Psychiatrie statt Gefängnis
24-Jähriger hatte Bekanntem ein Auge ausgestochen
Ingolstadt Ein Video zeigt den 41-Jährigen. Sein Gesicht blutet heftig. Verzweifelt versucht der Mann, die Blutungen zu stillen. Nur wenige Minuten zuvor ist er in seiner Wohnung von einem Bekannten brutal angegriffen worden. Er hat kaum die Wohnungstür geöffnet, da spürt er schon eine Faust im Gesicht. Kurz darauf bohrt sich ein spitzer Gegenstand in sein rechtes Auge. Dazu, so hört man auf dem Video, schreit der Mann, der ihm das antut: „Er will meine Familie töten.“
Gestern schloss das Landgericht Ingolstadt die Akten des Falles. Statt ins Gefängnis kommt der 24-jährige Täter, der zuletzt vor Gericht ausgerastet war, in eine psychiatrische Klinik. Das hatte ein medizinischer Gutachter zuvor empfohlen.
Im Leben des Angeklagten ist einiges schiefgelaufen. Mit acht oder neun Jahren kam er ins Kinderheim. Mit 15 Jahren fing er an, Drogen zu nehmen. Zuerst Haschisch, dann Ecstasy. Schließlich auch Badesalze und Heroin, wie er dem Richter sagte.
Angeklagter wollte Opfer Denkzettel verpassen
Die Drogen haben offenbar seine Persönlichkeit verändert. Der 24-Jährige leide an Verfolgungswahn und Schizophrenie, so der Gutachter. Seine Handlungen am Tatabend habe er deshalb nicht steuern können. Deshalb wurde er vor der fünften Strafkammer wegen des eigentlichen Tatvorwurfes – aufgrund von Schuldunfähigkeit – freigesprochen.
Schon die Motive des Angeklagten waren verworren. Trägt der von ihm so übel Zugerichtete tatsächlich Schuld am Tod eines seiner Verwandten? Hat er wirklich versucht, dem Angeklagten die Verlobte auszuspannen? Hat er diesen gar selbst bedroht? Das behauptete der nun Verurteilte und sagte, dass er ihm deshalb einen Denkzettel habe verpassen wollen. Für das Gericht sind die Vorwürfe eher Gedankenkonstrukte eines psychisch kranken Menschen. Eines Menschen, der ohne Behandlung „für die Allgemeinheit gefährlich“sein könne, wie Richter Thomas Denz sagt.
Lange wehrt sich der Angeklagte gegen die Einlieferung in die Psychiatrie. Lieber würde er in eine Entziehungsanstalt gehen. Dort bliebe er für maximal zwei Jahre. Dies reiche aber für eine erfolgreiche Behandlung nicht aus, betonte der Gutachter. Das Gericht sah es genauso.