Große Kunst oder wüste Schmiererei?
Freizeit Die Meinungen über Graffiti gehen auseinander. K!ar.Text hat nachgefragt, was das Sprayen ausmacht und welche Rolle der Reiz des Verbotenen spielt
Aichach-Friedberg Es ist ein Thema, das die Gesellschaft spaltet: Graffiti. Die einen sehen es als große Kunst an, die anderen bloß als wüste Schmiererei. In Mering hat bereits der Gemeinderat darüber beraten, ob das Sprayen in einer Bahnunterführung erlaubt werden soll. Der Augsburger Verein „Die Bunten“setzt sich dafür ein, das Image der Subkultur aufzubessern. K!ar.Text hat Christian Rappl getroffen, den Vorsitzenden des Vereins.
Graffiti sind in Deutschland allgegenwärtig. Egal in welchen Teilen der Republik man unterwegs ist, fast überall findet man die Schriftzüge oder Bilder. Sie sind wie kaum etwas anderes Kennzeichen einer modernen Stadt, entstanden wahrscheinlich vor circa 40 Jahren in New York und sind stark mit dem Hip-Hop verbunden. Seitdem sind sie Ausdrucksmittel von Generationen, die gegen Autoritäten rebellieren und nach Möglichkeiten suchen, sich künstlerisch zu verwirklichen.
Rappl weiß, dass für viele Sprayer nicht nur die künstlerische Freiheit reizvoll ist, sondern auch die Illegalität: „Es gibt den legalen Graffitisprüher und es gibt den illegalen Graffitisprüher. Man kann es nicht
Für viele sind die Kultur und der Kick des Verbotenen eng verbunden
festnageln, denn es ist eine schwimmende Untergrundmasse.“Allerdings sei für viele der Kick des Verbotenen eng mit der Kultur verbunden. Der Meringer Gemeinderat ist mit seinen Überlegungen nicht alleine. Derzeit gibt es vielerorts die Diskussion, ob legale Flächen zum Sprühen geschaffen werden sollen. In Augsburg betreuen die Bunten das Projekt Schwabenwand, eine Initiative zur Förderung der legalen Graffitikultur. Dort kann jeder, der Spaß am Sprühen hat, seine eigenen Kunstwerke schaffen.
Doch selbst wenn es mehr dieser Flächen geben würde, könnte man die verbotenen Schmierereien nicht komplett verhindern, glaubt Rappl. Man könne der Graffiti-Kultur zwar Möglichkeiten zum legalen Sprühen bieten, aber man werde das Illegale dadurch niemals verdrängen können. „Wenn ich Leuten die Möglichkeit biete, legal etwas zu machen, ist die Wahrscheinlichkeit schon da, dass es weniger Illegales gibt, aber man wird das Illegale niemals ausradieren können.“Es gebe Leute, die es aufs Verbotene anlegen und Leute, denen das Sprayen an sich Spaß macht. „Die, die davon überzeugt sind, illegal malen zu gehen, die kann man selbst mit Millionen „Schwabenwänden“nicht davon abbringen“, ist Rappl überzeugt. Wer in Deutschland illegal Graffiti sprühen geht, muss mit harten Strafen rechnen. Es gibt Haftstrafen von bis zu zwei Jahren und man kann bis zu 30 Jahre nach der Tat finanziell belangt werden. Rappl hat dazu eine klare Meinung: „Sprayen ist ein Kavaliersdelikt. Wir sind streng dagegen, fürs Sprayen so hart bestraft zu werden, dass es einem jungen Menschen die ganze ZuChristian kunft verbaut.“Statt dessen plädieren die Bunten für einen Täter-Opfer-Ausgleich. Das heißt, das Sprayer zum Beispiel das eigene Bild überstreichen oder Sozialstunden ableisten müssen. „In den meisten Fällen sind die Täter Jugendliche, und die hat man nicht so hart zu bestrafen“, findet Rappl.
Es ist eine der vielen Aufgaben und Ziele der Bunten, Jugendlichen, die straffällig geworden sind, zu helfen. Der Verein will eine Brücke zwischen den Sprühern und der Gesellschaft schlagen, um mehr Akzeptanz für Graffiti zu schaffen. Außerdem sind die Bunten Ansprechpartner der Stadt Augsburg, wenn es um das Thema geht.
In Zusammenarbeit mit der Stadt Augsburg bieten die Bunten Workshops für Jugendliche an. Diese sollen Präventionsarbeit leisten und die jüngeren Sprayergenerationen abfangen, bevor sie Fehler machen. „Wir wollen zeigen, dass man mit seinem Hobby auch Geld verdienen kann, um es so in eine professionelle Richtung zu lenken“, erklärt Rappl.