Christian Ude glänzt als Erzähler
Der Münchner Ex-Oberbürgermeister unterhält sein Publikum bestens. Seine Geschichten haben Witz, sie rühren aber auch an, einfach herzerfrischend
„Meine sehr verehrten Damen und Herren…“. Der erste Satz aus dem Mund von Münchens Alt-Oberbürgermeister Christian Ude im Biergarten Drei Königinnen klang zwar wie der Beginn einer Wahlrede, doch schon bald sollte der in der Abenddämmerung inspirierend von Harfenistin Stephanie Morgenroth begleitete Vortrag zu einem Happening werden. Ude darf man inzwischen getrost ein „Münchner Original“nennen, das sich biergartentechnisch mit „O’zapft is“bestens und literarisch allerbestens auskennt.
So spannte Ude den weißblauen Himmelsbogen von dem Journalisten und Schauspieler Ernst Hoferichter (1895 - 1966) bis zum türkischen Bürgermeister Ali Kilic in Maltepe, dem asiatischen Stadtteil von Istanbul. Die Freundschaft zu diesem hat ihre Wurzeln im Jahre 1971, als der Journalist Ude mit einem Freund in der Türkei nahe der syrischen Grenze Wölfe auf freier Wildbahn fotografieren wollte. Er fand zwar keine Wölfe, dafür aber Freunde fürs Leben.
Zurück zu Udes Erinnerungen an den Schriftsteller und Schauspieler Ernst Hoferichter, einen Freund der Familie. Von ihm hat er nicht nur Freude am Fabulieren gelernt, sondern besitzt bis heute aus dessen Mitbringseln von Weltreisen ein indonesisches Leichtholzkrokodil und Giftpfeile. Mit Worten kann Ude schnelle Giftpfeile abschießen, die zwar nie tödlich sind, jedoch stets ins Schwarze treffen.
Ausgesprochen pikant-amüsant waren seine Erzählungen von pubertierenden Elefanten, verbunden mit der drohenden Abschiebung zweier Hippos im Tierpark Hella- brunn. Die Lachtränen fingen hier an zu fließen und hatten keine Chance zu versiegen, als Ude von seiner im Körperteil „Mittlerer Ring“äußerst schmerzhaften Begegnung mit dem Pinselohrschwein „Frau Nagel“berichtete, einer „Sau, die hoch hinaus wollte“.
Einen echten „Bärendienst“, so erzählte der Münchner Gast in Augsburg, hatte er der Stadt Lübeck erwiesen. Das dortige Stadtregiment hatte auf der Umsiedlung des Empdie fangs-Bären aus dem Münchner Haus von Thomas und Katja Mann bestanden. Dabei hatte dieser Visitenkarten tragende, ausgestopfte Meister Petz mehr Jahre in der Poschingerstraße in München als in der Mengstraße in Lübeck gestanden. Dank langwieriger bürgermeisterlicher Verhandlungen begrüßt der Bär heute im Literaturhaus München die Besucher und freut sich über jede Visitenkarte.
Am berührendsten war die UdeAbschiedsgeschichte mit den Erinnerungen an seine verstorbene Mutter Renée. Der legendäre bayerische Vorzeigelausbub Ludwig Thoma unterschied sich vermutlich nur unwesentlich von dem Lausbub Christian Ude zu dessen Schülerzeiten am Oskar-von-Miller-Gymnasium (früher Altes Real-Gymnasium). Verweise kamen en masse unfrankiert als Strafzettel ins Ude-Haus geflattert. Aber der Direktor hatte die Rechnung ohne Mutter Ude gemacht. Deren Auftritt in der Sprechstunde des Schulleiters ging in die Annalen des Gymnasiums ein und ist ein Beispiel für echte Muttertierliebe. Herzerfrischend die Erinnerung Christian Udes, der mit seiner Erzählung „Man wacht nicht mehr auf“seiner Mutter eine Liebeserklärung machte.