Hrubesch will sein letztes Finale genießen
Fußball Am heutigen Samstag um 22.30 Uhr greifen die deutschen Fußballer nach Gold. Sie strotzen vor Selbstvertrauen. Ihr Trainer hat in seinem Abschiedsspiel nur vor einem Angst – und das hat nichts mit Gegner Brasilien zu tun
Rio de Janeiro Als Horst Hrubesch am Donnerstag das Maracanã-Stadion in Rio betrat, fand er eine ihm weitgehend unbekannte Arena vor. Sie ist für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 umgebaut worden und entspricht deshalb nicht mehr jenem Rund von 1982, als das „KopfballUngeheuer“hier mit der FußballNationalmannschaft gegen Brasilien spielte. „Es war heiß, ich bekam auf dem Platz kaum Luft, aber es war ein Erlebnis.“Trotz des 0:1. Auf einen besonderen Abend können sich nach Meinung von Trainer Hrubesch auch seine Spieler der U-21-Auswahl freuen. „Was kann es denn Schöneres für einen jungen Spieler geben als ein Olympia-Endspiel gegen Brasilien im Maracanã zu bestreiten“, meint der 21-fache Nationalspieler vor dem heutigen Finale (22.30 Uhr).
Als Hrubesch vor einigen Wochen das Projekt Olympia in Angriff nahm, hatte er keine freie Auswahl. Es gab Vereine, die gaben ihre Spieler nicht für den Brasilien-Ausflug frei. Hrubesch hatte kein Problem damit, die Richtigen zu finden. „Ich kenne diese Profis teilweise seit sie 16 waren.“Der frühere Mittelstürmer weiß, was sie können. „Die einzige Frage war, in welchem Fitnesszustand wir sie nach dem Urlaub bekommen. Wir wussten, dass alle Fußball spielen können, wir uns aber zusammenraufen müssen. Hauptsache, es macht Spaß.“
Daran gab es keinen Zweifel. 21 Tore in fünf Partien mit drei Siegen und zwei Unentschieden zeigen, dass der ehemalige Angreifer Hrubesch offensiv spielen lässt. „Daran wird sich auch gegen Brasilien nichts ändern. Wir haben was erreicht, was uns keiner zugetraut hat, wir können nur noch gewinnen“, ist der 65-jährige Hrubesch vor seinem Abschiedsspiel überzeugt. Wie er Barcelona-Star Neymar begegnen werde, fragen ihn brasilianische Journalisten. „Wir spielen nicht gegen Neymar, sondern gegen Brasi- lien.“Sollen sich doch lieber Neymar und Co. überlegen, wie sie die treffsicheren deutschen Stürmer bremsen wollen. „Bei uns macht sich keiner Gedanken, ob wir dieses Spiel gewinnen können. Wir wissen, dass wir es gewinnen wollen.“
Es gefällt dem ehemaligen Vizeweltmeister und Europameister Hrubesch, was er da in den vergangenen Tagen zusammengebastelt hat. Erfahrene Spieler wie die Bender-Zwillinge Lars und Sven (Leverkusen/Dortmund) oder der Freiburger Nils Petersen, die in der Liga schlecht weggekommen seien, ha- ben sich der Jungen angenommen und eine positive Gegenreaktion bekommen. „Wir alle harmonieren, wir alle wollten dieses Spiel, jetzt haben wir es“, freut sich Hrubesch.
Nicht ganz so spaßig findet es der gebürtige Westfale, der mit Hamburg den Europapokal der Landesmeister gewann, wenn die Partie von den Brasilianern zur großen Revanche für das deutsche 7:1 im WM-Halbfinale vor zwei Jahren hochgeschaukelt wird. „Wir haben mit Sportdirektor Hansi Flick und Matthias Ginter aus Dortmund zwei Weltmeister dabei. Sie sind uns eine große Hilfe, aber über das 7:1 haben wir uns noch nicht unterhalten.“Lieber spricht er darüber, wie er sich den modernen Fußball vorstellt. „Wir kamen 1982 allein über die Physis, heute brauchst du gute Technik, gute Einzelspieler, guten Teamspirit.“Einigen Jungprofis wie Julian Brandt (Leverkusen) oder Lukas Klostermann (Leipzig) traut er den Sprung in die A-Mannschaft von Joachim Löw zu. „Dieser Aufstieg hat doch schon in den vergangenen Jahren gut funktioniert.“
Dass er heute sein letztes Spiel als Bundestrainer bestreitet, sieht er „mit einem weinenden und zwei lachenden Augen“. Er habe sich vor drei Jahren bewusst für diese Ehrenrunde mit der Olympiamannschaft entschieden. „Jetzt bin ich froh, dass wir es bis hierher geschafft haben.“Hrubesch will den Augenblick genießen, nur eines nach Möglichkeit vermeiden: Dass ihn seine Spieler beim Feiern in die Luft werfen wie seinen Vorgänger beim Gewinn der Bronzemedaille 1988. „Als das schon einmal einer versucht hat, konnte ich ein paar Tage nicht richtig gehen. Da ist mir die Bierdusche schon lieber.“