Das ist die aus dem Radio
Seit einem Monat steht sie mit dem Song „Don’t Be So Shy“an der Spitze unserer Hitparaden. Es ist der Sommerhit. Aber warum? Und wer ist Imany überhaupt?
Höchstwahrscheinlich haben Sie nie zuvor von Imany gehört. Und jetzt ist sie gar nicht mehr aus dem Gehörgang zu kriegen, wenn man nicht alle Radiosender mit Popmusik meidet. Denn ihr beschwingtes „Don’t Be So Shy“– also: Sei nicht so schüchtern – läuft in Dauerschleife und thront seit einem Monat auf Platz eins der deutschen Hitparade. Nachdem er zuvor Frankreich, Italien, Polen und Russland erobert hat. Das nennt auch die Gesellschaft für Konsumforschung Entertainment quasi amtlich: Sommerhit des Jahres.
Wer bei diesem Titel für immer an „Paloma Blanca“und „Ein Bett im Kornfeld“, „Lambada“und „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“denkt, liegt nicht falsch – aber offiziell reicht die Liste jener GfK nur bis 1990 zurück, beginnend mit MC Hammer: „U Can’t Touch This“. Träger: „Bacardi Feeling“(Kate Yanai), „Macarena“(Los del Rio), „Mambo No. 5“(Lou Bega), „The Ketchup Song“(Las Ketchup)… Sie merken: Außer vielleicht Katy Perrys „I Kissed A Girl“2008 und allervielleichtestens noch Culcha Candela mit „Hamma!“im Jahr darauf ist kaum jemand darunter, den man irgendwie in den Nähe des Begriffs Star rücken könnte. Im Gegenteil: Der Sommerhit ist meist ein „One Hit Wonder“, einmaliger Volltreffer. In deren Abfolge ergibt sich eine nahezu unerträgliche Reihe von albernem bis irgendwie weltmusikalischem Trallala. Gute Stimmung und leichte Tanzbarkeit, so definiert die GfK das Rezept – erfüllt in den vergangenen Jahren ausnahmslos von Liedern, die sich Produzenten elektronischer Tanzmusik irgendwelcher netten älteren Songs mit neuen gefälligen Versionen zum Hit aufgeflockt haben. So zuletzt der junge deutsche DJ Felix Jaehn mit „Ain’t Nobody“. Und damit wären wir nun endlich bei Imany. Ihre Aufforderung, nicht so schüchtern zu sein und am besten gleich die Kleider abzulegen, hat nun eben ein Produzentenduo namens Filatov & Karas durch ein sommerliches Remix zum Volltreffer gemacht. Ihre eigenen Lieder im Original taugen eher nicht dazu. Die schöne Französin mit afrikanischen Wurzeln heißt eigentlich Nadia Mladjao, ist 37 Jahre alt und war Fotomodell in New York.
Als sie vor fünf Jahren dann, nach Paris zurückgekehrt, ihr Debüt als Sängerin gab, hörte sich das auf dem Album „The Shape of a Broken Heart“in guten Momenten eher soulig-melancholisch an. Die Form des gebrochenen Herzens im Titel übrigens ist Afrika. Dunkle, sinnliche Stimme jedenfalls, die zu den wenigen enthaltenen Trallala-Songs eher deplatziert wirkt. Und im jetzigen Sommerhit ist eigentlich auch nicht viel davon übrig. Das ist hier ja Konzept. Aber ob es ein gutes Zeichen ist für den Bruch mit der Tradition des One-Hit-Wonders? Der Künstlername Imany bedeutet in der afrikanischen Sprache Swahili so viel wie Glaube, Vertrauen. Na dann: Viel Glück!