Lasst lieber Profis ran
Eigentlich, so wollte es Bürgermeister Roland Eichmann, sollten bereits in diesem Sommer die Baumaschinen an der Afrastraße anrollen. Doch das Jahrzehnt und damit auch die laufende Wahlperiode des Stadtrats werden sich ihrem Ende zuneigen, bevor hier die ersten Menschen einziehen können. Das Thema, das allen Parteien und Gruppierungen in Friedberg so wichtig ist, dass sie sich gegenseitig mit der Zahl der zu bauenenden Wohnungen übertrumpfen, kommt nicht vom Fleck. Auch in seiner jüngsten Sitzung hat der Stadtrat keinen Beitrag zur Entspannung auf dem Immobilienmarkt geleistet. Vielmehr ist die Entscheidung städtebaulich und psychologisch falsch.
Erstens: Eine derartige Konzentration von Wohnungen, die mit einkommensschwachen Mietern belegt sind, schürt Ängste und Ressentiments – ganz egal, ob sie berechtigt sein mögen oder nicht. Fachleute schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. In der Nachbarschaft östlich der Afrastraße stößt das Neubaugebiet ohnehin auf Vorbehalte, und auch die Vermarktungschancen für die übrigen Flächen des Areals, die zum Teil im Eigentum der Stadt sind, haben sich mit dieser Entscheidung spürbar verschlechtert. Wer die aktuelle Diskussion um das Augsburger Reese-Gelände verfolgt, kann keine solchen Beschlüsse fassen. Dort berichten Bauwillige glaubhaft davon, dass Banken eine Finanzierung verweigern, weil sie angesichts der Nachbarschaft die Werthaltigkeit der Immobilie bezweifeln.
Zweitens: Die aktuelle Beschlusslage fußt auf Annahmen. Dass die Stadt für beide Häuser Mittel aus der zweiten Säule des Förderprogramms erhält, dass sie das gewaltige Programm finanziell und personell in überschaubarer Zeit stemmt, das alles kann keineswegs als gesichert gelten. Dafür riskiert die Stadt, einen sechsstelligen Betrag in den Sand zu setzen. Besser wäre gewesen, auf die dritte Säule zu setzen, die eine bessere gesellschaftliche Durchmischung ermöglicht und nach Einschätzung von Fachleuten unter dem Strich nicht weniger lukrativ ist. Oder die Stadt hätte sich gleich einen Partner ins Boot holen sollen, der den nötigen Sachverstand mitbringt.
Insofern kann man das Aus für die Wohnbau-GmbH nur bedauern. Was Friedberg braucht, sind Profis, die wissen, wie der Markt funktioniert und ihn aktiv bearbeiten. Mit der Sondersitzung hat die Stadt bewiesen, das sie selbst dazu nicht in der Lage ist.