Was ist drin in meiner Creme?
Zu Besuch bei der NaturkosmetikProduktion Trockene Haut, dagegen hilft unserer Autorin eine Naturkosmetik-creme mit Ringelblume. Doch ist sie wirklich so natürlich? Was steckt sonst noch drin und wie entsteht der Pflege-klassiker? Wir wollten es genau wi
Zu Besuch bei der Naturkosmetik-produktion
Es ist Morgen im hessischen Staufenberg. Bei Landwirt Dieter Müller stehe ich vor einem großen Feld in leuchten‑ dem Orange. Gleich darf ich ein paar Ringelblumen ernten. Ich drehe die Calendulablüten vom Stängel, schnuppere ihren frischen Wiesenblumenduft. Ja, genau so riecht meine Creme! Ich bin eine von vielen Frauen, die sich für Naturkosmetik interessie‑ ren. Der Umsatz damit hat sich im vergangenen Jahrzehnt auf rund 1,26 Milliarden Euro verdoppelt. Parabene, Paraffine oder Silikone – immer mehr wollen solche Chemie nicht auf der Haut haben. Weleda ist eine der ältesten Naturkosmetik‑marken Deutschlands, 1921 vom Anthroposophen Rudolf Steiner gegründet. Weil ich neugierig bin, was in meiner Creme „Skin Food“drin ist und ob sie wirk‑ lich so natürlich ist, habe ich mich aufgemacht, um die Blumen‑ und Kräuterfelder des langjährigen Weleda‑partners Dieter Müller und die deutsche Weleda‑zentrale in Schwäbisch Gmünd zu besuchen.
Wie werden die Pflanzen angebaut?
Die Ringelblume ist fleißig. „Sie bildet permanent Blüten“, sagt Dieter Müller. Ein Calendulafeld wird mindestens sechsmal im Jahr abgeerntet, jährlich liefert Müller drei Tonnen Calendula. Er baut schon seit 1985 biologisch an, das bedeutet, er verzichtet auf chemischen Pflanzenschutz und Kunstdünger. Um Schädlinge oder Unkraut, das hier freundlich Beikraut genannt wird, loszuwer‑ den, ist man in der ökologischen Landwirtschaft kreativ. Beikraut wird etwa weggebürstet. Und im Weleda‑heilgarten bei Schwäbisch Gmünd, so erfahre ich später, ist ein Entenschwarm gegen Schne‑ cken aktiv. Müller pflanzt auf seinen Flächen ausgeklügelte Frucht‑ folgen, um die Böden gesund und fruchtbar zu erhalten: „Wo Sie die Ringelblumen sehen, war zwei Jahre lang Kleegras“, sagt er. An‑ schließend wird eine Zwischenfrucht gesät, dann folgt Weizen. Spä‑ testens eine Stunde nach der Ernte landen die Ringelblumen bei ihm auf dem Förderband: Bei 60 Grad werden sie einen Tag lang schonend getrocknet.
Wie wirkt Calendula?
Die Pflanze gilt als robust und sehr sonnenliebend, was ihre Heilkräfte, etwa Wunden zu verschließen, verstärken soll. Medizinische Ringel‑ blumen werden immer orange ge‑ züchtet, denn dann enthalten sie mehr vom sekundären Pflanzenstoff Caro‑ tinoid, der meine Haut vor freien Radikalen schützt. Im Weleda‑werk Schwäbisch Gmünd werden
die getrockneten Calendulablüten dann in Mandel- oder Sonnenblumenöl eingelegt, um den Auszug für meine Creme zu gewinnen. Später kommen unter anderem noch Bienenwachs, Wasser und Auszüge aus Kamillenblüten dazu, um nur einige Zutaten zu nennen.
Was bedeuten die Siegel auf der Tube?
Wenn ich im Supermarkt in die Regale schaue, leuchten mir gefühlt zig Siegel oder Label entgegen: In verschiedensten Designs steht „Bio“oder „vegan“auf vielen Tuben. Der Grund: Was sich Naturkosmetik nennen darf, ist nicht gesetzlich geregelt, auch der Begriff „Bio“ist hier, anders als bei Nahrungsmitteln, nicht geschützt, erklärt Weleda-naturkosmetik-expertin Ulrike Nann. Meine Creme „Skin Food“hat zwei Siegel. Das Frauen-profil mit dem Natrue-schriftzug und einen Bio-stempel. Produkte, die das Natrue-siegel tragen, das von Kosmetik-herstellern entwickelt wurde, müssen überwiegend aus Naturstoffen pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Herkunft bestehen. Stoffe, die mit chemischen Reaktionen aus der Natur gewonnen wurden, sind auf einen geringen Anteil beschränkt. Chemisch-synthetisches, wie Paraffine und Silikone, ist gar nicht erlaubt. Konservierungsmittel müssen auf der Packung angegeben sein, Tierversuche sind nicht gestattet.
Schließlich müssen mindestens 70 Prozent der Inhaltsstoffe ökologisch erzeugt sein oder aus Wildsammlung stammen. Das Bio-label, das die grüne „Skin Food“-tube trägt, wurde bei Weleda entwickelt, damit die Produkte im Kaufhausregal schneller als Naturkosmetik und „Bio“zu erkennen sind. Weil Weleda nach den Prinzipien von Rudolf Steiner produziert, werde auch immer das große Ganze im Blick behalten, sagt Nann. So ist die Marke, dem ganzheitlichen Anspruch Steiners folgend, auch in der Union for Ethical Biotrade (UEBT) zertifiziert. Eine Auszeichnung, die zu ethischem Wirtschaften, zur Erhaltung der Natur und auch zur fairen Entlohnung aller Mitarbeiter in der Lieferkette weltweit verpflichtet. Gut zu wissen, dass für meine Creme weder Menschen noch Natur ausgebeutet werden.
Wie haltbar ist so eine Bio-creme?
Das Symbol mit dem geöffneten Cremetiegel plus Monatsangabe, das auf den meisten Kosmetika zu sehen ist, tragen Weleda-verpackungen nicht. „Wir haben keine Produkte, die länger als 30 Monate haltbar sind“, sagt Expertin Nann. Deshalb steht ein Haltbarkeitsdatum auf den Tuben. Mir ist das auch viel lieber. Wie oft kann ich mich nicht erinnern, wann ich etwa ein Duschgel gekauft habe. Geöffnet sind die Produkte noch drei bis sechs Monate gut. „Man sollte vor allem die Verschlüsse sauber halten“, so Nann. Wer feststellen will, ob eine Creme noch okay ist, kann sich auf seine Nase verlassen: Duftet sie noch nach frischem Ringelblumenfeld? Dann ist alles gut.