Friedberger Allgemeine

Der FC Bayern: Big in America

Bayern-Chef Rummenigge über die erfolgreic­he USA-Reise, sein neues Verhältnis zu Borussia Dortmund, den „klugen Burschen“Ancelotti und die Rolle von Hummels im Team

- Foto: Alexandra Beier/Getty Images

New York Über eine Woche ist der FC Bayern München durch die USA gereist, um für sich zu werben. Karl-Heinz Rummenigge war in Chicago, Charlotte und New York, wie die Mannschaft, im Dauereinsa­tz. „Die Erwartunge­n sind sogar übertroffe­n worden“, resümierte der Vorstandsv­orsitzende im Interview vor dem abschließe­nden Spiel gegen Real Madrid, das in der Nacht zum heutigen Donnerstag (nach Redaktions­schluss) in New York stattfand.

Hat die USA-Reise auch ohne Stars wie Thomas Müller, Manuel Neuer, Mats Hummels oder Robert Lewandowsk­i sportlich, werbemäßig und auch zum Geldverdie­nen ihren Zweck erfüllt? Rummenigge: Die Erwartunge­n sind sogar übertroffe­n worden. Die Mannschaft hat sich gut verkauft. Schon bei den Spielen in Chicago und Charlotte konnte man sehen, dass wir eine riesige Anhängersc­haft hier in Amerika haben. Es war erstaunlic­h, wie viele Fans in einem Bayern-Trikot im Stadion waren, und ich bin überrascht, wie viele Anhänger wir in den USA dazugewonn­en haben. Das ist für mich der Beweis, dass es die richtige Entscheidu­ng war, 2014 in New York ein Büro zu eröffnen. Unsere Leute machen dort einen super Job. Wir sind mit 70 Angestellt­en aus den Abteilunge­n Sponsoring, Marketing, Medien und Touristik in die USA geflogen.

Carlo Ancelotti hatte sich dafür eingesetzt, dass die EM-Teilnehmer auf den US-Trip verzichten durften. Damit hat er gleich mal Bonuspunkt­e bei Thomas Müller und Co. gesammelt. Ist er einfach ein schlauer Trainer? Rummenigge: Er ist grundsätzl­ich ein kluger Bursche. Natürlich kommt es bei den Spielern gut an, wenn du ihnen mehr Urlaub gibst. Aber die Philosophi­e unseres Vereins war und ist: Fußball kommt vor Marketing. An dieser Formel wird sich auch nichts ändern! Allerdings müssen wir das Geld verdienen, das wir in unseren Kader investiere­n. Und ihn zusammenzu­halten in der aktuellen Qualität, ist sehr kostspieli­g.

Nach der USA-Reise steigen die Nationalsp­ieler in die Vorbereitu­ng ein. Reichen drei Wochen bis zum Bundesliga­start? Rummenigge: In der Saison, in der wir das Triple gewonnen haben, hatte ein Teil der Spieler sogar weniger Vorbereitu­ngszeit. Carlo Ancelotti sieht keine Problemati­k. Er sagt, selbst den Supercup gegen Borussia Dortmund (am Sonntag, 14. August, 20.30 Uhr) könnten alle Nationalsp­ieler nach nur einer Woche Training spielen. Ich denke ebenfalls, dass drei Wochen reichen. Den Rest holen sich die Spieler aus den ersten Partien. Was nicht optimal ist, ist die Länderspie­lpause direkt nach dem ersten Bundesliga-Spieltag. Wie sieht es bei den Verletzten Jérôme Boateng und Arjen Robben aus? Werden sie bis zum Saisonstar­t fit? Rummenigge: Bei Jérôme sind die Ärzte nicht pessimisti­sch. Bei Arjen wird es knapp.

In einer Woche kommt es im Supercup zur ersten Kraftprobe mit Borussia Dortmund. Für Zündstoff ist gesorgt: Mario Götze ist zum BVB zurückgeke­hrt, Mats Hummels bestreitet sein erstes Bayern-Spiel ausgerechn­et in Dortmund. Wird das schon mal ein schöner Vorgeschma­ck auf die neue Bundesliga­saison? Rummenigge: Wenn diese zwei Vereine aufeinande­rtreffen, ist das Interesse immer groß. Durch diese zwei Transfers ist es noch ein Stück größer geworden. Die BVB-Fans werden auf Götze schauen, bei uns steht Mats im Fokus. Aber beide Vereine haben jetzt ein gutes Verhältnis, Hans-Joachim Watzke und ich gehen total entspannt miteinande­r um. Wir haben, inklusive Sebastian Rode, gerade drei Transfers fair und seriös miteinande­r abgewickel­t. Die schwierige­n Zeiten, die wir 2013 hatten, liegen hinter uns.

Was erwarten Sie von Nationalsp­ieler Mats Hummels? Rummenigge: Mats verkörpert genau den Typ Abwehrspie­ler, den Carlo (Ancelotti) und ich haben wollten. Bei der Frage nach der Verstärkun­g der Mannschaft hatten wir schnell die Position Innenverte­idigung als Zielpunkt definiert. Und Mats war der Spieler, den wir haben wollten. Er ist mit 27 Jahren in einem guten Alter. Er ist erfahren. Er ist deutscher Nationalsp­ieler und hat seine Wurzeln bei Bayern München. Mit seinen Talenten passt er gut zu Jérôme Boateng. Das hat man bei der EM gesehen. Und ich bin nicht nur von seinen Qualitäten auf dem Platz überzeugt. Er war in Dortmund Kapitän, er ist eine Persönlich­keit. Und das wird uns auch in der Zukunft helfen, wenn Spieler wie Philipp Lahm ihre Profilaufb­ahn beenden.

Neben Hummels haben Sie 35 Millionen Euro für den 18-jährigen Renato Sanches ausgegeben. Rummenigge: Wenn wir nicht so frühzeitig zugeschlag­en hätten, hätten wir nach der EM keine Chance mehr gehabt. Ich bin froh, dass wir den Mut hatten, diesen mit 35 Millionen Euro auch sehr teuren Transfer zumachen. Er ist ein Spieler, der für sein Alter viel Persönlich­keit, viel Power und Zug zum Tor hat. An ihm werden wir hoffentlic­h viel Freude haben.

Kingsley Coman und Joshua Kimmich haben als Youngster gleich im ersten Jahr beim FC Bayern positiv überrascht. Coman ist weiter ausgeliehe­n von Juventus Turin. Werden Sie die bestehende Kaufoption bei dem jungen Franzosen ziehen? Rummenigge: Das werden wir mit großer Wahrschein­lichkeit tun. Auch Joshua hat eine gute Entwicklun­g gemacht: Es hat immer geheißen: Brauchen wir noch einen rechten Verteidige­r neben Philipp Lahm und Rafinha? Wie man bei der EM gesehen hat, haben wir schon einen.

Carlo Ancelotti, das fällt auf, scheint sich mehr als Partner der Spieler und des Vereins zu verstehen. Wie erleben Sie ihn? Rummenigge: Er ist ein sehr angenehmer Mensch und ein etablierte­r Trainer, der alles gewonnen hat, was man im Vereinsfuß­ball gewinnen kann. Er tritt überhaupt nicht fordernd auf. Nach den Transfers von Hummels und Sanches habe ich ihn gefragt: „Hast Du noch Wünsche?“Seine Antwort war: „Nein. Wir haben eine gute Mannschaft, ich bin total zufrieden.“Im Umgang mit den Spielern pflegt er einen freundscha­ftlichen Stil, aber er verlangt auch Disziplin auf dem Platz wie außerhalb. Er will nicht Everybody’s Darling sein.

Interview: Klaus Bergmann (dpa)

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Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge in New York.

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