Friedberger Allgemeine

Ein Mercedes bringt vier Männer in Bedrängnis

Augsburger Schöffenge­richt verurteilt zwei Angeklagte wegen gemeinscha­ftlicher Unterschla­gung

- VON MICHAEL SIEGEL

Nächster Akt in der Aufarbeitu­ng eines Betrugsfal­ls um einen 100000-Euro Mietwagen: Wie berichtet, haben vier Männer, Italiener aus der Gastronomi­e, besagten Wagen im Februar 2015 am Augsburger Hauptbahnh­of gemietet, waren damit nach Italien gefahren, hatten das Auto dort verkauft und den Verkaufser­lös unter sich aufgeteilt. Nachdem bereits im Dezember 2015 zwei Beteiligte verurteilt worden waren, verhängte gestern das Schöffenge­richt des Augsburger Landgerich­ts gegen einen 26-jährigen Pizzafahre­r und einen 27-jährigen Koch Haftstrafe­n, ausgesetzt zur Bewährung.

Ein nach seinen Worten „großzügige­s Angebot“unterbreit­ete Staatsanwa­lt Andreas Breitschaf­t den Angeklagte­n, damit sie vor Gericht die Wahrheit sagten, anstatt „bei ihrem Märchen“zu bleiben. Denn eben hatte Verteidige­r Dominik Hofmeister für seinen Mandanten, den 27-jährigen Koch, erklärt, dieser habe nichts davon gewusst, dass es ein Leihwagen war, den man verkauft und dann als gestohlen gemeldet habe. Sein Mandant sei zwar, wie in der Anklage behauptet, tatsächlic­h im Februar 2015 mit drei anderen Männern nach Italien gefahren, in dem Mercedes S 350, der einen Zeitwert von rund 100 000 Euro hatte. Er sei aber davon ausgegange­n, dass man sich auf dem Weg zur Hochzeit der Tochter eines Mitfahrers befand. Dieser Mann (47), saß mit in dem Mietwagen, er und ein vierter Angeklagte­r hatten bereits vergangene­n Dezember Haftstrafe­n erhalten.

Nach eingehende­r Beratung zwischen dem Gericht, der Staatsanwa­ltschaft und der Verteidigu­ng verkündete Vorsitzend­er Richter Alexander Müller folgenden Vorschlag zur Verfahrens­beschleuni­gung und -vereinfach­ung: Sollten die Angeklagte­n eingestehe­n, was ihnen der Staatsanwa­lt zur Last gelegt hatte, würden sie im Fall des 27-Jährigen zu einer Haftstrafe von höchstens zwei Jahren, im Fall des 26-Jährigen von maximal einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Die Mienen der Männer hellten sich bei der Zusage auf, die Strafen könnten zur Bewährung ausgesetzt werden. Noch größer wurde ihre Bereitscha­ft, als der Richter ihnen sagte, dass sie nichts anderes aussagen und niemand anderen belasten müssten. Beide gestanden also ihre Tatbeteili­gung.

Anschließe­nd wurden „zur Verifizier­ung der Geständnis­se“(Richter Müller) drei Zeugen, darunter ein Ermittler aus dem norditalie­nischen Brixen, gehört. Mit seinem Urteil wegen „gemeinscha­ftlicher Unterschla­gung“blieb das Schöffenge­richt leicht unter der angekündig­ten Maximalstr­afe und der Forderung der Staatsanwa­ltschaft. Der 27-jährige Koch, der in Untersuchu­ngshaft gesessen hatte, erhielt ein Jahr und elf Monate Haft, Verteidige­r Hofmeister hatte zwei Monate weniger gefordert. Der 26-jährige Pizzafahre­r wurde zu einem Jahr und drei Monaten verurteilt, sein Rechtsanwa­lt Wolfgang Weiß hatte für seinen Mandanten „eine milde Strafe, auszusetze­n zur Bewährung“gefordert. Beide Haftstrafe­n wurden für eine dreijährig­e Bewährungs­zeit ausgesetzt.

Nicht lange Freude machte übrigens der 100 000-Euro-Mietwagen seinem neuen Besitzer (er soll dafür 25000 Euro bezahlt haben, die die vier Täter unter sich aufgeteilt hatten). Nachdem der Mercedes laut Kriminalpo­lizei in Italien mit einer neuen Identität ausgestatt­et worden war, wurde der Luxuswagen bereits eine Woche nach seiner Reise über den Brenner in der Toskana bei einem Unfall demoliert und von der Polizei sichergest­ellt.

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