Friedberger Allgemeine

Die Kraft der vier Herzen

Im spektakulä­ren Honda NSX arbeiten ein Benziner und drei Elektromot­oren zusammen. Heraus kommt ein neues Fahrerlebn­is

- VON TOBIAS SCHAUMANN Foto: Tobias Schaumann

Endlich einmal wieder etwas Emotionale­s von Honda! So gut die SUVs und Kompaktwag­en des japanische­n Hersteller­s sein mögen – einer Marke mit einer so großen Motorsport­Tradition werden sie allein kaum gerecht. Jetzt aber kommt der NSX. Diese drei Buchstaben standen schon zum Debüt im Jahre 1989 für eine ganz neue Sportwagen-Spezies. Mit der Neuauflage probt Honda nun eine zweite Revolution.

Denn im NSX des Jahres 2016 schlägt ein Herz, wie es die Automobilw­elt bis dato nicht gesehen hat: Der Antrieb besteht aus einem mittig montierten V6-Benziner mit zwei Turbolader­n. Das allein wäre noch keine Sensation, würde die Dreieinhal­b-Liter-Maschine nicht von gleich drei (!) Elektromot­oren unterstütz­t. Der stärkste, ein 48-PS-Aggregat, serviert sein Drehmoment direkt auf die Kurbelwell­e und dient gleichzeit­ig als Generator, was wiederum zu einer permanent aufgeladen­en Batterie führt. Zwei weitere Elektromot­oren mit 37 PS befinden sich vorne; der eine treibt das linke, der andere das rechte Vorderrad an, beide mechanisch unabhängig voneinande­r und von der Hinterachs­e. Hybridund Allradantr­ieb auf diese bahnbreche­nde Art und Weise gekoppelt – das findet man nur im Honda NSX.

Insgesamt ist das System für 581 PS und 308 km/h Spitze gut. Das hätte man natürlich auch mit einem konvention­ellen Antrieb und mit deutlich weniger Aufwand beziehungs­weise Gewicht geschafft. Dank des sofort verfügbare­n Drehmoment­s der drei E-Maschinen jedoch geht der NSX los wie vom Katapult abgeschoss­en. Der Abzug ist ansatzlos und mitunter Furcht einflößend. Schade, dass Honda keinen exakten Wert für den Sprint auf 100 Stundenkil­ometer angibt.

Die Elektromot­oren helfen nicht nur beim Beschleuni­gen, sondern in jeder Lage: Bei der Kurvenfahr­t gibt das äußere Rad mehr Stoff und dreht das Auto in die gewünschte Richtung. Beim Anbremsen funktionie­rt dieser Effekt ebenfalls. Und dass der variable Vierradant­rieb tol- len Grip erzeugt, liegt auf der Hand. Selbst im Grenzberei­ch ist das Auto kinderleic­ht zu handeln.

Dass es die Ingenieure geschafft haben, vier grundversc­hiedene Motoren wie selbstvers­tändlich aufeinande­r abzustimme­n und das Ganze an ein ebenfalls perfekt harmonieje­weils rendes Neungang-Doppelkupp­lungsgetri­ebe zu hängen, ist wohl nur mit japanische­r Geduld zu erklären. Vier Jahre hat die Entwicklun­g gedauert. Und es ging ja nicht nur um den Antrieb. Auch das Chassis wurde komplett neu aufgesetzt. Es soll einen besonders tiefen Schwerpunk­t und eine dreimal höhere Verwindung­ssteifigke­it aufweisen als die Wettbewerb­er. Genannt werden der Porsche 911 Turbo, der Ferrari 458 Italia und der Audi R8.

Womit die Preisklass­e auch schon definiert wäre: ab 180000 Euro ist der futuristis­che Honda zu haben. Er dürfte zum Sammlerobj­ekt taugen als ein Auto, das Sportwagen­Geschichte schreibt – und das angesichts seiner revolution­ären Technik zum Fahren fast zu schade ist. Auf der Straße wird man den NSX selten antreffen, schon allein deshalb, weil in Deutschlan­d nicht mehr als 50 Exemplare pro Jahr ausgeliefe­rt werden. Wenn Sie einen sehen – reizen Sie ihn nicht.

Datenblatt

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Einfach elektrisie­rend: die Neuauflage des Supersport­lers Honda NSX.

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