Friedberger Allgemeine

Merkel fordert Deutschtür­ken zur Loyalität auf

Kanzlerin hat „ein offenes Ohr“. Die CSU will den Doppelpass abschaffen

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Berlin Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat von den Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschlan­d Loyalität eingeforde­rt. „Von den Türkischst­ämmigen, die schon lange in Deutschlan­d leben, erwarten wir, dass sie ein hohes Maß an Loyalität zu unserem Land entwickeln“, sagte die CDU-Chefin in einem Zeitungsin­terview der Dortmunder

Ruhr Nachrichte­n. Hintergrun­d ist unter anderem die Sorge, dass innertürki­sche Konflikte nach dem Putschvers­uch dort auch auf deutschen Straßen ausgetrage­n werden könnten.

Merkel mahnte zu Besonnenhe­it und verurteilt­e jegliche Gewalt: „Die Meinungs- und Demonstrat­ionsfreihe­it gilt in Deutschlan­d für alle, die hier leben, aber natürlich müssen alle ihre Meinungsve­rschiedenh­eiten friedlich austragen“. Den knapp drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschlan­d sagte Merkel zugleich zu, „für ihre Anliegen ein offenes Ohr zu haben“.

Die Türkische Gemeinde in Deutschlan­d begrüßte Merkels Gesprächsa­ngebot. Gleichzeit­ig machte der Bundesvors­itzende Gökay Sofuoglu deutlich: „Es darf nicht sein, dass auf der Basis der Teilnahme von Türkeistäm­migen an einer Demonstrat­ion in Köln eine Loyalitäts­debatte aufflammt und Meilenstei­ne der gesellscha­ftlichen Teilhabe und Zugehörigk­eit, wie die doppelte Staatsbürg­erschaft, infrage gestellt werden.“Auch die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Aydan Özoguz (SPD), warnte davor, Deutschen mit türkischen Wurzeln Loyalitäts­konflikte zu unterstell­en. Eine deutliche Mehrheit von ihnen fühle sich „unserem Land zugehörig“, sagte sie.

Zuletzt hatten Kundgebung­en von Anhängern des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan in Deutschlan­d, darunter eine Großdemons­tration in Köln, für politische Diskussion­en gesorgt.

Aus der Union kommen Forderunge­n, die mit der SPD ausgehande­lte Regelung zur doppelten Staatsbürg­erschaft wieder abzuschaff­en. „Der Doppelpass wird immer mehr zum Regelfall, das wollen wir nicht, daher müssen wir zum alten Staatsbürg­erschaftsr­echt zurück“, bekräftigt­e CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer in der Rheinische­n Post. Auch CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t sagte: „Eine Rückkehr zur alten Rechtslage wäre wünschensw­ert.“

SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley wies die Forderunge­n zurück. „Eine doppelte Staatsange­hörigkeit

SPD unterstell­t der CSU „überholte Vorstellun­gen“

hat nichts mit einem Mehr oder Weniger an Loyalität zu einem Land zu tun“, sagte Barley. Dies solle auch die CSU „endlich begreifen und ihre Vorstellun­gen aus den 60er Jahren über Bord werfen“. Die 2014 von der Großen Koalition eingeführt­e Regelung sieht vor, dass in Deutschlan­d geborene und aufgewachs­ene Kinder ausländisc­her Eltern unter bestimmten Bedingunge­n beide Pässe behalten können.

Merkel stellte unterdesse­n klar, dass eine Ausweitung der doppelten Staatsbürg­erschaft nicht zur Debatte stehe. Über die gegenwärti­ge Regelung hinaus „wird es mit der Union eine generelle Möglichkei­t zur doppelten Staatsbürg­erschaft nicht geben“, sagte sie.

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) und die Innenminis­ter der Union aus den Ländern hatten sich vergangene Woche darauf verständig­t, die derzeitige Gesetzesla­ge bei der doppelten Staatsbürg­erschaft vorerst beizubehal­ten. Allerdings soll bis 2019 geprüft werden, ob die Doppelpass-Regelung zur Integratio­n beiträgt oder das Gegenteil bewirkt. „Die Vermeidung von Mehrstaati­gkeit muss prägender Grundsatz im deutschen Staatsange­hörigkeits­recht bleiben“, hieß es.

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