Friedberger Allgemeine

Wie die Polizei auf die Spur der Hanfplanta­ge kam

Die zehn Pflanzen waren im Dickicht in Lechhausen versteckt. Doch der „Gärtner“machte fahrlässig­e Fehler und landete schließlic­h vor Gericht. Dort allerdings hatte er Glück

- VON MICHAEL SIEGEL Foto: Oliver Berg/dpa

Über diese Hanf-Plantage staunte selbst ein als Zeuge geladener Kriminalpo­lizist: ein verborgene­r höhlenarti­ger Zugang im Dickicht, ein längeres Gangsystem, schließlic­h eine Pflanzfläc­he, die zur Sonne hin sorgfältig ausgelicht­et worden sei. „Die hätten wir selbst dann nicht gefunden, wenn wir eine Beschreibu­ng gehabt hätten“, sagt der Polizist. Zehn Hanfpflanz­en wuchsen dort im vergangene­n Jahr heran, bis sie im Oktober 2015 geerntet wurden. So sehr er sich beim Anbau seiner Pflanzen gemüht hatte, so fahrlässig ging der Drogenpfla­nzer anschließe­nd damit um.

Der 50-Jährige flog auf und landete vor Gericht. Dort hatte er Glück: Er hat wieder eine feste Anstellung, arbeitete mit der Polizei zusammen, ließ sich bei der Drogenhilf­e beraten und war vor Gericht geständig. Zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt­e das Augsburger Schöffenge­richt den Mann wegen unerlaubte­n Besitzes von Betäubungs­mitteln, setzte die Bewährungs­zeit aber auf vier Jahre fest.

Angefangen hatte es mit dem Rauchen von Kräutern, erklärte der Angeklagte dem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richterin Martina Triebel. Es sei eine Abhängigke­it entstanden, er habe zu Marihuana gegriffen. Weil er zuletzt niemanden mehr kannte, wo er seinen Stoff kaufen konnte, beschloss er, den Hanf (als Ausgangspf­lanze für Marihuana) für sich selbst anzubauen. Aus dem Internet habe er Samen bestellt, im Lechhauser Gewerbegeb­iet heimlich und gut versteckt eine Freiluft-Pflanzung angelegt. Die Polizei kam ihm dennoch auf die Schliche.

Mehr als einmal hätten sie Hinweise erhalten, dass es im Gang eines Wohnhauses in der Augsburger Innenstadt penetrant nach Rauschgift rieche, erklärte der Kriminalbe­amte als Zeuge vor Gericht. Als die Polizisten dort vergangene­n November klingelten – es war die Wohnung, in der der Angeklagte lebte – schlug den Ermittlern sofort der charakteri­stische Geruch entgegen. Ursache: Der 50-Jährige trocknete in seinem Zimmer die Ernte. Die wirkstoffh­altigen Blütendold­en hätten in großen Gläsern gelegen, auf dem Tisch und unter dem Bett des Mannes fanden sich die übrigen „rauchbaren“Pflanzente­ile. Insgesamt fast 1,2 Kilogramm Material sammelten die Polizisten ein, um es anschließe­nd analysiere­n zu lassen.

Im Labor wurde eine Gesamtmeng­e von 18,3 Gramm des Wirkstoffs Tetrahydro­cannabinol festgestel­lt. Weniger, als in profession­ell gehandelte­n Pflanzen, aber mehr als genug für eine Anklage wegen „unerlaubte­n Besitzes von Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge“.

Der Angeklagte räumte den Sachverhal­t vor Gericht achselzuck­end ein. Sein Anwalt Stefan Kasparek legte dem Gericht eine schriftlic­he Bestätigun­g der Drogenhilf­e Schwaben vor, laut derer sein Mandant dort an Beratungsg­esprächen teilgenomm­en habe. Auch das schriftlic­he Attest eines Arztes über eine Haarprobe kam zur Verlesung, das zeigte, dass der 50-jährige Angeklagte im vergangene­n halben Jahr praktisch keine Drogen mehr konsumiert hatte.

Ein Blick in das Bundeszent­ralregiste­r fiel weniger positiv aus. Denn bereits zweimal war der Angeklagte wegen illegaler Einfuhr, des Besitzes und des Handelns mit Betäubungs­mitteln verurteilt worden. Aufgrund dieses Umstandes und wegen der erhebliche­n Menge an sichergest­ellten Betäubungs­mitteln forderte Staatsanwa­lt Andreas Tonn eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Rechtsanwa­lt Kasparek hielt zwar eine Haftstrafe für angemessen, sie sollte aber zur Bewährung ausgesetzt werden.

Nach Abwägung aller Argumente, die für und gegen den Angeklagte­n sprachen, kam das Schöffenge­richt laut Richterin Martina Triebel schließlic­h zu einem Urteil von einem Jahr und acht Monaten Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Allerdings darf sich der Angeklagte nun vier Jahre lang keine weitere Straftat zuschulden kommen lassen. Zudem muss er 3000 Euro Geldauflag­e an die Drogenhilf­e Schwaben zahlen.

Die Pflanzen waren auch unter dem Bett versteckt

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Eine Hanf-Plantage mitten in Lechhausen war jetzt Thema bei einem Prozess.

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