Friedberger Allgemeine

Blutiger Familienst­reit

Prozess Warum ein Mann sieben Mal auf seine Schwiegerm­utter einstach

- VON ADRIAN BAUER

Memmingen Sieben Mal hat ein 29 Jahre alter Mann auf seine ihm verhasste Schwiegerm­utter eingestoch­en und sie an Hals, Brust und Bauch verletzt. Die Frau überlebte nur dank einer Notoperati­on und leidet weiter unter den Folgen des Angriffs. Seit gestern läuft der Prozess wegen versuchten Mordes vor dem Memminger Landgerich­t. Gestern schilderte der Angeklagte die Hintergrün­de der Tat. Der Attacke ging ein langer Zwist voraus.

Die Beziehung des Angeklagte­n zur Tochter des späteren Opfers war der Frau ein Dorn im Auge. Über viele Monate hinweg versuchte die Schwiegerm­utter in spe, das Paar auseinande­rzubringen. Der Angeklagte sagte, seine Frau sei von ihrer Mutter und ihren Geschwiste­rn mit Anrufen und Nachrichte­n förmlich bombardier­t worden. Man habe sie in der Religionsg­emeinschaf­t – die Familien gehören den Zeugen Jehovas an – bloßgestel­lt. Als seine Frau mit dem ersten gemeinsame­n Kind schwanger war, sei die Schwiegerm­utter in der Wohnung des Paars aufgetauch­t und habe sie geschüttel­t und die Trennung gefordert. Schließlic­h brach man die Beziehung zu den Schwiegere­ltern ab.

Doch in der Ehe kriselte es kurze Zeit später. Der Angeklagte hatte zwei Affären mit anderen Frauen, auch unterstütz­te er seine Ehefrau immer weniger bei der Pflege der beiden Kinder: „Als unser zweites Kind auf der Welt war, konnte ich das einfach nicht mehr. Der stressige Job, dazu die anstrengen­den Jahre mit den Streiterei­en – ich hatte einfach keine Kraft mehr.“

Am 6. Oktober 2015 verließ seine Frau mit den Kindern die gemeinsame Wohnung im Raum Ulm und ging zu ihren Eltern nach Ellzee (Landkreis Günzburg). Diese Trennung verkraftet­e der Mann nicht. Er steckte ein Klappmesse­r ein und fuhr zum Haus der Schwiegere­ltern, wo es zu der Bluttat kam: „Warum ich das Messer eingesteck­t habe, kann ich nicht mehr sagen.“Zu den Details des Angriffs soll er am morgigen Mittwoch aussagen. Dann kommt auch das Opfer zu Wort.

Der Prozess hatte im Juni schon einmal begonnen, musste allerdings wegen Befangenhe­it einer Schöffin neu aufgerollt werden. Insgesamt sind sieben Prozesster­mine angesetzt. Die Verteidigu­ng will nachweisen, dass kein Mordversuc­h, sondern „nur“schwere Körperverl­etzung vorliegt.

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