Was geschah an Bord von MH370?
Zwei Jahre nach Verschwinden des Flugzeugs verdichten sich die Hinweise, dass ein lebensmüder Pilot die Maschine abstürzen ließ. Eine Fernsehsendung untermauert die Theorie
Kuala Lumpur Es gilt als eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte: das bis heute unaufgeklärte Verschwinden der Malaysia Airlines-Boeing mit der Flugnummer MH370. Mehr als zwei Jahre nach der Katastrophe haben die malaysischen Ermittler keine plausible Erklärung für die Geschehnisse an Bord. Das Unglaubliche: Das Flugzeug mit 239 Menschen an Bord ist nach Satellitenauswertungen noch sieben Stunden geflogen, nachdem es vom Radar verschwand.
Nun verdichten sich Hinweise, dass die Maschine möglicherweise bis zuletzt von einem Piloten gesteuert wurde. Die Ermittler mauern aber. Für den erfahrenen kanadischen Flugunfallermittler Larry Vance ist die Sache spätestens seit dem Fund der Flügelklappe vor einem Jahr vor Afrika klar. Die abgerissene Kante könne nur entstanden sein, als die Maschine mit ausgefahrener Klappe aufsetzte und durch das Wasser pflügte. „Jeder musste nach dem Fund zu dem Schluss kommen, dass hier ein Mensch am Werk war – eine andere Erklärung gibt es nicht“, sagt Vance in einer Dokumentation eines australischen Fernsehsenders. Nur ein Pilot kann die Bewegung der Flügelklappen steuern. Sie sind an der Rückseite der Tragflügel und werden vor einer Landung ausgefahren, um die Geschwindigkeit zu drosseln.
Peter Foley, MH370-Chefermittler der australischen Transportsicherheitsbehörde, bestätigt in der Sendung, es sehe ganz so aus, als sei die Flügelklappe ausgefahren gewesen. Noch eins führt Ermittler Vance an: Wenn das Flugzeug abgestürzt wäre, weil der Treibstoff ausging, wäre die Maschine beim Aufprall in Millionen Stücke zerschellt. Ein so großes Teil wie die Flügelklappe intakt zu finden, sei unwahrscheinlich. Leichte Teile wie Schwimmwesten hätten auch ir- gendwo angespült werden müssen. „Ich glaube, dass alles mit dem Rumpf gesunken ist, dass die Maschine in wenigen großen Teilen am Meeresboden liegt“, sagt Vance.
Für die Australierin Danica Weeks ist das ungeheuerlich. Ihr Mann Paul war an Bord. „Ich fürchte, die Leute haben alle noch gelebt und wussten, was los war, und haben
Die Fundteile machen Experten stutzig
alles in ihrer Macht stehende versucht, um die Situation noch abzuwenden“, sagte sie dem Sender. Ist es tatsächlich möglich, dass Passagiere und Crew sieben Stunden Gefangene eines lebensmüden Piloten waren? Die Malaysier haben den 53-jährigen Flugkapitän schnell von jedem Verdacht freigesprochen. Er habe kein Motiv gehabt, hieß es am ersten Jahrestag der Katastrophe.
Was die Malaysier unter dem Deckel halten: Der Pilot hat in seinem heimischen Flugsimulator ein paar Wochen vor der Tragödie offenbar eine ähnliche Route programmiert wie die, auf der die Boeing später sehr wahrscheinlich verunglückte (wir berichteten). Malaysias Polizeichef Khalid Abu Bakar will auf Reporternachfragen nicht sagen, was die Untersuchung des Simulators ergeben hat. Der Pilot sei nicht im Visier der Ermittler. „Die Ermittlungen dauern an und können nur abgeschlossen werden, wenn die Blackboxen gefunden sind“, sagt er. Auch australische Ermittler wehren sich gegen die Spekulationen.
Chefermittler Foley wird in der australischen Fernsehsendung deutlicher: „Es ist möglich, dass jemand am Ende die Kontrolle über das Flugzeug hatte, und wir suchen aktiv nach Beweismaterial, um diese Theorie zu unterstützen.“
Christiane Oelrich, dpa