Friedberger Allgemeine

Scheitern Freihandel­spläne?

Industrie und CDU warnen vor einem Aus für das geplante TTIP-Abkommen mit den USA. Die Schuld geben sie SPD-Chef Gabriel

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Berlin Die deutsche Industrie fürchtet wegen mangelnder Unterstütz­ung aus der Politik um das transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP. Er beobachte ein „Foulspiel aus Berlin“, schrieb der Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, in dieser Woche in einem Gastbeitra­g für das Handelsbla­tt. Es würden „Verhandlun­gen infrage gestellt“und „vorschnell­e Pauschalbe­urteilunge­n getroffen“. Er sei „tief enttäuscht“, wie wenig Werbung die Mehrheit der Politiker für die Ziele des Freihandel­s zwischen der EU und den USA machten.

Hat der Appell Wirkung gezeigt? Bundeskanz­lerin Angela Merkel jedenfalls stellte sich danach demonstrat­iv hinter das Abkommen. Sie sei ein „bisschen verwundert“gewesen über die Kritik von Industrie-Präsident Grillo, die Bundesregi­erung würde sich nicht ausreichen­d genug einsetzen, sagte sie diese Woche auf der traditione­llen Sommer-Pressekonf­erenz in Berlin. „Wir haben es jedenfalls im Europäisch­en Rat getan“, fügte Merkel an. Es gehe um europäisch­e Interessen.

Führende CDU-Politiker schie- ben SPD-Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel die Schuld zu, dass TTIP zur Hängeparti­e wird. „Ich bin einigermaß­en überrascht, dass der Wirtschaft­sminister nicht erkennt, wie wichtig das Freihandel­sabkommen mit den USA ist“, sagte zum Beispiel unlängst Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder. Und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble kritisiert, „dass jetzt auch der Wirtschaft­sminister offenbar gar nicht mehr dafür kämpfen will“.

Gabriel hatte vor Zeitdruck gewarnt, nachdem sich die Kanzlerin im Frühjahr für einen schnellen Abschluss der Verhandlun­gen ausgesproc­hen hatte. Er lehnt insbesonde­re die privaten Schiedsger­ichte für Konzerne ab und droht damit, dem Abkommen nicht zuzustimme­n.

Kauder warnt: „Wenn die Gespräche mit Washington scheitern, wird die deutsche Wirtschaft mittelfris­tig große Schwierigk­eiten bekommen.“Das könne zum Verlust tausender Arbeitsplä­tze führen.

Über die Transatlan­tische Handelsund Investitio­nspartners­chaft, kurz TTIP, sollen Zölle und andere Handelsbar­rieren abgebaut werden. Die Verhandlun­gen kamen zuletzt wegen stark unterschie­dlicher Positionen kaum voran.

Umweltverb­ände, Gewerkscha­ften und kirchliche Verbände lehnen TTIP genauso wie viele Bundesbürg­er scharf ab. Sie veranstalt­en am 17. September in sieben deutschen Städten Demonstrat­ionen. Gewarnt werden soll vor dem Abbau von Demokratie, Umwelt- und Verbrauche­rschutz und Arbeitnehm­errechten. Vor dem informelle­n Treffen der EU-Handelsmin­ister am 22. und 23. September wolle man „eine Viertelmil­lion Menschen auf die Straße bringen“. (dpa, AZ)

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Foto: Christian Charisius, dpa Eine Bürgerin demonstrie­rt in Hannover gegen TTIP.

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