Rollende Rendite mit Risiko
Ein Oldtimer kann mehrere hunderttausend Euro wert sein. Aber sind die alten Autos wirklich als Geldanlage geeignet?
Der klassische Oldtimer-Fan hat einen starken emotionalen Bezug zu seinem Fahrzeug. Oft handelt es sich um einen spät verwirklichten Kindheitstraum auf Rädern. Zu den Nostalgikern der alten Schule gesellen sich heute immer mehr Menschen, die sich weder an der Ästhetik der klassischen Formensprache erfreuen noch den Spaß zu schätzen wissen, gemächlich in einer rollenden Zeitmaschine auf der Landstraße unterwegs zu sein. Die neue Klientel auf dem Markt für Fahrzeuglegenden betrachtet Oldtimer nüchtern – als Geldanlage. Nullzinspolitik und Finanzkrisen fördern die Flucht in Sachwerte. Neben Aktien, Gold und Immobilien spielen dabei nostalgische Autos eine zunehmende Rolle. Immerhin sind manche von ihnen mehrere hunderttausend Euro wert. Auf der anderen Seite sind Pflege und Restauration extrem aufwendig.
Die Oldtimer-Szene rümpft die Nase über diese Entwicklung. „Ein Auto wurde gebaut, um zu fahren“, weiß Peter Frey. „Wenn es nur rumsteht, leiden viele Teile darunter.“Der 64-Jährige ist der Vorsitzende des Oldtimer-Clubs Augsburg. Gegründet hat er diesen Zusammenschluss von Männern und Frauen mit Benzin im Blut 1982 gemeinsam mit seinem Freund Werner Petrak. Seinerzeit fand ein Dutzend Oldtimer-Fans Unterschlupf in einer Scheune, heute verfügen die 45 Mitglieder über eine Werkstatt in einem Industriepark.
Seit etwa fünf Jahren steigen die Preise für klassische Fahrzeuge permanent. Manche Modelle haben ihren Wert in dieser kurzen Zeitspanne bereits verdoppelt. „Investoren, die mit Oldtimern spekulieren, verderben den Markt, weil die Preise völlig überzogen in die Höhe getrieben werden“, findet Joachim Frank. Der 55-jährige Beamte im öffentli- chen Dienst ist Mitbegründer der Interessengemeinschaft Freunde alter Fahrzeuge Augsburg Stadt und Land. Frank ist überzeugt, dass dieser Hype wieder nachlassen wird, „spätestens, wenn die Zinsen wieder ansteigen“.
Er sieht das gelassen: „Dass die Autos von Jahr zu Jahr mehr Geld wert sind, ist für mich lediglich ein angenehmer Nebeneffekt. Mir bereitet es Freude, wenn ich an einem alten Fahrzeug etwas selbst reparieren kann.“
Hervorragende Preise erzielt nur ein fahrbereites Mobil in gutem Zustand mit lückenlosen Papieren. Dabei ist ein gut erhaltenes Fahrzeug in Originalzustand für Sammler interessanter als ein gut restauriertes. So weit die Theorie. In der Praxis ist der Oldtimer-Markt jedoch voller Überraschungen.
„Niemand kann heute mit Gewissheit sagen, was in zehn oder gar 20 Jahren ein gesuchter Oldtimer sein wird“, so Günter Weinhold aus Augsburg. Der Zweite Vorsitzende der Oldtimerfreunde Königsbrunn sammelt historische Motorräder und kennt die Unvorhersehbarkeit des Marktes. Umso wichtiger ist es, sich intensiv mit der Materie vertraut zu machen.
Die Garagengoldsucher stöbern in Oldtimerzeitschriften, Tageszeitungen und auf Internet-Plattformen wie Ebay. Auch ein Besuch auf Oldtimer-Märkten und in Autohäusern, die Klassiker in Kommission ausstellen, lohnt sich. So bekommt man ein Gespür dafür, ob das eigene Wunschauto in den Augen anderer eher ein Alltagsfahrzeug ist oder Begehrlichkeiten weckt. Rat suchen kann man auch bei Sachverständigen wie Classic Data.
„Die Traumwagen von gestern sind das Garagengold von morgen“, erklärt Classic-Data-Pressesprecher Marius Brune (49). Derzeit zeigt sich ein auffallendes Interesse an sportlichen Autos der 80er Jahre. Wer beim Stichwort Oldtimer an motorisierte Kutschen wie aus Charlie-Chaplin-Filmen denkt, fällt auf ein Klischee herein: Um das H-Kennzeichen zu bekommen, welches einem Fahrzeug die Anerkennung als Kulturgut und seinem Besitzer Vorteile bei den Versicherungskosten und der Kfz-Steuer beschert, muss ein Fahrzeug lediglich 30 Jahre alt und weitestgehend im Originalzustand sein. Der VW Golf 1 GTI beispielsweise ist bereits alt genug, um als Oldtimer anerkannt zu werden.
Der Oldtimer-Markt ist wie der Aktienmarkt von Schwankungen betroffen: Nach starken Wertsteigerungen kann selbst bei begehrten Modellen die Stagnation folgen. Andere Modelle wiederum werden überraschend begehrt, die selbst Experten nicht auf dem Schirm hatten. Den wahren Oldtimer-Fans kann das egal sein, denn sie teilen die Einstellung von Marius Brune: „Abseits von nüchternen Zahlen ist die Freude am Fahren eines Autos, das einem gefällt, bereits ein Gewinn.“Spannender als ein Konto ohne Zinsen ist so ein Sportwagen oder ein Retro-Mobil mit nostalgischem Charme auf alle Fälle.