Friedberger Allgemeine

Der flinke Fischjäger vom Jakobertor

Der Eisvogel ist einer der schillernd­sten heimischen Vögel. Wo lebt er in Augsburg und wie kann man ihn am besten beobachten? Die Schülerin Anna Schneider gibt Tipps

- VON EVA MARIA KNAB

Meistens legt sich Anna Schneider am frühen Morgen auf die Lauer, noch bevor sie zu Schule geht. Mit etwas Glück kann sie dann am Jakobertor beobachten, wie Eisvögel im Stadtgrabe­n pfeilschne­ll nach Fischen tauchen. Die blau schillernd­en Vögel sind winzig, nicht viel größer als ein Spatz. Am besten entdeckt man sie mit einem Trick. „Erst hört man den Eisvogel. Dann orientiert man sich an seinem schrillen Pfiff und schaut auf Zweige, die übers Wasser hängen“, sagt Anna Schneider. Warum er dort am liebsten sitzt? Auch das kann die 15-Jährige erklären.

Die Augsburger Schülerin kennt sich aus in der Vogelwelt. Sie hat schon ein dickes Fotoalbum mit eigenen Aufnahmen verschiede­nster heimischer Arten zusammenge­tragen. Eisvögel zählen mit zu ihren Favoriten. Nicht nur, weil sie wunderschö­n aussehen. „Meine Oma hat mir erzählt, die sind ganz schwer zu entdecken.“Das hat ihre Neugier geweckt.

Als Anna Schneider zum ersten Mal einen ihrer Lieblinge sah, kam der Zufall zu Hilfe. Sie war mit einer Arbeitsgru­ppe des Landesbund­es für Vogelschut­z (LBV) im Stadtwald unterwegs, um Brutkästen für Wasseramse­ln zu kontrollie­ren. „Da hat’s plötzlich gepfiffen und ein Eisvogel kam angeflogen“, sagt sie.

Die Art braucht einen möglichst intakten Naturraum, damit sie überleben kann. Das heißt: klare fließende Bäche und Flüsse mit Fischen und Bäumen am Ufer. In den 1970er Jahren nahm der Bestand in Bayern stark ab, weil Gewässer reguliert wurden. Inzwischen hat er sich wieder erholt. Im Freistaat gibt es 2000 Brutpaare. Im Stadtgebie­t Augsburg sei das Vorkommen mit 15 bis 20 Brutpaaren derzeit „zufriedens­tellend“, so der LBV. Zum Vergleich: Amseln gibt es bayernweit rund 1,5 Millionen Paare.

An Lech und Wertach finden die Eisvögel noch, was sie zum Leben brauchen. Dazu gehören Uferabbrüc­he, in denen sie Bruthöhlen bauen. Dazu zählen aber auch Bäume und Büsche, damit sie auf Ästen sitzen und nach Beute im Wasser

Tiere in der Stadt

Ausschau halten können. Zum Jagen fliegen die Eisvögel auch gerne an Stadtbäche im Zentrum, etwa ans Jakobertor. Nicht weit entfernt davon gibt es eine „Vogelstimm­enwand“. Sie steht bei St. Margaret beim Rabenbad, am Durchgang zum Kräutergar­ten. Wer will, kann sich dort den Ruf des Eisvogels anhören.

Tiere beobachten ist nicht jedermanns Sache. Anna Schneider hat es schon als Kind Spaß gemacht. Im Ferienhaus der Familie am Ammersee versorgte sie von klein auf das Futterhäus­chen mit. Kürzlich, in den Pfingstfer­ien, konnte die 15-Jährige Oma, Mutter und Schwester überreden, gemeinsam Vogelurlau­b zu machen. Sie wollte in Hessen Rotkopfwür­ger fotografie­ren und hatte sich zuvor bei einem Experten über günstige Standorte erkundigt. „Zwei Tage haben wir Ausschau gehalten“, erzählt Anna Schneider. Aber nicht ein einziger Rotkopfwür­ger ließ sich blicken.

Ornitholog­ie ist unter Schülern kein weit verbreitet­es Hobby. „In meiner Klasse bin ich der einzige Vogel-Fan“, sagt die Augsburger­in. Sie geht in die Mädchenrea­lschule St. Ursula. Wenn sie von ihren Erlebnisse­n erzähle, interessie­re das ihre Freundinne­n aber schon. „Sie finden das cool“, sagt sie.

Demnächst wird Anna Schneider noch viel mehr von ihrem Hobby erzählen können. Zum Auftakt der Sommerferi­en darf sie an einem Sommercamp des Max-Planck-Instituts für Ornitholog­ie in Radolfzell teilnehmen. Wissenscha­ftler erforschen gerade das Leben der Amsel. 15 Schüler aus Deutschlan­d dürfen mitmachen. Anna Schneider freut sich schon sehr auf die Gespräche mit Vogelkundl­ern in ihrem Alter.

Wahrschein­lich wird sie sich auch über ihren Liebling, den Eisvogel, unterhalte­n. Darüber, dass er in guten Sommern bis zu dreimal brütet und viele Junge bekommt. Die Natur gleicht es aus, wenn in strengen Wintern die Bestände stark schrumpfen. Natürlich weiß Anna Schneider auch, warum der Eisvogel seine Beutefisch­e mal mit dem Kopf nach vorn und ein andermal mit dem Kopf nach hinten im Schnabel hält: Erstere sind für den Nachwuchs, letztere das Fressen für die Vogelelter­n. Mit den Schuppen nach hinten lässt sich der Fisch am besten verschluck­en.

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Foto: LBV/ A. Hartl Wenn der Eisvogel seinen Beutefisch mit dem Kopf nach vorne transporti­ert, hat das einen guten Grund.
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Foto: Silvio Wyszengrad Anna Schneider ist 15 und eine versierte Vogelkundl­erin.

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