Krönender Abschluss
Springreiter-Equipe um „Oldie“Ludger Beerbaum gehört zu den Favoriten
Rio de Janeiro Ludger Beerbaum lehnt lässig an der Metallbarriere in der Mixedzone des Reitstadions von Deodoro. Ein paar Minuten zuvor hat er sich – nicht ganz ernst gemeint – beschwert, dass es keine Sitzgelegenheiten gibt. Er ist ja nicht mehr der Jüngste. Genau genommen mit 52 Jahren der Älteste der deutschen Mannschaft.
Im olympischen Dorf haben er und Marcus Ehning das größere Zimmer der deutschen Springreiter bekommen. „Das hat aber nichts mit dem Alter zu tun. Wir waren einfach zuerst die Treppe oben“, erzählt der Springreiter aus Riesenbeck, für den in Rio de Janeiro eine glanzvolle olympische Karriere enden könnte.
Am vergangenen Montag sind die Springreiter angekommen und haben bei einem Besuch im Deutschen Haus gleich einmal mitbekommen, welchen Eindruck die Reiter der anderen Disziplinen (Vielseitigkeit und Dressur) mit ihren Erfolgen auf die ganze Mannschaft gemacht haben. „Da sprechen sie alle mit Hochachtung von uns.“Den Vielseitigkeits-Goldmedaillengewinner Michael Jung hält Beerbaum sogar für ein Phänomen. „Der reitet in einer eigenen Dimension. Das hätte noch vier Wochen so weitergehen können und er hätte auf drei weiteren Pferden reiten können, der hätte gewonnen. So krass habe ich das noch nicht erlebt.“
Auch Beerbaum ist hoch dekoriert bei Olympia. Viermal gewann er Gold. Die Frage nach dem emotionalen Höhepunkt seit 1988 in Seoul beantwortet er erst mit kurzer Verzögerung. Der gebürtige Detmolder erlebt in Brasilien bereits seine siebten Spiele, da stauen sich einige Erinnerungen an. „Am schönsten war wohl 1992 in Barcelona.“Damals musste er zunächst von seiner in Panik geratenen Stute Classic Touch springen, weil der Zügel gerissen war, einen Tag später gewann er Einzelgold.
In dieser Zeit stellte ihm der Buchloer Fleischunternehmer Alexander Moksel erstklassige Turnierpferde zur Verfügung. Der Kontakt zur Familie Schneider, die in die Geschäftsführung eingebunden war, ist nie abgerissen. „Ralf Schneider hat bei mir in Riesenbeck zwei Pferde untergestellt.“Seit 1995 betreibt Beerbaum in Westfalen seinen eigenen Stall, dank seiner Geldgeber kann er weiterhin talentierte Pferde an die Weltklasse heranführen. Vor einem halben Jahr erwarb Madeleine Winter-Schulze den Fuchswallach Casello für Beerbaum, mit dem er sich für Brasilien qualifizierte.
Beerbaum hat Olympia nicht nur in guter Erinnerung. 2000 in Sydney lieferte er mit Goldfever das Streichergebnis, 2004 erlebte der Fahnenträger der deutschen Mannschaft in Athen einen Tiefpunkt. Da eine Salbe, mit der sein Pferd behandelt worden war, einen damals nicht erlaubten Wirkstoff enthielt, wurde Beerbaum die Mannschafts-Goldmedaille aberkannt. Auch der Abstecher nach Hongkong zu den Reiterspielen der Spiele 2008 in Peking war nicht von Erfolg gekrönt.
Rio de Janeiro soll der krönende Abschluss werden. Am Sonntag beginnt für die deutsche Equipe der Mannschaftswettbewerb über drei Runden. Für Beerbaum ist die USEquipe heißer Kandidat auf Gold. Zu seinen persönlichen Ambitionen hält er sich bedeckt: „Es gibt hier sicher mehr als ein halbes Dutzend Reiter, die mehr Favorit sind als ich.“Es könne aber auch sein, dass Leute auf dem Podium stehen, mit denen keiner gerechnet hat. „Wenn ich dann dabei bin, wäre es nicht schlimm.“Sondern ein gelungener Abschied von der Olympia-Bühne? Beerbaum lacht. Eine eindeutige Antwort gibt er nicht.