Die Suche nach gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen
Gottesdienst In der evangelischen St. Johannesgemeinde in Mering werden am Israelsonntag neue Wege gegangen
Mering In alter kirchlicher Tradition zufolge denken Christen am 10. Sonntag nach Trinitatis über ihre Beziehung zum jüdischen Volk nach, und dies bedeutet für die Prediger eine Herausforderung. Das herkömmliche antijüdische Verhalten, demzufolge die Kirche am Israelsonntag ihren Triumph über die Synagoge feierte, steht nicht mehr zur Diskussion. Das feindliche Denken einfach umkehren in ein philosemitisches, das grundsätzlich alles Jüdische gut und bewundernswert findet, kommt ebenfalls nicht infrage. Der Name dieses Sonntags enthält ein weiteres Problem. Spontane Assoziationen mit dem Staat Israel lassen sich kaum vermeiden, wenn vom „Israelsonntag“die Rede ist. Und diese Assoziationen lösen neue Fragen und Vorbehalte aus.
Doch vielleicht liegt hier auch eine Aufgabe für den Gottesdienst: erklären und klarmachen, dass „Israel“im theologischen Wortgebrauch der Name für das jüdische Volk auf der ganzen Welt ist und nicht für den modernen Staat.
Lieder in hebräischer Sprache, vorgetragen von dem Kirchenchor, projizierten eine fröhliche Stimmung in den Gottesdienst, die auf Jung und Alt gleichermaßen übersprang. Im Mittelpunkt der Predigt des Gottesdienstes stand Jesus, der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Christen und Juden, er, der alleine rettet, egal welcher Hautfarbe und Bekenntnis die Menschen sind.
Nathan der Weise ist der Titel und die Hauptfigur eines fünfaktigen Ideendramas von Gotthold Ephraim Lessing und hat als Themenschwerpunkte den Humanismus und den Toleranzgedanken der Aufklärung. Besonders berühmt wurde die Ringparabel im dritten Aufzug des Dramas, die Pfarrerin Sichert in ihrer Predigt vorlas. Die Parabel gibt den Rat für eine friedlich-tolerante Koexistenz, für einen Modus Vivendi der positiven Religionen.
Mit großer Intensität lässt der Chor Salomone Rossis „Shir hamma alot“(Psalm 128) ein Wallfahrtslied hören. Es gibt nicht viele in Deutschland, die jiddische Lieder professionell und auch authentisch singen können. Der in Augsburg le- bende, in Jerusalem geborene Yoéd Sorek ist so einer. Im Rahmen des Gottesdienstes sang der Tenor zwei Lieder, die von Innigkeit und Freude getragen wurden.
Im Unterschied zu den Auseinandersetzungen der Vergangenheit gibt es heute keinen Grund mehr, darüber zu polemisieren, welcher Glaube der richtige und welche Religion die bessere ist. Nicht weil wir diskussionsmüde sind, sondern weil wir wissen, dass es keinen Sinn ergibt.