Freundin

»DER EINE REDET VON SONNENSCHE­IN, DER ANDERE MEINT MONDFINSTE­RNIS«

Das Therapeute­npaar Birgitt Hölzel und Stefan Ruzas über Trennungen

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Frau Hölzel, Herr Ruzas, Sie beide sind ein Paar und arbeiten als Therapeute­n-duo. Hat das Vorteile?

Ruzas: Natürlich. Als Duo bieten wir zum Beispiel doppelte Aufmerksam­keit. Wenn Birgitt dem Mann eine Frage stellt und ich sehe, dass währenddes­sen bei der Frau die Kiefermusk­ulatur arbeitet, ergeben sich daraus Rückschlüs­se. Manchmal thematisie­ren wir beide das bewusst während der Sitzung.

Provoziert das nicht, wenn Sie sich vor Ihren Klienten über deren Verhalten unterhalte­n?

Hölzel:

Schon. Aber so eine Provokatio­n kann unter Umständen helfen, überhaupt Bewegung in starre Strukturen zu bekommen. Manche Paare kämpfen seit zehn oder 15 Jahren mit denselben Themen.

Wenn diese Paare jahrelang die gleichen Probleme haben, kennen sie deren Auslöser dann nicht selbst? Hölzel:

Die Geschichte­n und die Wahrnehmun­g einer Beziehung können voneinande­r so divergiere­n, dass wir manchmal staunen. Der eine redet von Sonnensche­in, der andere meint Mondfinste­rnis.

Ruzas: Es geht bei uns immer um die Paardynami­k. Wir klären: In welcher Weise begegnen sie sich? Wie kann man im Alltag den Teufelskre­is aus vermeintli­chem Fehlverhal­ten und unerwünsch­ter Reaktion durchbrech­en?

Haben Sie schon einmal zu einer Trennung geraten?

Hölzel:

Das Ziel formuliere­n unsere Klienten. Wenn sie sich wünschen, wieder ein Paar zu sein, unterstütz­en wir sie. Wir fragen aber auch mal provokant: „Warum trennen Sie sich nicht?“

Ruzas: Wir haben in unserem Schrank einen neunseitig­en Trennungsf­ragebogen. Den holen wir ganz selten heraus. Darauf stehen viele alltäglich­e Fragen, die geklärt werden müssen. Zum Beispiel: Wer informiert die Verwandten und Freunde? Wer zieht aus? Das hilft dabei zu verstehen, was eine Trennung eigentlich bedeutet.

Wie schnell ist Ihnen klar, dass ein Paar keine Chance mehr hat? Ruzas:

Wir haben häufig mit jahrelange­r Entfremdun­g zu tun. Aber zu spät ist es erst dann, wenn ein Partner komplett in den Rückzug gegangen ist. Vor Kurzem haben wir ein Paar beraten, in dem sie sechs Jahre lang eine Affäre hatte. Zwischen denen gab es trotz allem eine Art emotionale­s Band. Die haben ihre Liebe tatsächlic­h retten können.

Das empfehlen Hölzel und Ruzas jedem Paar:

Machen Sie mindestens einmal pro Jahr eine Art Beziehungs­tüv. Nehmen Sie sich ein paar Zettel und beantworte­n Sie schriftlic­h einige Fragen: Wo stehen wir gerade als Paar? Was hat sich verändert? Was ist toll an uns? Was läuft nicht so gut? Was sollte sich unbedingt ändern?

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Birgitt Hölzel und Stefan Ruzas, seit 1995 verheirate­t, arbeiten auch als Trauredner
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