Warm verpackt! Aber bitte in fairen Daunen … oder federlosen Alternativen
Sich an einem kalten Tag in eine warme Daunenjacke kuscheln, herrlich! Aber immer mehr Menschen wollen wissen, woher die Federn kommen und ob Tiere dafür leiden mussten. In unserem Guide erfahren Sie, woran man faire Federn erkennt und welche Daunen-alternativen es gibt
Zum Start eine Sendung-mit-der-mausFrage: Wie kommen die Daunen in unsere Jacken? Die Antwort: Die Flaumfedern stammen aus dem Unterkleid von Enten und Gänsen. Zur Herstellung einer Daunenjacke benötigt man die Daunenmenge von etwa 20 Tieren. Eigentlich dürften diese Federn „nur“ein Nebenprodukt der Mast sein und von bereits toten Tieren stammen. Vor einigen Jahren mussten allerdings verschiedene Outdoor-labels einräumen, dass die Daunen für ihre Jacken aus sogenanntem Lebendrupf kommen. Dabei werden sie den Tieren unter Schmerzen ausgerissen. Immer wieder, um den Profit zu steigern. Eine Praxis, die in der EU zwar seit 1999 verboten ist, laut Tierschutzorganisationen aber weiterhin durchgeführt wird. Unerträglich ist zudem die oft grausame Haltung der Tiere.
Faire Daunen: Woran erkenne ich sie?
Nur etwa 150 Tonnen Daunen werden jährlich in Deutschland produziert. Der Rest kommt aus dem Ausland – rund 10000 Tonnen pro Jahr. Die größten Importeure: China und Osteuropa, wo Lebendrupfen häufig zum Standard gehört. Doch immer mehr Modelabels haben verstanden, dass die Kunden kritischer werden, und versuchen, faire Daunen kenntlich zu machen. Die beiden wichtigsten, allgemeinen Zertifizierungen der Branche sind der „Global Traceable Down Standard“(TDS) und der „Responsible Down Standard“(RDS). Sie schließen Lebendruf und Stopfmast aus und wurden von Labels wie Patagonia und The North Face lanciert. Mit regelmäßigen und unangekündigten Kontrollen soll die Einhaltung, auch was artgerechte Haltung und Transport angeht, sichergestellt werden. An Bedeutung gewinnt zudem gerade der „Downpass“. Wurde das Siegel bislang nur an Bettwaren vergeben, lassen sich nun auch Modefirmen damit zertifizieren. Seine Richtlinien ähneln denen von TDS und RDS. Zusätzlich wird die Qualität der Daunen überprüft.
Die komplette Rückverfolgbarkeit und Transparenz der Lieferkette ist einigen Modefirmen inzwischen so wichtig, dass sie auch dafür eigene Siegel einführen. Beispiel sind der „Down Codex“von Mountain Equipment, der „Ethical Down Code“von Yeti und „Down Promise“(Fjällräven). Auch Tierschutzorganisationen nehmen Einfluss. So beobachtet die gemeinnützige Privatstiftung „Vier Pfoten“die Hersteller von Daunenmode im Rahmen der sogenannten „Down Challenge“(daunen.vier-pfoten.org): Dabei gilt es – symbolisch –, einen Gipfel zu erklimmen. Je weiter oben man ist, umso ernster wird das Thema Tierschutz von der jeweiligen Marke genommen. Insgesamt ist der Markt der fairen Daunen jedoch noch sehr unübersichtlich. Nicht immer ist auf den ersten Blick zu verstehen, ob eine Jacke zertifiziert ist. Während ein Siegel bei Bettwaren z.b. eingenäht sein muss, besteht bei Mode noch keine Etikettierungspflicht. Im Zweifelsfall sollte man auf der Firmenhomepage nachlesen, ob ein Standard existiert.
Synthetische Füllungen: Halten die wirklich warm?
Die oft gepriesenen Vorteile von Daunen dürften bekannt sein: beste Wärmeleistung im Verhältnis zu Volumen und Gewicht, dazu sehr leicht, weich, anschmiegsam, atmungsaktiv, langlebig. Das klingt nach konkurrenzlos gut. Doch mittlerweile gibt es einige synthetische Materialien, die echte Alternativen sind: Spezielle Polyesterfüllungen etwa, die mittlerweile sogar oft aus recycelten Pet-flaschen hergestellt werden. Die Synthetik-vorteile: Eine hochwertige Polyesterfüllung ist in der Regel günstiger und wärmender als eine billige Daune unter 500 „cuin“. „Cuin“bezeichnet dabei die Fähigkeit der Daunen, sich nach einer Kompression wieder aufzubauschen. Je höher der Wert, desto besser ist die Wärmedämmung im Verhältnis zu Volumen und Gewicht. Da das seinen Preis hat, werden die preiswerten Synthetik-optionen wieder interessant. Und es gibt noch ein weiteres Argument, warum Füllungen aus Synthetik immer beliebter werden: Im Gegensatz zu Daunen wärmen sie auch noch, wenn sie nass werden, und verklumpen nicht. Apropos Feuchtigkeit: Um Nässe möglichst lange von Daunen fernzuhalten, werden sie in sehr dichte Stoffe eingenäht. Dabei verliert sich ihre atmungsaktive Funktion etwas, sodass Synthetikfüllungen im Vergleich häufig ebenso gut abschneiden. In Sachen Pflege hat Synthetik die Nase vorn: Während eine Daunenjacke nur solo in die Trommel darf, ein spezielles Waschmittel braucht und später noch Tennisbälle im Trockner (damit die Federn nicht verklumpen), können synthetische Füllungen in der Regel mit Feinwaschmittel gereinigt werden und sind im Nu trocken.
Aber ist Synthetik gleich Synthetik? Nicht ganz. Zwar setzt fast jeder der bekannten Hersteller auf ein anderes Patentrezept und einen eigenen Namen, aber die Verarbeitungsprozesse ähneln sich. Da gibt es zum Beispiel Thermore (u.a. von Marc O’polo), Thermolite (u.a. von Burton), Thinsulate (u.a. von Tatonka und Esprit), und Comfortemp Fiberball (u.a. von Pyua). Besondere Beachtung verdient das synthetische und sehr leichte Mikrofaser-wärmeisolationsmaterial Primaloft. Ursprünglich für die Us-armee hergestellt, werden dafür kleinste, imprägnierte Mikrofasern an vielen Kontaktpunkten verschweißt, sodass ein Netz mit unzähligen Luftkammern entsteht, das Wärme einschließt. Bei Comfortemp Fiberball besteht die Wattierung aus winzigen Faserbällchen, die ein Luftpolster bilden. Im Vergleich zu anderen Wattierungen soll die Isolationsleistung noch höher sein, die Jacke ist trotzdem ein Fliegengewicht. Steht neben dem Material zusätzlich „Eco“, sind mindestens 70 Prozent des Materials recycelt.
Pflanzliche Alternativen: Was gibt es da neu?
Da ist zuerst einmal Kapok. Die Pflanzen-daune, wie sie oft genannt wird. Kapokbäume wachsen in vielen tropischen Ländern. Die aus den Fruchtkapseln gewonnene Faser ist weich, voluminös, feuchtigkeitsund wärmeregulierend und obendrein noch allergikergeeignet. Als Füllung für Bettdecken, Polster und Matratzen wird sie immer beliebter und mittlerweile kommt sie in Verbindung mit Baumwollfasern (ein neues Spinnverfahren macht’s möglich) auch im Outdoor-bereich zum Einsatz. Ähnlich wie die tierischen Federn schließen die Hohlfasern viel Luft ein und bilden ein wärmeisolierendes und atmungsaktives Polster. Zudem ist die Kapok-faser mit einer wasserabweisenden Wachsschicht überzogen. Damit die kurzen, leichten Kapseln nicht brechen, mischen manche Labels (u.a. Thokkthokk und Derbe) der Füllung oft zur Stabilisierung recyceltes Polyester bei.
Als wärmespeichernd und feuchtigkeitsregulierend gilt auch Hanf. Wegen seines relativ großen Eigengewichts wird es gern mit anderen Materialien wie Webpelz und recyceltem Polyester kombiniert.
Und schließlich ist da noch die gute alte Schurwolle. Atmungsaktiv, isolierend und angereichert mit stützenden Fasern aus mais- oder mineralienbasiertem Kunststoff oder Viskose. Tierisch, aber fair – solange sie Siegel wie „Swisswool“oder „Tirolwool“trägt (Marken wie Ortovox und Salewa setzen darauf) oder speziell auf artgerechte Haltung geachtet wird (wie u. a. bei Hessnatur).