Überraschung zum Start von La Strada
Am Freitag war bei den Straßenkünstlern am Rathausplatz relativ wenig los. Woran lag es?
Am Freitagabend ist überraschenderweise relativ viel Platz beim Straßenkünstlerfestival La Strada. Während am Holbeinplatz und rundherum in der Altstadt vor allem fröhliche Familien sich um die Künstler auf der Bühne und in den Gassen drängen, findet man am Rathausplatz fast zu jeder Zeit ein Plätzchen auf den Bänken. An Angst vor Terroranschlägen liegt das nicht, die ist für niemanden ein Thema. Einmal müssen die Veranstalter einen betrunkenen Störenfried der Polizei übergeben, ansonsten verläuft La Strada friedlich. Vielmehr führt die Konkurrenz mehrerer Veranstaltungen wie Stadtmauerund Friedensfest an diesem ersten Sommerferien-Wochenende dazu, dass die Menschen durch die Stadt flanieren und mal Street-CircusAkrobatik aus Kanada, mal einen spanischen Fakir im Vorübergehen „mitnehmen“.
Erst am Samstag ist es an allen Spielorten gewohnt voll und die Menschen trotzen sogar einem Regenschauer. Bei der „SchaubudenZauber-Revue“bleiben an allen Abenden viele stehen und staunen, wie die Sideshow Charlatans aus Berlin vom Publikum heimlich vorgegebene Zahlen oder Gegenstände erraten. Überhaupt holen die Gaukler wieder viele Zuschauer auf die Bühne. Aber es gibt noch ganz besondere Fans.
„Huhu, Herr Prestele! Hallo! Guguck, Herr Laske!“Tom Prestele und Florian Laske können nicht verbergen, dass sie Lehrer sind. Aber beim Straßenkünstler-Festival, da stehen sie als „Tom & Flo“auf der Bühne am Rathausplatz und erwecken den Sound der 60er Jahre zu frischem Leben. Die beiden jungen Augsburger sind die lokale Konstante im fliegenden Wechsel der Artisten aus aller Welt und bereits zum fünften Mal beim Festival dabei. Schülerinnen haben das Duo entdeckt und drängeln sich verzückt an der Bühne. Aber schließlich gehören zu einer echten 60ies-Konzertatmosphäre auch Fans. Zwar kreischen die Mädchen nicht hysterisch oder fallen in Ohnmacht wie die Groupies der Beatles damals, dafür gewinnen Tom & Flo an diesem Abend aber einen besonderen Fan dazu: Emine Eraydin tanzt von Anfang an vor der Bühne. Für die 60-Jährige, die vor 43 Jahren aus der Türkei nach Augsburg kam, ist es „doch normal zu tanzen, wenn man schöne Musik hört“. Und wie Tom & Flo „Mrs. Robinson“, „Please Please Me“oder eigene Songs mit vollen Stimmen und frisch-nostalgi- schen Arrangements grooven, das ist wunderschön.
Viele Songs lang tanzt Emine alleine, dann stellt ein waschechter Bayer mit strammen Wadeln und Schnauzer mit einer entschiedenen „Was soll’s“-Geste seinen Bierkrug auf das Kopfsteinpflaster und macht mit. Als die anderen sehen, welchen Spaß das ungleiche Tanzpaar bei „Blue Suede Shoes“hat, tanzen plötzlich viele Menschen auf dem Rathausplatz. Emine bekommt dafür von Tom & Flo eine CD von deren Auftritt im Circus Krone geschenkt. „Ich habe nur ein Radio, aber dafür kaufe ich mir jetzt einen CD-Spieler“, erzählt sie strahlend.