Der FC Bayern: Big in America
Bayern-Chef Rummenigge über die erfolgreiche USA-Reise, sein neues Verhältnis zu Borussia Dortmund, den „klugen Burschen“Ancelotti und die Rolle von Hummels im Team
New York Über eine Woche ist der FC Bayern München durch die USA gereist, um für sich zu werben. Karl-Heinz Rummenigge war in Chicago, Charlotte und New York, wie die Mannschaft, im Dauereinsatz. „Die Erwartungen sind sogar übertroffen worden“, resümierte der Vorstandsvorsitzende im Interview vor dem abschließenden Spiel gegen Real Madrid, das in der Nacht zum heutigen Donnerstag (nach Redaktionsschluss) in New York stattfand.
Hat die USA-Reise auch ohne Stars wie Thomas Müller, Manuel Neuer, Mats Hummels oder Robert Lewandowski sportlich, werbemäßig und auch zum Geldverdienen ihren Zweck erfüllt? Rummenigge: Die Erwartungen sind sogar übertroffen worden. Die Mannschaft hat sich gut verkauft. Schon bei den Spielen in Chicago und Charlotte konnte man sehen, dass wir eine riesige Anhängerschaft hier in Amerika haben. Es war erstaunlich, wie viele Fans in einem Bayern-Trikot im Stadion waren, und ich bin überrascht, wie viele Anhänger wir in den USA dazugewonnen haben. Das ist für mich der Beweis, dass es die richtige Entscheidung war, 2014 in New York ein Büro zu eröffnen. Unsere Leute machen dort einen super Job. Wir sind mit 70 Angestellten aus den Abteilungen Sponsoring, Marketing, Medien und Touristik in die USA geflogen.
Carlo Ancelotti hatte sich dafür eingesetzt, dass die EM-Teilnehmer auf den US-Trip verzichten durften. Damit hat er gleich mal Bonuspunkte bei Thomas Müller und Co. gesammelt. Ist er einfach ein schlauer Trainer? Rummenigge: Er ist grundsätzlich ein kluger Bursche. Natürlich kommt es bei den Spielern gut an, wenn du ihnen mehr Urlaub gibst. Aber die Philosophie unseres Vereins war und ist: Fußball kommt vor Marketing. An dieser Formel wird sich auch nichts ändern! Allerdings müssen wir das Geld verdienen, das wir in unseren Kader investieren. Und ihn zusammenzuhalten in der aktuellen Qualität, ist sehr kostspielig.
Nach der USA-Reise steigen die Nationalspieler in die Vorbereitung ein. Reichen drei Wochen bis zum Bundesligastart? Rummenigge: In der Saison, in der wir das Triple gewonnen haben, hatte ein Teil der Spieler sogar weniger Vorbereitungszeit. Carlo Ancelotti sieht keine Problematik. Er sagt, selbst den Supercup gegen Borussia Dortmund (am Sonntag, 14. August, 20.30 Uhr) könnten alle Nationalspieler nach nur einer Woche Training spielen. Ich denke ebenfalls, dass drei Wochen reichen. Den Rest holen sich die Spieler aus den ersten Partien. Was nicht optimal ist, ist die Länderspielpause direkt nach dem ersten Bundesliga-Spieltag. Wie sieht es bei den Verletzten Jérôme Boateng und Arjen Robben aus? Werden sie bis zum Saisonstart fit? Rummenigge: Bei Jérôme sind die Ärzte nicht pessimistisch. Bei Arjen wird es knapp.
In einer Woche kommt es im Supercup zur ersten Kraftprobe mit Borussia Dortmund. Für Zündstoff ist gesorgt: Mario Götze ist zum BVB zurückgekehrt, Mats Hummels bestreitet sein erstes Bayern-Spiel ausgerechnet in Dortmund. Wird das schon mal ein schöner Vorgeschmack auf die neue Bundesligasaison? Rummenigge: Wenn diese zwei Vereine aufeinandertreffen, ist das Interesse immer groß. Durch diese zwei Transfers ist es noch ein Stück größer geworden. Die BVB-Fans werden auf Götze schauen, bei uns steht Mats im Fokus. Aber beide Vereine haben jetzt ein gutes Verhältnis, Hans-Joachim Watzke und ich gehen total entspannt miteinander um. Wir haben, inklusive Sebastian Rode, gerade drei Transfers fair und seriös miteinander abgewickelt. Die schwierigen Zeiten, die wir 2013 hatten, liegen hinter uns.
Was erwarten Sie von Nationalspieler Mats Hummels? Rummenigge: Mats verkörpert genau den Typ Abwehrspieler, den Carlo (Ancelotti) und ich haben wollten. Bei der Frage nach der Verstärkung der Mannschaft hatten wir schnell die Position Innenverteidigung als Zielpunkt definiert. Und Mats war der Spieler, den wir haben wollten. Er ist mit 27 Jahren in einem guten Alter. Er ist erfahren. Er ist deutscher Nationalspieler und hat seine Wurzeln bei Bayern München. Mit seinen Talenten passt er gut zu Jérôme Boateng. Das hat man bei der EM gesehen. Und ich bin nicht nur von seinen Qualitäten auf dem Platz überzeugt. Er war in Dortmund Kapitän, er ist eine Persönlichkeit. Und das wird uns auch in der Zukunft helfen, wenn Spieler wie Philipp Lahm ihre Profilaufbahn beenden.
Neben Hummels haben Sie 35 Millionen Euro für den 18-jährigen Renato Sanches ausgegeben. Rummenigge: Wenn wir nicht so frühzeitig zugeschlagen hätten, hätten wir nach der EM keine Chance mehr gehabt. Ich bin froh, dass wir den Mut hatten, diesen mit 35 Millionen Euro auch sehr teuren Transfer zumachen. Er ist ein Spieler, der für sein Alter viel Persönlichkeit, viel Power und Zug zum Tor hat. An ihm werden wir hoffentlich viel Freude haben.
Kingsley Coman und Joshua Kimmich haben als Youngster gleich im ersten Jahr beim FC Bayern positiv überrascht. Coman ist weiter ausgeliehen von Juventus Turin. Werden Sie die bestehende Kaufoption bei dem jungen Franzosen ziehen? Rummenigge: Das werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit tun. Auch Joshua hat eine gute Entwicklung gemacht: Es hat immer geheißen: Brauchen wir noch einen rechten Verteidiger neben Philipp Lahm und Rafinha? Wie man bei der EM gesehen hat, haben wir schon einen.
Carlo Ancelotti, das fällt auf, scheint sich mehr als Partner der Spieler und des Vereins zu verstehen. Wie erleben Sie ihn? Rummenigge: Er ist ein sehr angenehmer Mensch und ein etablierter Trainer, der alles gewonnen hat, was man im Vereinsfußball gewinnen kann. Er tritt überhaupt nicht fordernd auf. Nach den Transfers von Hummels und Sanches habe ich ihn gefragt: „Hast Du noch Wünsche?“Seine Antwort war: „Nein. Wir haben eine gute Mannschaft, ich bin total zufrieden.“Im Umgang mit den Spielern pflegt er einen freundschaftlichen Stil, aber er verlangt auch Disziplin auf dem Platz wie außerhalb. Er will nicht Everybody’s Darling sein.
Interview: Klaus Bergmann (dpa)