Mehr Mut beim Friedensfest
In Augsburg geht es gerade alles andere als friedlich zu. Das Programm zum Spezialfeiertag soll Menschen verbinden. Erreicht es sie überhaupt?
Was machen Sie am Friedensfest? Kurzurlaub übers lange Wochenende? Einkaufen in Gersthofen? Wohnung putzen? Nichts, weil das den Frieden auf der Welt vermehrt? Der Augsburger Spezialfeiertag und seine Botschaft eines vernünftigen friedlichen Miteinanders gehen jedenfalls am Großteil der Augsburger immer noch vorbei. Dabei wären sie aktueller denn je, wie die Auseinandersetzungen innerhalb der türkischen Gemeinschaft in Augsburg, aber auch die Kluft des Unverständnisses zwischen Deutschen und vielen Deutschtürken gerade zeigt. Das Rahmenprogramm des Friedensfestes soll dazu beitragen, Menschen zu verbinden. Aber erreicht es sie überhaupt?
Um die 100 Programmpunkte sind aufgelistet, einige davon sehr publikumsträchtig wie das Festival der Kulturen. Bei anderen kam es tatsächlich zu Begegnungen, die es sonst nicht gegeben hätte, etwa bei dem „Speed-Dating“(kurzen Gesprächen zum Thema Mut), oder dem Theaterstück über Sinti im Fischerholz, wo Sinti, Oberhauser und Bürger anderer Stadtteile sich austauschten. Allerdings verliert sich vieles in einem Wust der Beliebigkeit; spannende Ideen gehen unter.
Nach dem Motto „Never change a running system“werden Veranstaltungen wie der Predigtslam oder der Beauty Salon immer wieder neu aufgelegt. Nichts gegen diese Programmpunkte, dahinter stecken gute Ideen, aber irgendwie laufen sie sich tot. Und muss das Programm noch weiter aufgebläht werden mit Friedensrallye hier, Diskussion von Politikern dort und Dunkelcafé da? Wie es auch bei anderen Veranstaltungsreihen in Augsburg leider gang und gäbe ist, hat man das Gefühl, es wird so manches mit aufgenommen, was ohnehin stattgefunden hätte. Für Akteure und Organisationen ist es ein Statussymbol, sich einreihen zu dür- fen. Man freut sich für sie, aber zur Qualität trägt das nicht bei.
Nachdem sich vor einigen Jahren die Kirchen beschwerten, dass sie bei dem Programm ins Hintertreffen geraten, nimmt man ganz offensichtlich mehr Rücksicht auf sie – schließlich geht der Spezialfeiertag auf sie zurück. Nun finden sich auf der Liste ein Vortrag über Sterbebegleitung im katholischen Hospizverein, sicher sehr hilfreich in schwierigen Lebenslagen, eine Lutherführung, sicher sehr interessant – und natürlich lässt sich in zwei Sätzen erklären, was das mit dem Friedensfest-Motto „Mut“zu tun hat – aber braucht es das im Programm? Vieles ist sehr intellektuell, die Eröffnungsdiskussion beschrieben Zuhörer als dröge, die vielsprachigen Plakate blieben für die allermeisten unverständlich. Und manchmal wollen die Menschen sich gar nicht unbedingt begegnen, auch nicht bei Trommelklang auf einer Wiese im Textilviertel oder in einem Taubenschlag, der eher grattlig wirkt.
Ansatz beim Friedensfest ist es, Themen anzustoßen, allerdings bleibt nach Jahren – 2016 ist nur das aktuelle Beispiel – der Eindruck zurück, dass sich all dies in einem recht begrenzten Kreis abspielt. Nämlich in dem derjenigen, die ohnehin friedlich und aufgeschlossen sind. In früheren Jahren wurde versucht, den Frieden weiter zu fassen als Frieden zwischen Katholiken und Protestanten. Das gab Ärger und dann einen Kompromiss. Aber man sieht ja gerade: Es sind längst nicht mehr Katholiken und Protestanten, die sich gegenseitig die Fensterscheiben einwerfen.
Manches ist spannend, geht aber unter