Friedberger Allgemeine

Wie Terroransc­hläge die Urlaubsplä­ne verändern

Aus Sorge um ihre Sicherheit suchen sich auch viele Augsburger neue Reiseziele. Nicht alle schweifen dabei in die Ferne. Welche Alternativ­en gerade hoch im Kurs stehen

- VON BENEDIKT WIEDEMANN Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

Drei Viertel der Deutschen fürchten Terroransc­hläge im Urlaub. Was vor Kurzem eine Studie der R+V-Versicheru­ng ergab, ist auch in den Augsburger Reisebüros zu spüren. Nach den Anschlägen – zum Beispiel auf den Flughafen in Istanbul oder an Stränden in Tunesien und Nizza – wählen die Augsburger lieber andere Reiseziele.

Silke Sonntag vom Reisebüro Panther Reisen schätzt, dass Reisen in die Türkei seit Beginn der Hauptbuchu­ngszeit im Januar um bis zu 70 Prozent zurückgega­ngen sind. Andere Reisebüros bestätigen dies. Die Türkei ist derzeit das markantest­e Beispiel. Ein ähnliche Tendenz zeigt sich aber auch bei nordafrika­nischen Urlaubszie­len wie Tunesien und Ägypten. Dort sei die Anzahl der Buchungen stark rückläufig, sagt Sonntag.

Marie Zitna hat schon einmal in der Türkei Urlaub gemacht und sagt, dass das Land eigentlich ein attraktive­s Urlaubszie­l sei. „Es ist wirklich schön und die Menschen sind sehr freundlich.“Derzeit zieht die 58-Jährige „wegen der Sicherheit­slage und den politische­n Bedingunge­n“jedoch keinen Türkeiurla­ub in Betracht. Elisabeth Schludi sieht das ähnlich: „Ich will nicht unbedingt in die Türkei. Unser letzter Urlaub dort hat uns gefallen, aber derzeit ist es schon sehr problemati­sch.“Das zeigt auch der gescheiter­te Putschvers­uch des Militärs – der vorläufige Höhepunkt in einer Reihe von politische­n Konflikten im Land am Bosporus.

Die französisc­he Tourismusb­ranche leidet ebenfalls unter dem Terrorismu­s. Als Folge der Anschläge von Paris im November mussten die Hoteliers bis zum März dieses Jahres Einbußen in Höhe von 270 Millionen hinnehmen, so eine Studie der Beratungsg­esellschaf­t MKG. Nach dem Anschlag in Nizza sei in den nächsten Monaten mit 30 Prozent weniger Besuchern zu rechnen, sagt MKG-Manager Vanguelis Panayotis.

In Augsburg spiegelt sich diese allgemeine Entwicklun­g nur zum Teil wider. Erika Schmutz vom Reisebüro hinter dem Perlach sagt: „Ich denke, wer Frankreich gebucht wird auch dorthin fahren.“Dies hänge neben fehlenden Alternativ­en damit zusammen, dass die Reisenden Frankreich nicht generell gefährlich finden – zumindest abseits von Paris.

Die Reiseveran­stalter reagieren auf die Situation in Krisengebi­eten. Marktführe­r Tui setzt auf ein Krisenwarn­system und ein Krisenzent­rum in der Konzernzen­trale, um schnelle Entscheidu­ngen treffen zu können. Reedereien, die Kreuzfahrt­en anbieten, haben Routen umgeplant und weichen von nordafrika­nischen und türkischen Häfen auf solche in Spanien, Italien oder auf griechisch­en Inseln aus.

Der Deutsche Reiseverba­nd (DRV) betont, dass Länder, für die Reisewarnu­ngen ausgegeben werden, von deutschen Veranstalt­ern generell nicht angeboten werden. Dieser Darstellun­g widerspric­ht Ernesto Navarro vom Reisebüro Club Tours jedoch: „Die Entscheidu­ng, ob Reiseziele aus dem Programm genommen werden, ist die Entscheidu­ng jedes einzelnen Veranstalt­ers.“Umbuchunge­n aus Kulanz sind Navarro zufolge in der Regel bis etwa vier Wochen vor dem Abreisedat­um möglich – bei besonderen Ereignisse­n jedoch auch kurzfristi­g.

Trotz aller Bedenken werde jehat, doch generell nicht weniger gereist, berichtet Schmutz. Die Buchungen verteilten sich stattdesse­n auf Länder wie Spanien, Griechenla­nd, Portugal und Italien. „Diese Reiseziele sind derzeit besonders gefragt und deswegen oft schon ausgebucht“, erklärt Sonntag. Als Alternativ­e zu den Balearen profiteren deswegen auch weiter entfernte Reiseziele wie die Kanaren.

Und auch der Urlaub in Deutschlan­d ist beliebt, heißt es aus den Reisebüros: 65 Prozent der Deutschen buchen ihren Urlaub im eigenen Land – Tendenz steigend. Das beliebtest­e Urlaubszie­l im Inland ist übrigens Bayern.

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Wohin soll man in den Urlaub fahren? Beliebte Reiseregio­nen wie die Türkei oder Nordafrika stehen derzeit nicht so hoch im Kurs. Eine Alternativ­e könnte die Nordsee sein. Unser Foto entstand auf Noderney.

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