Kurschatten erwünscht
Weil Haustiere der Seele guttun, dürfen Reha-Patienten sie in die Celenus Klinik Schömberg mitbringen. Wie der Therapiealltag mit Anhang gelingt, und was von den Menschen und ihren Vierbeinern erwartet wird
Eine Decke, eine Rolle Kotbeutel und Leckerli – das Willkommenspaket, das manche Patienten in der Celenus Klinik Schömberg er‑ wartet, ist ungewöhnlich für den Start einer psychosomati‑ schen Reha. Doch viele Gäste, die hierherkommen, haben nicht nur Rückenschmerzen, Burnout, Tinnitus oder Angst‑ störungen, sondern auch einen Hund oder eine Katze.
Ein Tier zu streicheln reduziert Stress
Das Haus in Schömberg zwi‑ schen Stuttgart und Karls‑ ruhe war eines der ersten in Deutschland, das seine Türen für Vierbeiner öffnete. In der
Fachklinik für Psychosomati‑ sche Medizin und Psychothe‑ rapie gehören Katzen und vor allem Hunde seit nahezu zehn Jahren zum Alltag. „Patienten fragten oft, ob sie ihren Hund mitbringen könnten, weil sie niemanden hätten, der auf ihn aufpasst“, erzählt Klinikdirek‑ tor Dominik Cartus. „Bevor sie auf ihre Reha verzichteten, wollten wir das ermöglichen.“
Aus anfangs fünf Hunde‑ zimmern wurde ein ganzes Haus mit 48 Räumen, die stän‑ dig belegt sind. Drei bis vier Monate beträgt die Wartezeit auf so ein Zimmer. Längst geht es dem Klinikteam aber um mehr als nur die Versorgung der Haustiere während der Reha. Denn auch die Kranken profitieren von der tierischen Gesellschaft: Haustiere, das ist belegt, senken bei ihren Besit‑ zern das Risiko für Herz‑Kreis‑ lauf‑Erkrankungen und verbes‑ sern die mentale Gesundheit. Sie zu streicheln, so eine US‑ Studie, reduziert Stress. Und australische Wissenschaftlerin‑ nen bewiesen, dass Haustiere sozialen Halt bieten.
Das kann Klinikdirektor Cartus bestätigen: „Viele un‑ serer Patienten sind im Alltag einsam und kommen sehr an‑ gespannt hier an. Die Anwesen‑ heit ihres Hundes oder ihrer Katze gibt ihnen Sicherheit, und über ihre Tiere kommen die Patienten schnell ins Ge‑ spräch. Ein Hund hält seinem Besitzer eben die Treue, auch in einer schwierigen Situation wie der Reha.“
Die Celenus Klinik Schöm‑ berg ist von Wald umgeben, der zum Gassigehen einlädt, zu‑ dem gibt es eine eingezäunte Freilauffläche mit Agility‑Ge‑ räten. Aber: Die Therapie der Menschen geht vor. „Das Hun‑ dehaus ist vom restlichen Kli‑ nikkomplex getrennt, sodass
andere Patienten durch die Tiere nicht gestört werden“, erklärt Klinikleiter Cartus, selbst Hundebesitzer.
Bei den Mahlzeiten sind Tiere nicht erlaubt. „Daher müssen sie in der Lage sein, drei bis vier Stunden im Zimmer allein zu bleiben“, sagt Cartus. Die vierbeinigen Gäste müssen zudem entwurmt sein, brauchen eine Tollwutimpfung und eine Haftpflichtversicherung. Zehn Treppenstufen sollten sie schaffen, damit sie mit ihren Besitzern ins Hundehaus einziehen können.
Wurmkur und Tollwutimpfung sind Pflicht
„Was die Größe angeht, haben wir keine Grenze“, so Cartus, Nur sogenannte Listenhunde nimmt die Klinik nicht auf. Auch läufige Hündinnen müssen zu Hause bleiben. Zwischenfälle gibt es kaum. „Nur einmal rangelten zwei Hunde, und ein Besitzer, der dazwischenging, bekam einen Biss ab. Mal ein kaputter Vorhang oder eine zerkratze Tür – damit können wir leben.“
Ein Highlight in der Schömberger Reha ist die Aktion „Wandern mit dem Chef“. Dominik Cartus schnappt sich dann seine Hündin Lotte, einen quirligen Malteser-Pudel-Mix, und los geht’s mit manchmal 30 Hunden und ebenso vielen Herrchen und Frauchen zu einem langen Spaziergang durch den Nordschwarzwald.