Der Weihnachtsmann von
Aufreibende Zeiten sind das, auch für Journalisten, die über Amokläufe und Terroranschläge berichten. Die Gretchenfrage insbesondere für TV-Journalisten lautet: Berichten wir zu langsam? Oder: Berichten wir zu schnell? Sofort senden oder sacken lassen? Es ist eine Debatte, die unter dem Stichwort Live-Journalismus gerade in der Medienbranche geführt wird. Ein ausführliches Interview dazu – auf dieser Seite.
Die Öffentlichkeit giere nach Informationen, stellte Talkshow-Moderator Frank Plasberg fest. Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen erinnerte dagegen an den „Netzphilosophen“Peter Glaser: Der habe mal gesagt, „Information ist wahnsinnig schnell, Wahrheit braucht aber Zeit“. Ja, es ist ein Dilemma. Entweder fühlen sich Zuschauer schlecht informiert, wenn – wie in der türkischen Putschversuchs-Nacht – der „Tatort“anstelle einer Live-Sendung läuft. Oder sie kritisieren eine stundenlange LiveBerichterstattung samt Handyvideos von Augenzeugen und Experteneinschätzungen bei völlig unübersichtlicher Nachrichtenlage.
Wie am Abend des Münchner Amoklaufs. Da verbreitete etwa eine n-tv-Reporterin live, dass ein Zeuge einen mutmaßlichen Täter in einem Weihnachtsmannkostüm gesehen habe. Stochern im PseudoNews-Nebel: Wo Gerüchte zu Spekulationen werden, klingen Spekulationen schnell wie Fakten.
Andererseits: Die Sender, auch n-tv, betonten stets, welche Information als gesichert galt und welche nicht. Noch während der Live-Berichterstattung thematisierten sie ihre eigene Rolle. Das muss der (Mindest-)Standard sein. Über alles andere sollte man reden. In Ruhe.