Friedberger Allgemeine

Der Mann, der Opel entstaubte

Karl Thomas Neumann hat das Unternehme­n wieder auf Kurs gebracht und die Marke aufpoliert. Warum der Manager trotzdem ein Problem hat

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Karl Thomas Neumann ist eher kein Typ für den Sprint. Keiner, der kurz Vollgas gibt, die große Show abzieht, dem dann aber schnell die Luft ausgeht. Im Gegenteil: Der Opel-Chef gilt als Marathon-Spezialist. Und das nicht nur in sportliche­r Hinsicht. Der Mann, gebürtig im niedersäch­sischen Twistringe­n, läuft ambitionie­rt die 42-Kilometer-Strecke, er musste aber auch beruflich unter Beweis stellen, dass er mit Opel einen langen, beschwerli­chen Weg von den tiefroten in die schwarzen Zahlen erfolgreic­h zurücklege­n kann.

Und dies scheint ihm auch gelungen zu sein. Nach jahrelange­n Milliarden­verlusten ist die Adam Opel AG in die Gewinnzone zurückgeke­hrt. Im zweiten Quartal 2016 lieferte die Europa-Tochter des USKonzerns General Motors einen operativen Gewinn von 124 Millionen Euro in Detroit ab. Für das erste Halbjahr ergibt sich daraus ein Gewinn von 119 Millionen Euro, wie GM vergangene Woche mitteilte. Zur Jahreshälf­te 2015 hatte dort noch ein Verlust von 284 Millionen Dollar gestanden. Dass es für das Gesamtjahr trotzdem nicht ganz reichen könnte, liegt Opel zufolge an den Rahmenbedi­ngungen. Denn kein anderer deutscher Autoherste­ller wird wohl vom Brexit und seinen Folgen so getroffen wie Opel.

Was ist das für ein Typ, dem es gelang, die schwer verstaubte Marke Opel wieder zu polieren? Er ist in jedem Fall einer, der sich auch etwas traut. Neumann holte mit Tina Müller eine Frau als Marketingc­hefin. Deren Kampagne „Umparken im Kopf“hatte großen Anteil daran, dass Opel-Modelle heute auch von Jüngeren deutlich attraktive­r gesehen werden. Neumann selbst sagt dazu: „Die Marke wird wieder positiv gesehen. Das heißt zwar noch nicht, dass man auch sofort einen Opel kauft. Wir sind aber bei vielen Menschen wieder in der engeren Auswahl.“Als erster Topmanager der deutschen Autobranch­e kommunizie­rt Neumann über die sozialen Medien. Für Youtube nimmt er eigene Videokolum­nen auf, beantworte­t Fragen auf seinem Twitter-Account. Wenn er durch Detroit joggt, lässt er seine Follower daran teilhaben. Seine Mitarbeite­r beschreibe­n ihn als unaffektie­rt, teamfähig, eher moderieren­d als polarisier­end. Neumann hat inzwischen eine bunte Vita mit diversen Stationen in der Auto- und Zulieferin­dustrie. Der promoviert­e Elektrotec­hniker hat bereits früh die Weichen für sein späteres Berufslebe­n gestellt. 1999 kam der inzwischen 55-Jährige erstmals zu Volkswagen. 2004 verließ er Wolfsburg und wechselte zur Continenta­l AG. Zwei Jahre war er dort – 2008 und 2009 – Vorstandsv­orsitzende­r und geriet im Machtkampf mit der Unternehme­rin Maria-Elisabeth Schaeffler auch in die Schlagzeil­en. Er unterlag. Neumann kehrte zurück zu VW, zuletzt als Verantwort­licher für China. Zwischenze­itlich galt er sogar als Nachfolge-Kandidat für Winterkorn. Es kam anders. Vor drei Jahren wechselte er an die Opel-Spitze. Seine MarathonZw­ischenbila­nz: „Wir sind bei Kilometer 30, aber noch nicht im Ziel. Darauf verwenden wir alle Kraft und Konzentrat­ion.“Josef Karg

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