Unser Mann für alle Fälle
Andreas Schmidt verabschiedet sich nach 30 Jahren als Lokalredakteur in den Ruhestand
Friedberg Der 1000-Euro-Gewinn, aus dem Bilderrätsel, der noch schnell am Freitagnachmittag übergeben werden muss: Andreas Schmidt übernimmt ohne Klage. Ein Termin am Heiligen Abend auf dem Dasinger Autohof: Dann muss die Bescherung halt ein bisschen warten. Ein Mörder mitten unter uns: Der allzeit bereite Reporter unserer Zeitung scheut sich nicht, auf der Spur des Verbrechens an Haustüren zu klingen. Doch damit ist jetzt Schluss. Gestern Abend verabschiedete sich unser Kollege mit dem Kurzzeichen „scha“nach 30 Jahren bei der Friedberger Allgemeinen in den Vorruhestand.
Einen wie Andreas Schmidt muss man erst einmal finden. Der über Jahrzehnte ganz unprätentiös alle Höhen und Tiefen des Lokaljournalismus auslotet, der sich für nichts zu schade ist und auch nicht zu abgebrüht, um nicht hinter jeder Geschichte den Menschen zu sehen. Er war unser Mann für alle Fälle. Und noch viel mehr. Er war nach außen das freundliche Gesicht der Friedberger Allgemeinen, gefragter Ansprechpartner mit offenem Ohr und bemerkenswerter Geduld für alle Anliegen, nach innen der ruhende Pol der Redaktion, die sich stets auf seine Hilfe, sein Urteil und seinen Rat verlassen konnte.
Die Friedberger Zeit 2016 hat er nicht ohne Grund als letzten großen Einsatz gewählt. Schon nach der Premiere im Jahr 1989 entwickelte er ein Konzept für die Berichterstattung der Zeitung und schlüpfte 1992 gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Kleist in das Kostüm des Redaktionsbauern. Neunmal war er so von der ersten bis zur letzten Minute des Altstadtfestes dabei und saß doch anderntags spätestens um neun wieder im Büro, um zu schreiben, Bilder auszuwählen und die Berichterstattung für den nächsten Abend vorzubereiten.
Was er tut, das tut er stets ganz. Und so ließ sich der gebürtige Nordschwabe nach dem Studium an der Münchner Journalistenschule auch ganz auf das altbairische Friedberg ein, das ihm und seiner Familie zur Heimat wurde. Die Geschichte der Stadt, ihre Kultur, ihre Menschen samt allen Eigenheiten liegen ihm auch über das rein Berufliche hinaus am Herzen.
Das spürten alle, die mit ihm als Redakteur zu tun hatten und von denen ihm viele freundschaftlich verbunden sind. Sein Blick für das Besondere machte ihn darüber hinaus auch zu einem Fotografen mit Profiqualität, dessen Bilder stets ein Blickfang im Lokalteil waren.
Dass er im Ruhestand nicht mehr für die Zeitung arbeiten wird, das hat er seinen Kollegen schon frühzeitig angekündigt. Auch wenn sie ihn gerne noch bei sich behalten hätten und er eine große Lücke in der Redaktion hinterlässt – sie gönnen ihm die neu gewonnene Freiheit. Die will er nützen, um wieder mehr Sport zu treiben, zu reisen und Zeit mit seiner Familie und den Freunden zu verbringen. Und hoffentlich auch, um gelegentlich in seinem alten Büro am Marienplatz vorbeizuschauen. Thomas Goßner