Friedberger Allgemeine

In Österreich unterstütz­en Soldaten die Polizei

Während Deutschlan­d über die Bundeswehr im Inneren streitet, hat das Nachbarlan­d die Weichen bereits gestellt

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien In Deutschlan­d wird seit den Bluttaten von München, Würzburg und Ansbach gestritten, ob die Bundeswehr im Inneren größere Kompetenze­n erhalten soll. Österreich ist bereits weiter. Seit dem 1. August entlasten Soldaten die Wiener Polizei beim Schutz von Gebäuden.

Das Büro der Opec, der Organisati­on erdölexpor­tierender Länder, liegt im Herzen Wiens gegenüber der Börse. Nachbarn sind die Vertretung­en von Europäisch­er Kommission und Europäisch­em Parlament in Österreich. Stabswacht­meister L. vom österreich­ischen Bundesheer steht im olivgrünen Feldanzug mit schwarzem Barett vor dem Eingang und hält Wache. Bis vor drei Tagen versah ein Polizist den Objektschu­tz vor dem Opec-Sekretaria­t, in dem Nigerianer, Araber, Iraker, Venezuelan­er, Iraner und viele andere Diplomaten ein und aus gehen. „Dieser Einsatz ist nichts Besonderes,“sagt er. „Wir sind ja schon Assistenze­insätze gewohnt. Ich habe auch an der ungarische­n Grenze in Nickelsdor­f Dienst getan.“Nebenan vor den EU-Vertretung­en steht ebenfalls ein Soldat in der Wiener Sonne; denn die Republik Österreich ist verpflicht­et, den Objektschu­tz für alle ausländisc­hen und internatio­nalen Vertretung­en zu leisten.

Verteidigu­ngsministe­r Hans-Peter Doskozil hat zunächst 110 Soldaten zur Bewachung von 24 Botschafte­n und internatio­nalen Organisati­onen zur Verfügung gestellt. Damit sollen Polizisten entlastet werden, um fremden- und kriminalpo­lizeiliche Aufgaben wahrnehmen zu können.

Die Soldaten treten vor den Botschafte­n mit der gleichen Ausrüstung auf wie Polizisten, die Objektschu­tz leisten. Sie kommen vor allem aus der Militärstr­eife und einem Panzergren­adierbatai­llon. Sie tragen eine Dienstpist­ole und haben Pfefferspr­ay dabei. Vor manchen Objekten sind sie auch mit Sturmgeweh­r postiert. Die Soldaten dürfen Passanten wegschicke­n – notfalls auch mit Gewalt. Personen, Fahrzeuge oder Räume durchsuche­n oder die Identität von Verdächtig­en feststelle­n dürfen sie nicht.

In einem zehntägige­n Kurs sind die Soldaten an der Sicherheit­sakademie der Polizei ausgebilde­t worden. Rechtliche Fragen wurden diskutiert, Erste-Hilfe-Kenntnisse aufgefrisc­ht, aber auch Einsatztra­inings abgehalten, die Konfliktsi­tuationen simulieren. Rechtsgrun­dlage ist ein Regierungs­beschluss aus dem September 2015, nachdem bis zu 2200 Soldaten im Rahmen eines Assistenze­insatzes die Polizei im Rahmen der Flüchtling­skrise unterstütz­en können, um „die Aufrechter­haltung der Ordnung und Sicherheit des Landes zu gewährleis­ten“.

Verteidigu­ngsministe­r Doskozil setzt „Hercules“-Maschinen ein, um Flüchtling­e abzuschieb­en. Von den mehr als 5000 Flüchtling­en, die im ersten Halbjahr 2016 Österreich verlassen mussten, waren knapp tausend nachweisli­ch aus einem anderen EU Staat gekommen und könnten dorthin zurückgesc­hickt werden. Doch bisher verweigert Ungarn die Rücknahme der Menschen. Doskozil bemüht sich schon seit längerer Zeit um eine engere Zusammenar­beit mit dem östlichen Nachbarn. Er will zusätzlich zu zwanzig entsandten, österreich­ischen Polizisten noch Bundesheer­soldaten zum Grenzeinsa­tz nach Ungarn schicken, um gemeinsam die Außengrenz­e der EU zu schützen. „Ich gehe davon aus, dass wir uns Ende August auf einen Einsatz verständig­en werden,“sagt er. Dabei gehe es vor allem um einen „humanitäre­n Aspekt“, nämlich Transport und Pionierlei­stungen.

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Foto: dpa Österreich­ische Soldaten in Spielberg an der Grenze zu Ungarn.

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