Wie die Polizei auf die Spur der Hanfplantage kam
Die zehn Pflanzen waren im Dickicht in Lechhausen versteckt. Doch der „Gärtner“machte fahrlässige Fehler und landete schließlich vor Gericht. Dort allerdings hatte er Glück
Über diese Hanf-Plantage staunte selbst ein als Zeuge geladener Kriminalpolizist: ein verborgener höhlenartiger Zugang im Dickicht, ein längeres Gangsystem, schließlich eine Pflanzfläche, die zur Sonne hin sorgfältig ausgelichtet worden sei. „Die hätten wir selbst dann nicht gefunden, wenn wir eine Beschreibung gehabt hätten“, sagt der Polizist. Zehn Hanfpflanzen wuchsen dort im vergangenen Jahr heran, bis sie im Oktober 2015 geerntet wurden. So sehr er sich beim Anbau seiner Pflanzen gemüht hatte, so fahrlässig ging der Drogenpflanzer anschließend damit um.
Der 50-Jährige flog auf und landete vor Gericht. Dort hatte er Glück: Er hat wieder eine feste Anstellung, arbeitete mit der Polizei zusammen, ließ sich bei der Drogenhilfe beraten und war vor Gericht geständig. Zu einem Jahr und acht Monaten verurteilte das Augsburger Schöffengericht den Mann wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, setzte die Bewährungszeit aber auf vier Jahre fest.
Angefangen hatte es mit dem Rauchen von Kräutern, erklärte der Angeklagte dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Martina Triebel. Es sei eine Abhängigkeit entstanden, er habe zu Marihuana gegriffen. Weil er zuletzt niemanden mehr kannte, wo er seinen Stoff kaufen konnte, beschloss er, den Hanf (als Ausgangspflanze für Marihuana) für sich selbst anzubauen. Aus dem Internet habe er Samen bestellt, im Lechhauser Gewerbegebiet heimlich und gut versteckt eine Freiluft-Pflanzung angelegt. Die Polizei kam ihm dennoch auf die Schliche.
Mehr als einmal hätten sie Hinweise erhalten, dass es im Gang eines Wohnhauses in der Augsburger Innenstadt penetrant nach Rauschgift rieche, erklärte der Kriminalbeamte als Zeuge vor Gericht. Als die Polizisten dort vergangenen November klingelten – es war die Wohnung, in der der Angeklagte lebte – schlug den Ermittlern sofort der charakteristische Geruch entgegen. Ursache: Der 50-Jährige trocknete in seinem Zimmer die Ernte. Die wirkstoffhaltigen Blütendolden hätten in großen Gläsern gelegen, auf dem Tisch und unter dem Bett des Mannes fanden sich die übrigen „rauchbaren“Pflanzenteile. Insgesamt fast 1,2 Kilogramm Material sammelten die Polizisten ein, um es anschließend analysieren zu lassen.
Im Labor wurde eine Gesamtmenge von 18,3 Gramm des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol festgestellt. Weniger, als in professionell gehandelten Pflanzen, aber mehr als genug für eine Anklage wegen „unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“.
Der Angeklagte räumte den Sachverhalt vor Gericht achselzuckend ein. Sein Anwalt Stefan Kasparek legte dem Gericht eine schriftliche Bestätigung der Drogenhilfe Schwaben vor, laut derer sein Mandant dort an Beratungsgesprächen teilgenommen habe. Auch das schriftliche Attest eines Arztes über eine Haarprobe kam zur Verlesung, das zeigte, dass der 50-jährige Angeklagte im vergangenen halben Jahr praktisch keine Drogen mehr konsumiert hatte.
Ein Blick in das Bundeszentralregister fiel weniger positiv aus. Denn bereits zweimal war der Angeklagte wegen illegaler Einfuhr, des Besitzes und des Handelns mit Betäubungsmitteln verurteilt worden. Aufgrund dieses Umstandes und wegen der erheblichen Menge an sichergestellten Betäubungsmitteln forderte Staatsanwalt Andreas Tonn eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Rechtsanwalt Kasparek hielt zwar eine Haftstrafe für angemessen, sie sollte aber zur Bewährung ausgesetzt werden.
Nach Abwägung aller Argumente, die für und gegen den Angeklagten sprachen, kam das Schöffengericht laut Richterin Martina Triebel schließlich zu einem Urteil von einem Jahr und acht Monaten Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Allerdings darf sich der Angeklagte nun vier Jahre lang keine weitere Straftat zuschulden kommen lassen. Zudem muss er 3000 Euro Geldauflage an die Drogenhilfe Schwaben zahlen.
Die Pflanzen waren auch unter dem Bett versteckt