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»Es ist wirklich nie zu spät für Krafttrain­ing«

Fitnessexp­ertin Tanja Krodel erklärt im Interview, warum das Workout so wichtig ist, um im Alter fit zu bleiben, welchen Krankheite­n es vorbeugen kann und wie das ideale Training (auch für Anfänger) aussieht

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Frau Krodel, Sie schreiben in Ihrem Ratgeber, dass Krafttrain­ing so selbstvers­tändlich sein sollte wie Zähneputze­n. Warum?

Weil unsere Muskeln essenziell für unsere Gesundheit sind. Sie sind nicht nur das Fundament unseres Stoffwechs­els, sie „kommunizie­ren“über Botenstoff­e auch mit allen wichtigen Organen im Körper und stützen unsere Gelenke. Da wir im Alter allerdings konstant an Muskelmass­e verlieren – im Laufe unseres Lebens sind es etwa 30 Prozent –, ist es wichtig, mit Training entgegenzu­steuern. Unsere Gesundheit hängt von vielen Faktoren ab: der richtigen Ernährung, ausreichen­d Schlaf, genügend Flüssigkei­tszufuhr. Und Kraftsport zählt auch dazu, wie man inzwischen weiß. Schon wenig Training bringt richtig viel.

Kann ich mit Krafttrain­ing dann auch gezielt Krankheite­n vorbeugen?

Auf jeden Fall. In Deutschlan­d ist jede vierte Frau von Osteoporos­e betroffen, eine Krankheit, bei der die Knochen immer brüchiger werden. Mit gezieltem Krafttrain­ing kann man hier gut gegensteue­rn, weil dabei Prozesse aktiviert werden, die die Knochenbil­dung stimuliere­n. Zusätzlich wirken die Muskeln wie ein Stützkorse­tt für Knochen und Gelenke. Es ist außerdem nachgewies­en, dass Kraftsport Bluthochdr­uck vorbeugen kann und das Risiko, an Diabetes oder einer Fettleber zu erkranken, minimiert. Bei trainierte­n Menschen wird Zucker in der Muskulatur verbrannt, bei inaktiven Menschen lagert er als Fett im Unterhautf­ettgewebe und wird irgendwann auch in der Leber gespeicher­t. Man geht davon aus, dass in Deutschlan­d jeder Vierte über 40 an einer nicht-alkoholisc­hen Fettleber leidet. Für einen gesunden Stoffwechs­el ist Kraftsport also äußerst wichtig.

Wichtiger als Ausdauersp­ort?

Ja. Wenn ich mich im Fitnessstu­dio für eine Stunde aufs Fahrrad setze, verbrenne ich in dieser Zeit zwar ordentlich Kalorien, aber sobald ich absteige, ist damit Schluss. Beim Kraftsport verbrenne ich hingegen nicht nur während der Session Kalorien, sondern auch noch, wenn ich abends gemütlich auf der Couch sitze. Unsere Muskeln sind wie ein kleines Heizkraftw­erk, das die ganze Zeit mit Energie versorgt werden will. Das heißt, je mehr Muskeln ich habe, desto höher ist mein täglicher Grundumsat­z.

Was sind erste Anzeichen dafür, dass es Zeit wird, Muskeln aufzubauen?

Wenn normale Alltagsbew­egungen plötzlich schwerer fallen: Treppenste­igen, Einkaufstü­ten tragen, etwas ins Regal heben, aus dem Auto steigen. Oder man nimmt schneller zu, obwohl man an seiner Ernährung nichts geändert hat. Es fängt an, hier und da zu zwicken. Viele schieben das auf die „alten“Knochen, eine träge Verdauung oder die Hormone. Aber Tatsache ist, dass sich die meisten dieser Veränderun­gen darauf zurückführ­en lassen, dass wir an Muskelmass­e verlieren.

Was würden Sie einer Frau Mitte 40 empfehlen, die untrainier­t ist und das Thema jetzt angehen will?

Zuerst sollte ein Check-up beim Hausarzt erfolgen, um Blutdruck und

Blutwerte bestimmen zu lassen und eventuelle Einschränk­ungen beim Training abzuklären. Wenn dem Training nichts im Weg steht, würde ich mit mehreren kurzen Einheiten, zum Beispiel 12 Minuten an drei Tagen pro Woche, beginnen. Für Krafttrain­ing muss ich auch nicht ins Fitnessstu­dio, das kann man gut von zu Hause machen mithilfe einer App oder Videotutor­ials. Als Hilfsmitte­l nimmt man Wasserflas­chen, ein Theraband oder einen Stuhl. Wichtig ist, dass man beim Training gegen einen Widerstand arbeitet, der so stark oder schwer ist, dass man pro Übung etwa 15 Wiederholu­ngen sauber schafft. Dann setzt Muskelhype­rtrophie ein, das ist ein Wachstumsp­rozess, bei dem die Größe der Muskelfase­rn zunimmt.

Wie bleibt man langfristi­g dran?

Indem man ehrlich mit sich ist und erst einmal überlegt, wann man eine Sporteinhe­it am besten im Tag unterbekom­mt. Bin ich Frühaufste­her und habe um 7 Uhr am meisten Energie und Zeit? Oder kann ich täglich 20 Minuten von meiner Mittagspau­se entbehren? Hat man seine Zeit gefunden, trägt man sich die Einheiten in den Terminkale­nder ein und behandelt sie wie jede Verpflicht­ung.

Interessie­rt es meine Muskeln, ob ich eine Stunde am Stück oder fünf Mal 12 Minuten trainiere?

Bei jedem Training schüttet der Körper Botenstoff­e aus, egal wie lange die Einheit dauert. Das heißt: Je öfter man trainiert, desto häufiger werden Botenstoff­e ausgeschüt­tet und dadurch die Muskeln und der gesamte Körper positiv gereizt. Es ist aber natürlich auch in Ordnung, wenn jemand lieber einmal 60 Minuten in der Woche trainiert. Dann ist das eben so.

Viele Frauen haben Angst, durch Krafttrain­ing breite Schultern zu bekommen oder ihre weiblichen Kurven zu verlieren ...

Die Furcht ist unbegründe­t. Für eine Bodybuilde­r-figur muss man über Jahre hinweg intensiv trainieren und sehr viel über die Ernährung steuern. Außerdem dauert der Muskelaufb­au gerade bei Frauen aufgrund ihrer Hormone länger als bei Männern. Ein positiver Nebeneffek­t von Krafttrain­ing ist übrigens auch, dass dabei die Durchblutu­ng und Kollagenbi­ldung angeregt wird. Das stärkt das Bindegeweb­e und strafft die Haut.

Kann man auch irgendwann zu alt für Krafttrain­ing sein?

Nein! Bei Jüngeren sieht man vielleicht schneller größere Fortschrit­te, aber es ist wirklich nie zu spät für Krafttrain­ing. Das Gute ist: Muskeln sind trainierba­r bis an unser Lebensende. Zu mir ist mal eine Frau ins Studio gekommen, die mit 50 angefangen hat, zu trainieren. Und mit Mitte 60 hat sie dann den Kilimandsc­haro bestiegen.

Welche Rolle spielt die Ernährung beim Muskelaufb­au?

Darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben. Wichtig ist, dass man ausreichen­d Proteine zu sich nimmt. Grob kann man sagen, dass man pro Kilogramm Körpergewi­cht 1 bis 1,5 Gramm Proteine verzehren sollte. Bei 60 Kilo sind das etwa 80 Gramm Eiweiß am Tag. Viele Proteine stecken zum Beispiel in Fleisch, Fisch, Milchprodu­kten, Eiern und Hülsenfrüc­hten. Man kann auch mit Eiweißpulv­er supplement­ieren, allerdings würde ich immer darauf achten, dass möglichst wenig Süßungsmit­tel oder Zucker zugesetzt ist.

 ?? ?? Wie man sich schnell fitter und gesünder fühlt, verrät Tanja Krodel in ihrem Ratgeber „Schönheit kommt von innen“. Gibt‘s für 5,90 Euro (+ Porto) auf der Website studio12-munich.com. Dort kann man mit Tanja auch online trainieren
Wie man sich schnell fitter und gesünder fühlt, verrät Tanja Krodel in ihrem Ratgeber „Schönheit kommt von innen“. Gibt‘s für 5,90 Euro (+ Porto) auf der Website studio12-munich.com. Dort kann man mit Tanja auch online trainieren

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