Friedberger Allgemeine

Ist Deutschlan­d auf Anschläge vorbereite­t?

Notfälle Rettungskr­äften fehlt eine spezielle Ausbildung für Terrorangr­iffe oder Amokläufe. Welche Rolle die Bundeswehr spielen könnte

- UND MICHAEL STIFTER VON ANDREAS SCHOPF

Augsburg Ein Amokläufer schießt in München um sich, ein Islamist sprengt sich in Ansbach in die Luft, ein anderer attackiert Zugfahrgäs­te in der Nähe von Würzburg mit einer Axt: Binnen Minuten sind Polizisten und Retter vor Ort. Sie müssen funktionie­ren. Doch wie gut sind die Einsatzkrä­fte für solche Fälle gewappnet? Fakt ist: Die meisten Notärzte und Sanitäter werden bislang nicht speziell auf derartige Ausnahmesi­tuationen vorbereite­t. Bei der Bundeswehr ist eine solche Ausbildung zwar Standard und Soldaten könnten auch die Polizei unterstütz­en. Für ihren Einsatz im Inland gelten allerdings strenge Bedingunge­n. Ist das angesichts der gestiegene­n Terrorgefa­hr richtig? Der politische Streit darüber ist voll entbrannt. Und mittendrin: die Verteidigu­ngsministe­rin.

Seit Ursula von der Leyen angekündig­t hat, dass Polizei und Bundeswehr schon bald in Anti-Terror-Übungen gemeinsam den Ernstfall proben sollen, muss sie sich mit Kritik herumschla­gen. „Wichtig ist, dass man vorbereite­t ist“, verteidigt sich die CDU-Politikeri­n. Die politische Konkurrenz wirft ihr vor, sie wolle nur den Einflussbe­reich der Bundeswehr ausweiten. SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley wittert ganz banale persönlich­e Motive hinter von der Leyens Offensive: „Das ist der durchschau­bare Versuch, sich innenpolit­isch zu profiliere­n.“Und Grünen-Chef Cem Özdemir sieht in der Diskussion sogar einen „Misstrauen­sbeweis gegenüber der Polizei“, die in München „einen großartige­n Job“gemacht habe.

Die Verteidigu­ngsministe­rin ist allerdings nicht die einzige, die sich nach den Bluttaten der vergangene­n Wochen mehr Bundeswehr­einsätze im Inland vorstellen kann. Die Truppe wäre jedenfalls bereit dafür. Der zuständige Generalleu­tnant Martin Schelleis hält die gemeinsame Übung mit der Polizei für dringend notwendig. In einem Interview betont er, wie wichtig ein „gut eingeübtes Zusammenwi­rken der Sicherheit­sbehörden für den extremen Fall einer terroristi­schen Großlage“sei.

Das Grundgeset­z erlaubt den Einsatz der Bundeswehr im Inland nur in Ausnahmesi­tuationen. Zwar hat das Bundesverf­assungsger­icht bereits 2012 klargestel­lt, dass damit auch ein Terroransc­hlag gemeint sein kann. CDU und CSU würden trotzdem am liebsten das Gesetz entspreche­nd ändern. Doch die SPD stellt sich quer. Von der Leyen trägt es mit Fassung. Die Verteidigu­ngsministe­rin will weiterhin „ganz pragmatisc­h“die bestehende­n Möglichkei­ten innerhalb der Verfassung ausschöpfe­n. Auch während des

In München standen Soldaten schon bereit

Amoklaufs in München hatte sie Soldaten in Bereitscha­ft versetzt. Zum Einsatz kamen sie nicht.

Dafür waren hunderte Rettungskr­äfte vor Ort, um Verletzte zu versorgen. Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand, ob es sich um einen Terroransc­hlag handelt und womöglich noch weitere Angreifer in der Stadt unterwegs sind. Eine dramatisch­e Lage für Ärzte und Sanitäter, die in der regulären Ausbildung nicht simuliert wird. Das will Theo Zellner, Präsident des Bayerische­n Roten Kreuzes, ändern. „Wir müssen unsere Kräfte auf eine völlig andere Gefahrenla­ge vorbereite­n“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Wo er weiteren Handlungsb­edarf sieht und wie andere Rettungsdi­enste darüber denken, lesen Sie auf Bayern. Welche Einsatzmög­lichkeiten Soldaten in Österreich haben und was Deutschlan­d im Umgang mit dem Terror von Israel lernen kann, steht in der Politik.

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