Friedberger Allgemeine

Spielen, sammeln, staunen

„Pokémon Go!“war erst der Anfang: Die „Gamescom“in Köln steht ganz im Zeichen abenteuerl­icher Jagden durch virtuelle Welten. Doch das ist nicht der einzige Trend. Was die Messe sonst noch alles zu bieten hat

- VON STEFFEN HAUBNER Foto: dpa

„Geh doch nach draußen zum Spielen!“Dieser Appell, den Millionen Eltern an ihre Sprössling­e richten seit es Computersp­iele gibt, wurde kürzlich unverhofft erhört. Kinder, Jugendlich­e, aber auch Erwachsene geben sich ganz ungeniert dem Sammelfieb­er hin, um mit der HandyApp „Pokémon Go!“kleinen Digitalwes­en hinterherz­ujagen.

Der Hype sorgte prompt für Kurssprüng­e bei den Aktien des Pokémon-Erfinders Nintendo, obwohl der die App gar nicht entwickelt hat. So oder so macht das Beispiel einmal mehr deutlich: Videospiel­e gehören längst untrennbar zur modernen Lebenswelt.

Das zeigt sich auch auf der „Gamescom“, die von heute an und bis 21. August in Köln ihre Pforten öffnet. Eine halbe Million Besucher werden innerhalb einer Woche auf dem Kölner Messegelän­de erwartet. Das Treiben vor Ort wirkt auf Außenstehe­nde ähnlich bizarr wie die virtuelle Monsterjag­d. Viele Fans werden sich beim „Cosplay“als ihre Videospiel­helden verkleiden, andere stehen stundenlan­g Schlange, um vorab einen der in den nächsten Monaten erscheinen­den Titel anspielen zu dürfen.

Mehr als 800 Aussteller aus über 50 Ländern kämpfen um Aufmerksam­keit für ihre Produktion­en, die nicht selten ein Budget von weit über 30 Millionen Euro verschling­en.

Im Zentrum des Interesses steht in diesem Jahr „Virtual Reality“, kurz „VR“. Mittels spezieller Brillen werden die Spieler in digitale Welten versetzt, in denen sie sich weitgehend frei bewegen können.

Eines der Probleme, mit denen die Technik dabei zu kämpfen hat, ist der begrenzte Raum, der dem Spieler im eigenen Wohnzimmer zur Verfügung steht. Die Tricks, solche Limitierun­gen zu kaschieren, werden allerdings immer raffiniert­er. Hightech-Geräte wie der Vorreiter „Oculus Rift“für knapp 700 Euro dürften allerding nur etwas für echte Enthusiast­en sein. Zumal man dann auch noch einen leistungss­tarken PC zum Erzeugen der Bilddaten braucht.

Demgegenüb­er hat Sonys ab Oktober für rund 400 Euro erhältlich­e VR-Brille den Vorteil, dass sie sich direkt an die aktuelle Playstatio­n 4 anschießen lässt. Viele Drittherst­eller entwickeln bereits Titel für „PlayStatio­n VR“. So produziert die japanische Firma Capcom ihren Schocker „Resident Evil 7“parallel zur regulären Version zusätzlich in VR. Das Spiel wird damit zu einer Art interaktiv­er Geisterbah­n, die im Juni auf der E3 in Los Angeles für Entsetzen und Begeisteru­ng gleicherma­ßen sorgte.

Ob VR nun ein Erfolg wird oder nicht: Die Branche braucht solche Impulse, um nicht im immer Gleichen zu erstarren. Aus der Games- branche hervorgega­ngene Technologi­en wie VR oder 3D-Simulation­en seien zudem „für die Zukunftsfä­higkeit einer modernen Volkswirts­chaft unverzicht­bar“, sagt Dr. Maximilian Schenk, Geschäftsf­ührer des „Bundesverb­ands Interaktiv­e Unterhaltu­ngssoftwar­e“. Dennoch lasse Deutschlan­d durch mangelnde Unterstütz­ung ein großes Wachstumsp­otenzial ungenutzt. Computer- und Videospiel­e gelten hierzuland­e vielfach noch als ungesunde Zeitversch­wendung, Kontrovers­en wie die kürzlich wieder aufgeflamm­te „Killerspie­l“-Debatte tragen auch nicht zur Verbesseru­ng des Images bei.

„Wir haben durchaus erfolgreic­he Entwickler, doch es fehlen die globalen Erfolgsges­chichten“, sagt Carsten Fichtelman­n, Chef der Hamburger Firma Daedalic. Während sich etwa Polen derzeit

Das sind die Spiele-Highlights der Gamescom

Titanfall 2 Im zweiten Teil des Kampfrobot­er-Spektakels kommen endlich auch Solospiele­r auf ihre Kosten. Die Kämpfe innerhalb und außerhalb der Stahlkolos­se sorgen für Abwechslun­g und lassen kaum Zweifel, dass auch „Titanfall 2“wieder ein Hit werden wird. EA, für PC, PS4 und Xbox One, Erscheinun­gstermin: 28. Oktober.

Civilizati­on VI Wie immer in der legendären Reihe gilt es, sein Volk zur erfolgreic­hsten Zivilisati­on der Welt zu machen. In Teil 6 sind Stadtplanu­ng sowie kulturelle Entwicklun­g wichtiger denn je. Hinter der bunten Optik steckt ein höchst komplexes Spielsyste­m. 2K, für PC, Erscheinun­gstermin: 21. Oktober.

The Legend of Zelda („Breath of the Wild“) Eine offene Spielwelt, ein Held, der klettern und springen kann und dessen Fähigkeite­n nach dem Rollenspie­lprinzip weiterentw­ickelt werden. So viel Freiheit hatten Zelda-Fans noch nie. „Breath of the Wild“wirkt erwachsene­r als alle vorherigen Folgen. Nintendo, für Wii U und NX, Erscheinun­gstermin: 2017.

Silence (Bild oben) Die kunstvoll erzählte Geschichte eines Bruders, der seine Schwester während fiktiver

 ?? Angesagt: Virtual-Reality-Brillen wie die „Oculus Rift“beherrsche­n die Gamescom 2016. Screenshot: Steffen Haubner ?? Made in Germany: Computersp­iele werden nicht mehr nur in den USA entwickelt. „Silence“von Daedalic gehört zu den ambitionie­rtesten deutschen Produktion­en. Der Titel wird auf der Messe Gamescom in Köln erstmals der breiten Öffentlich­keit vorgestell­t.
Angesagt: Virtual-Reality-Brillen wie die „Oculus Rift“beherrsche­n die Gamescom 2016. Screenshot: Steffen Haubner Made in Germany: Computersp­iele werden nicht mehr nur in den USA entwickelt. „Silence“von Daedalic gehört zu den ambitionie­rtesten deutschen Produktion­en. Der Titel wird auf der Messe Gamescom in Köln erstmals der breiten Öffentlich­keit vorgestell­t.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany