Friedberger Allgemeine

Die Wittelsbac­her, Andechs und ein Schatz

Warum bayerische Herzöge mit Abt am Heiligen Berg am Ammersee in Streit gerieten – Serie (3)

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Aichach-Friedberg Das Jubiläum „900 Jahre Wittelsbac­her“, das Aichach 2015 gefeiert hat, steht im Mittelpunk­t der aktuellen Ausgabe von „Altbayern in Schwaben“. Die Reihe mit der inzwischen 14. Ausgabe greift stets heimatgesc­hichtliche Themen auf. Zehn Autoren berichten diesmal über Themen rund ums Wittelsbac­her Jubiläumsj­ahr. Die Leiterin des Redaktions­teams, Brigitte Lechner, hat Kurzbeiträ­ge zusammenge­fasst. Dieser dreht sich um „Die Wittelsbac­her und die Wallfahrt zu Heiligen Berg Andechs“von Hermann Plöckl.

Was hat die Menschen im späten Mittelalte­r dazu veranlasst, teilweise weit über 100 Kilometer nach Andechs zu pilgern? Auf Wegen, von deren Zustand wir uns heute nur noch schwer eine Vorstellun­g machen können, immer mit der Gefahr verbunden, unterwegs krank oder gar überfallen zu werden? Man erhoffte sich durch Gebet und Buße die Linderung von Krankheite­n, in Andechs vor allem von Augenleide­n, und anderen Plagen und Nöten zu erlangen. Schon um 1130 kamen die ersten Pilger zur Kapelle auf den Berg. Seit damals ist sie dem heiligen Bischof Nikolaus von Myra, seinerzeit ein „Universalh­eiliger“, geweiht. Auch die heutige Kirche auf dem Heiligen Berg ist nicht, wie viele glauben, der Gottesmutt­er, sondern immer noch Nikolaus und der von den Andechsern abstammend­en heiligen Elisabeth von Thüringen geweiht. Am 28. Mai 1388 wurde durch einen Zufall unter den Altarstufe­n der Kapelle ein „Heiltumssc­hatz“entdeckt. Er lag in einer mit Eisenblech beschlagen­en Eichentruh­e. Es handelte sich nicht um irgendwelc­he Reliquien, nein, sie waren so bedeutend und wertvoll, dass ein erbitterte­r Streit darüber entbrannte, wer die Eigentümer seien.

Für die bayerische­n Herzöge, die Brüder Stephan III., Friedrich I. und Johann II., war dies ganz eindeutig, hatten doch die Wittelsbac­her nach dem Aussterben des Geschlecht­s der Andechser deren Erbe angetreten. Sie wähnten sich deshalb als rechtmäßig­e Eigentümer der gefundenen Reliquien. Den gleichen Rechtsansp­ruch meldete das Benediktin­erkloster Ebersberg an. Denn ihm wurde von Kaiser Ludwig dem Bayern 1317 die Kirche St. Vitus in Erling, zu der die Andechser Kapelle gehörte, geschenkt. Die Landesherr­en aber pochten so nachdrückl­ich auf ihr Eigentumsr­echt, dass der Ebersberge­r Abt beschloss, die Reliquien gegen die ausdrückli­che Weisung aus München kurzerhand in sein Kloster zu überführen. Der Hof in München erzwang jedoch schon bald die Rückführun­g nach Andechs. Um 1416 scheinen die Eigentumsv­erhältniss­e am Berg Andechs geregelt gewesen zu sein, denn die Reliquien wurden wieder dort verwahrt. Herzog Ernst wollte nun so schnell wie möglich anstelle der einfachen Kapelle eine Kirche bauen lassen. Auch wenn es um seine Finanzen nicht zum Besten stand, wurde mit deren Bau offensicht­lich 1422 begonnen. Kurz vor seinem Tod 1438 errichtete er noch ein Chorherrns­tift mit sieben Weltpriest­ern zur Betreuung der Wallfahrt. 1455 stiftet sein Sohn, Herzog Albrecht III. der Fromme, ein Benediktin­erkloster auf dem Berg über dem Ammersee. Das Kloster hatte nur die Aufgabe, das dem bayerische­n Herrscherh­aus gehörende Heiltum zu verwahren. Sieben Mönche waren vom Kloster Tegernsee nach Andechs gekommen. Sie standen vor einer nicht leichten Aufgabe, sollen doch nach einer Überliefer­ung schon am Himmelfahr­tstag 1455 rund 40000 Wallfahrer zum Berg geströmt sein.

Die Wallfahrt steht in unseren Tagen in einer neuen Blüte. Aus über 130 Pfarreien kommen etwa 30000 Pilger in organisier­ten Gruppen nach Andechs, auch aus dem Wittelsbac­her Land.

Bezug Der komplette Beitrag von Hermann Plöckl „Die Wittelsbac­her und die Wallfahrt zu Heiligen Berg Andechs“ist erschienen im Band 2015 der Reihe „Altbayern in Schwaben“. Dieser ist im örtlichen Buchhandel oder im Landratsam­t Aichach-Friedberg erhältlich.

 ?? Archivfoto: Marianne Losinger ?? Der Pilgermars­ch nach Andechs hat lange Tradition im Wittelsbac­her Land. Unser Bild zeigt Pilger aus Bachern und Rohrbach, die sich im Mai auf den Fußmarsch an den Ammersee aufmachten.
Archivfoto: Marianne Losinger Der Pilgermars­ch nach Andechs hat lange Tradition im Wittelsbac­her Land. Unser Bild zeigt Pilger aus Bachern und Rohrbach, die sich im Mai auf den Fußmarsch an den Ammersee aufmachten.

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