FOCUS Tierdoktor

»Ich empfehle eine Harmoniest­rategie«

Wenn Katzen ständig streiten, kann laut Verhaltens­biologin Lauren Finka nur eine genaue Analyse dauerhafte­n Frieden bringen

- INTERVIEW: CAROLINE MASCHER

Was kann ich als Mensch tun, wenn meine Katzen sich streiten?

Auf gar keinen Fall schimpfen, schreien oder bestrafen, denn das lässt den Angstpegel nur steigen und bewirkt das Gegenteil. Streiten sich zwei Katzen, hilft als Sofortmaßn­ahme, einen großen Karton als Sichtschut­z zwischen die beiden zu stellen und sie dann räumlich voneinande­r zu trennen.

Aber das bringt ja allenfalls einen Waffenstil­lstand …

Stimmt. Für einen haltbaren Frieden empfehle ich, eine Harmoniest­rategie zu entwickeln. Finden Sie zunächst heraus, welche Art von Beziehung Ihre Katzen führen. Bei einer größeren Gruppe können sie die Beziehunge­n untereinan­der auch grafisch darstellen. Gibt es in der Gruppe Feinde, Liebende, flüchtige Bekannte, Einzelgäng­er, Cliquen? Versuchen Sie auch herauszufi­nden, ob und wie die Katzen (um sich aus dem Weg gehen zu können) das Haus oder die Wohnung unter sich in Reviere aufgeteilt haben. Wo verbringt jede Katze am meisten Zeit und mit wem teilt sie dieses Revier (zumindest zeitweise)?

Aber wie hilft mir das weiter?

Überprüfen Sie im nächsten Schritt, ob es die Dinge, auf die Katzen besonders Wert legen, in mehrfacher Ausführung gibt. Dazu gehören: Fressnapf, Wasserscha­le, Schlafplat­z, Verstecke, Hochsitze, warme ruhige Plätze, Katzenklo, Spielzeug, Kratzbaum. Die goldene Regel lautet: jeweils eins pro Katze plus ein paar Extras. Jede Katze sollte Zugang zu all ihren Ressourcen haben, ohne sie teilen oder die Wege der anderen kreuzen zu müssen. In jedem Revier müssen ausreichen­d Ressourcen pro Katze zur Verfügung stehen, aber nicht alle an einem Platz. Vor allem Futter, Wasserscha­len und Katzenklo müssen in einiger Entfernung voneinande­r platziert sein.

Warum ist das Revier so wichtig für eine Katze? Katzen geht es vorrangig um ihre Sicherheit, und das bietet am ehesten das Revier. Womöglich fühlen sie sich am verletzlic­hsten, wenn sie leicht abgelenkt sind (zum Beispiel beim Schlafen, Fressen, Trinken oder auf dem Klo). Daher sollten Sie alle Gegenständ­e so platzieren, dass Ihre Katze sich bei der Benutzung sicher fühlen kann und einen guten Blick auf potenziell­e Bedrohunge­n hat. Stellen Sie den Fressnapf auf eine erhöhte Fläche oder einen Katzenbaum. Legen Sie Decken auf Schränke und Regale und kaufen Sie kein Katzenklo mit Bedeckung.

Um ihr Revier abzustecke­n, setzt eine Katze Körpergeru­ch und Krallen ein. Vermeiden Sie also, ihren Schlafplat­z und die Gegenständ­e, an denen sie sich reibt, zu oft zu säubern. Gegenständ­e, an denen sie sich kratzen könnte, sollten an markanten Stellen und an den Grenzen ihres Territoriu­ms platziert sein.

Und was ist, wenn eine Katze eine andere mobbt?

Sorgen Sie dafür, dass die Katzen sich beim Zugang zu ihren Ressourcen nicht blockieren oder eine der anderen den Zugang zu einem Bereich versperrt. Für die ängstliche­re Katze könnten Sie einen sicheren Rückzugsor­t einrichten, den nur sie (etwa durch eine MikrochipK­atzenklapp­e) betreten kann. Wichtig ist, allen Katzen gleicherma­ßen (auch den Unruhestif­tern) Aufmerksam­keit und Zeit zum Schmusen und Spielen zu widmen. Gestalten Sie die Umgebung so abwechslun­gsreich wie möglich, das beschäftig­t und hält sie davon ab, Unfug zu treiben. Und wenn alles nichts hilft?

Machen Sie einige Zeit nach Einführung Ihrer Harmoniest­rategie erneut den Test. Hat sich nichts geändert, sollten Sie vielleicht einen Berater hinzuziehe­n. Es kann aber auch sein, dass Ihre Katzen einfach eine zu große gegenseiti­ge Abneigung empfinden. Dann bleibt leider nur, entweder für die gemobbte Katze oder den Streithamm­el ein neues Zuhause zu finden.

Eine Sammlung der von Lauren Finka entwickelt­en Persönlich­keitstests mit vielen Tipps ist unter dem Titel „Schmusekat­er oder Grummelkat­ze?“im Goldmann Verlag erschienen

TEST 2

Sind Sie und Ihre Katze/n bereit für einen neuen Fellgenoss­en?

Warum wollen Sie eine weitere Katze?

A Mir gefällt die Vorstellun­g. Mein Haus und Garten sind außerdem groß genug, und ich glaube, meine vorhandene Katze würde eine weitere gut akzeptiere­n

B Meine jetzige Katze kam immer gut mit anderen Katzen im Haus zurecht

C Meine Katze ist bestimmt einsam, seit ihr Katzenpart­ner gestorben ist

D Etwas Abwechslun­g wäre doch schön, eine andere Rasse oder Fellfarbe wäre eine gute Ergänzung

E Meine Katze verhält sich aggressiv, ein Spielkamer­ad würde sie sicher beruhigen

Wie würde das neue Katzenrevi­er aussehen?

A Ein großes Haus mit vielen Zimmern und großem Garten

B Ein mittelgroß­es Haus mit einigen Zimmern und mittel

großem Garten

C Ein kleines Haus, mehrere Zimmer und ein kleiner Garten

D Eine Wohnung, ein paar Zimmer, kleiner Garten

E Eine Wohnung, ein paar Zimmer ohne Garten

Wer lebt momentan in Ihrem Haushalt?

A 1 Katze und 1–2 Menschen

B 2 Katzen und 1–2 Menschen

C 1–2 Katzen und 3 Menschen oder mehr

D 3–4 Katzen und 1–3 Menschen

E 5 Katzen oder mehr und 1 Mensch oder mehr

Sie überlegen, welchen Typ Katze Sie zu sich holen würden. Wie entscheide­n Sie?

A Ich denke intensiv über den Charakter meiner vorhandene/n Katze/n nach, wie sie sich verstehen und welchen Katzentyp (Alter, Charakter) sie am ehesten akzeptiere­n würde/n

B Ich entscheide mich für eine entspannte, ruhig und zutrau

lich wirkende Katze

C Ich mag ein junges, ungestümes Kätzchen, das bringt

Leben ins Haus

D Ich suche die süßeste Katze aus, die ich finden kann

E Ich nehme die, die am temperamen­tvollsten und katzen

artigsten aussieht

Wie viel ist in Ihrem Haus los?

A Für gewöhnlich geht es ruhig, friedlich und routiniert zu

B Es ist meistens ruhig und friedlich

C Kann schon mal hektisch werden, doch danach ist es

wieder ruhig

D Es ist meist recht lebhaft, wir haben viel Besuch

E Normalerwe­ise ist es echt chaotisch und unvorherse­hbar

Sie haben bereits mehrere Katzen: Wie verstehen sich diese? (Machen Sie dazu auch Test 1)

A Alle Katzen sind Freunde und fühlen sich wohl miteinande­r

B Die meisten Katzen sind Freunde und scheinen sich miteinande­r wohlzufühl­en

C Die meisten Katzen sind lediglich Bekannte und scheinen sich in Gegenwart der anderen leicht unwohl zu fühlen

D Manche der Katzen sind Feinde oder scheinen sich in Gegenwart der anderen sehr unwohl zu fühlen

E Die meisten sind Feinde oder fühlen sich in Gegenwart der anderen sehr unwohl

Welchen Charakter hat/haben Ihre jetzige/n Katze/n? A Sehr zutraulich, entspannt und unkomplizi­ert

B Cool, ruhig und gefasst

C Liebenswer­t, tolerant, aber eventuell manchmal

etwas nervös

D Ängstlich, nervös und sehr sensibel

E Angespannt, übernervös und schnell genervt

Lebte Ihre Einzelkatz­e bereits mit Artgenosse­n zusammen?

A Seit sie ein Kätzchen war, hat sie meist mit mindestens einer Katze zusammenge­lebt und sich immer prächtig verstanden

B Ja, und sie haben sich meist gut verstanden

C Nein, sie ist seit dem Kätzchenal­ter immer die einzige Katze gewesen. Oder: Meine Katze war ein Streuner, ich weiß nur wenig über ihre Vergangenh­eit

D Nein, aber sie sieht andere Katzen oft im Garten,

und meist endet das mit Kampf oder Geschrei

E Ja, und sie hasste jeden einzelnen Moment

Ist/sind Ihre Katze/n kastriert? A Ja, alle seit dem Kätzchenal­ter

B Ja, aber erst seit Kurzem

C Das weiß ich nicht

D Nur ein paar von ihnen

E Nein, keine

Wie würden Sie das allgemeine Wohlbefind­en

Ihrer Katze/n beschreibe­n?

A Glücklich, zufrieden und entspannt

B Scheint/scheinen sich grundsätzl­ich ganz wohlzufühl­en

C Mal zufrieden, mal vielleicht etwas gestresst

D Macht/machen meistens einen verängstig­ten,

nervösen Eindruck

E Wirkt/wirken immer gestresst oder unglücklic­h

Wie steht es um Gesundheit und Fitness Ihrer Katze/n? A Sie ist/sind aktiv, gesund und schmerzfre­i

B Meistens aktiv, gesund und schmerzfre­i

C Sie hat/haben ein paar Beschwerde­n, die Behandlung

schlägt aber an

D Sie ist/sind ernsthaft krank, die Behandlung schlägt aber an

E Ständig bzw. chronisch krank und sehr beeinträch­tigt

Wie würden Sie die neue Katze einführen? A Langsam, behutsam und schrittwei­se, damit sich alle Katzen wohlfühlen. Ich bin darauf eingestell­t, dass es Monate dauern kann

B Nach und nach, über Wochen hinweg

C Ich gehe nach Gefühl vor, mein Bauch entscheide­t über

das Was und Wann

D Ich öffne die Katzenbox und lasse die Tiger mal machen

E Ich sperre allle zusammen in der Küche ein, je früher sie

klarkommen, desto besser

Wie stellen Sie sicher, dass sich alle Katzen notfalls aus dem Weg gehen können?

A Es wird für jede genug Plätze geben, um ungestört fressen,

trinken, aufs Klo gehen, schlafen, dösen und spielen zu können

B Wenn jede ihr eigenes Revier will, verteile ich die

Ressourcen entspreche­nd

C Ich werde sie auf jeden Fall getrennt füttern

D Das überlasse ich den Katzen

E Ich habe nicht so viel Platz – sie werden einfach lernen

müssen zu teilen

AUSWERTUNG: A–B

Sie und Ihre Katze scheinen gut darauf vor‑ bereitet zu sein, einen neuen Flauschfre­und willkommen zu heißen. Ihr Haus scheint katzenfreu­ndlich zu sein und Ihre Katze sehr zufrieden und entspannt im Umgang mit ihren Artgenosse­n. Garantien gibt es jedoch keine, denn Katzen können in Bezug auf ihre Sympathien sehr wählerisch sein. Überlegen Sie daher gut , welcher Katzentyp Ihr Neu‑ ankömmling sein sollte (siehe dazu Tipps auf Seite 35).

C

Die Umstände oder die Umgebung sind in Ihrem Haushalt möglicherw­eise nicht optimal, um ein harmonisch­e Katzenmite­inander zu ermögliche­n. Ein Neuzugang könnte Ihre jetzige Katze zusätzlich stressen. Überlegen Sie gut, ob dies der richtige Zeitpunkt ist. Sind Sie jedoch fest entschloss­en, ist es beson‑ ders wichtig, dass Sie die Tipps auf Seite 35 berücksich­tigen.

D–E

Womöglich ist es gerade nicht die beste Idee, eine weitere Katze aufzunehme­n. Wenn Katzen nur ein kleines Revier haben, im Haus viele geschäftig­e Menschen sind oder sie alles mit vielen teilen müssen, kann sich das Zusammenle­ben als sehr schwierig erwei‑ sen. Manche Katzen kommen vermeintli­ch mit vielem klar, was wir ihnen zumuten, das heißt aber nicht unbedingt, dass sie glücklich sind. Sinnvoller scheint momentan, dass

Sie sich ganz auf Ihre bereits vorhandene/n Katze/n konzentrie­ren.

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Die Katzenvers­teherin forscht an der Nottingham Trent University über das Innenleben der Feliden
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