession kann bei der maximalen Bemessung des Krankentagegelds eine Rolle spielen. So werden Ärzten von den Assekuranzen zumeist recht hohe Tagessätze zugesprochen, während Existenzgründer in den ersten zwei Jahren mitunter nur niedrige Sätze zugebilligt werden.
Mit Altersrückstellung. Im Test waren nur zwei empfehlenswerte Krankentagegeld-Tarife mit Altersrückstellung kalkuliert. Für den Verbraucher sind diese Tarife von Vorteil.
Denn einen Teil der Prämie sparen hier Assekuranzen für den Versicherten an, um damit die höheren Kosten im Alter abzufedern. Ohne Altersrückstellung kalkulierte Krankentagegeld-Tarife hingegen werden für Versicherte mit zunehmendem Alter im Hinblick auf die Prämien immer teurer.
Nicht zu vergessen: Je älter der Kunde bei Abschluss des Vertrags ist und je schlechter sein gesundheitlicher Zustand sich darstellt, desto teurer wird die Prämie für das Krankentagegeld. „Darum sollte man sich schon in jungen Jahren um einen guten Tarif kümmern“, rät DSFI-Insider Ewy.