Wer erfolgreich sein will, muss leiden
Roman Deisenhofer zählt zu Deutschlands Besten. In Zürich beendete der 31-Jährige jüngst den Ironman als Vierter. Wie er sich aus Tiefs herausholt und wovon er träumt
In Zürich gab es diesen einen Moment. Roman Deisenhofer war am Ende, sein Körper streikte, er wollte sich nicht mehr quälen, wollte aufgeben. Nach 3,9 Kilometern Schwimmen und 180 Kilometern Radfahren noch einen Marathon zu Ende zu laufen, das schien unmöglich. „Ich war in einem Loch, habe wirklich gelitten“, beschreibt der 31-Jährige. Diese Momente des Zweifelns sind dem Augsburger nicht fremd. Deisenhofer ist Triathlet, ist es gewohnt, an seine Grenzen zu gehen. Vielleicht auch darüber hinaus.
Deisenhofer bewies mentale Stärke, überwand das Tief, machte weiter. Immer weiter. Solange, bis er beim Ironman in der Schweiz, begleitet vom Jubel der Zuschauer, nach 8:32 Stunden durchs Ziel lief.
Deisenhofer hatte sich einiges zugemutet, war für seine Verhältnisse den Wettbewerb sehr „aggressiv“angegangen, wie er es nennt. Heißt: Vollgas – und hoffen, dass ihm bis zum Ende die „Körner“reichen. Belohnt hat er sich mit dem vierten Rang, der besten Platzierung seiner Karriere. Dass er das Podium um
Seit zwei Jahren quält er sich als Profi
drei Minuten verpasste, schmerzte ihn weniger als Muskeln und Sehnen. „Ich bin wirklich sehr zufrieden. Ich wusste, was ich draufhabe, die Zeit hat mich aber schon überrascht.“
Erschwerend kam hinzu, dass Deisenhofer beim abschließenden Marathon die zeitliche Kontrolle fehlte. Er hatte beim Wechsel seine Uhr am Rad vergessen, ein konstantes Tempo zu laufen, fiel ihm bedeutend schwerer als üblich. Sein zwischenzeitliches Tief hatte wohl damit zu tun. Im Endeffekt sei er es zu schnell angegangen, führt er aus. „Besser ist es, sich am Anfang etwas zurückzuhalten.“
Deisenhofer steigert sich von Saison zu Saison. Seit zwei Jahren quält sich der Augsburger Modellathlet berufsmäßig, sein großes Hobby Ausdauersport betreibt er als Profi. Die Entscheidung dazu traf er aus dem Bauch heraus, weniger rational. Er begründet: „Ich bin eher ein Gefühlsmensch.“
Weil Deisenhofer trotz Sponsoren nicht gänzlich vom Triathlon leben kann, ist er auf Teilzeitbasis bei der Berufsfeuerwehr in München beschäftigt. Der Augsburger weiß die Vorzüge seiner Arbeitszeiten zu schätzen, Schichtbetrieb ermöglicht ihm stundenlange Einheiten. An freien Tagen trainiert er dreimal, hat dennoch zwischendurch Zeit sich zu regenerieren und ein Mittagsschläfchen zu halten.
Zwischen 15 und 30 Stunden trainiert er, je nach Intensität, in einer Woche. Durchschnittliches Pensum: 400 Kilometer Radfahren, 100 Kilometer Laufen und 15 Kilometer Schwimmen. Nach extremen Anstrengungen wie in Zürich gönnt er sich eine Woche Pause. Wirklich ausspannen kann er in der zweimonatigen Winterpause.
Unmittelbar nach dem Rennen ist die Erleichterung groß. Glücksgefühle und Stolz stellen sich hingegen erst später ein, wenn es dem Sport- ler körperlich wieder besser geht. Deisenhofer: „In einem Wettkampf gibt es immer mal wieder Tiefen. Man lernt sich als Mensch unglaublich gut kennen.“
Profi-Triathleten entwickeln ein Gefühl für ihr Leistungsvermögen, dennoch sind sie nicht davor gefeit, während eines Rennens einzubrechen. Deisenhofer spricht von „energetischen Problemen“, das könne jedem passieren. Der Körper kann keine Nahrung mehr aufnehmen, baut ab, dehydriert. Manch einer fordert das bewusst heraus, begibt sich auf den schmalen Grat, um ein Top-Ergebnis zu erreichen. Das kann gut gehen. „Oder man hat einen Wandertag“, sagt Deisenhofer und schmunzelt.
Im Oktober 2017 will er sich seinen Traum von Hawaii erfüllen. Für Profis ist allein die Teilnahme am weltweit bekanntesten Ironman als Erfolg zu werten, nur eine Elite von 50 Triathleten darf bei der Weltmeisterschaft starten. Die Voraussetzungen für Deisenhofer sind vielversprechend, die Punkte für die Qualifikation zum Greifen nahe, berichtet er. Läuft es optimal, ist der Ironman auf Mallorca für ihn das letzte Langdistanzrennen vor Hawaii. Die restlichen Punkte will er bei kürzeren Wettbewerben holen.
Dass es in diesem Jahr nicht klappen könnte, war Deisenhofer bewusst. Umso besser will er im kommenden Jahr vorbereitet sein. Nur hinfahren und mitmachen, entspricht nicht seinem Selbstverständnis. Ehrgeizig bekräftigt er: „Wenn ich dabei bin, will ich das sinnvoll machen.“Muss Deisenhofer leiden, will er wenigstens dafür belohnt werden.