Kirchturmdenken ade
Internetseite, Jugendarbeit, Bürgerservice, Bauhof. Auf vielen Gebieten arbeiten Zöschingen, Bachhagel und Syrgenstein schon zusammen. Und es ist noch einiges geplant
Syrgenstein Als die Heiligen Drei Könige wurden sie schon bezeichnet, weil sie so oft im Dreierpack unterwegs sind. Doch Ingrid Krämmel, Tobias Steinwinter und Bernd Steiner sind nicht im Morgenland zu finden, sondern im Bachtal im Landkreis Dillingen. Hier, an der Grenze zu Baden-Württemberg, sitzen die drei als Bürgermeister von Bachhagel, Zöschingen und Syrgenstein im Chefsessel. Allerdings in den seltensten Fällen in ihrem eigenen Rathaus, sondern meistens im Gebäude der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Syrgenstein.
Vor 38 Jahren wurde die gegründet. Verwaltungsgemeinschaften gibt es auch anderorts in Bayern. Doch die im Bachtal ist eine ganz besondere. Denn dort nutzen die Gemeinden seit Jahren, wo es nur geht, Synergieeffekte. Anstatt argwöhnisch auf den Nachbarn zu schauen und sich auf den eigenen Kirchturm zu fokussieren, arbeiten die drei eigenständigen Kommunen in vielen Bereichen eng zusammen. Und zwar so gut, dass die Integrierte Ländliche Entwicklung Syrgenstein dafür kürzlich den Sonderpreis des Bayerischen Staatspreises bekommen haben.
Begonnen hat alles mit einer revolutionären Entscheidung. 2008 fiel der Beschluss, einen gemeinsamen Bauhof einzurichten und die Kräfte zu bündeln. 2010 wurde der neue Bauhof, dessen Mitarbeiter für alle drei Orte im Einsatz sind, eingeweiht. Es läuft gut, wie der VGVorsitzende Bernd Steiner sagt. So gut, dass schon zahlreiche andere Gemeinderäte vorbeigekommen sind, um sich anzuschauen, wie so eine Kooperation aussehen kann.
Nur selbst durchgezogen haben es dann die wenigsten. Dabei, sagt Tobias Steinwinter, Bürgermeister der kleinsten Mitgliedsgemeinde Zöschingen, habe die Zusammenarbeit große Vorteile: „Alleine hätten wir uns solche Geräte wie jetzt nie leisten können“, sagt er. Ähnlich ist das auch mit der Gemeindehalle für drei Millionen Euro. Die wurde 2015 im 737-Seelen-Ort Zöschingen eingeweiht. Weil sie von allen drei Gemeinden genutzt wird, gab es dafür einen hohen Fördersatz. „Ansonsten hätten wir das finanziell nie stemmen können“, sagt Steinwinter. Natürlich ist der finanzielle Vorteil einer der Gründe für den engen Schulterschluss im Bachtal. Als Einheit lassen sich Fördertöpfe viel leichter anzapfen.
Für Bernd Steiner ist die Zusammenarbeit auch der einzige Weg, wie sich ländliche Gemeinden im Konkurrenzkampf mit den Städten behaupten können: „Viele haben es noch nicht kapiert, dass es nichts bringt, wenn man isoliert vor sich hin wurschtelt.“Im Bachtal aber blieb es nicht beim gemeinsamen Bauhof. Es folgte ein gemeindeübergreifender Bürgerservice, über den Senioren Helfer zum Fensterputzen oder Rasenmähen bestellen können. Die Kommunen haben eine gemeinsame Internetseite, einen gemeinsamen Jugendpfleger und ein Immobilienportal im Internet. Auf der Seite können potenzielle Käufer und Mieter nach einer neuen Bleibe suchen. Jedes eingestellte Objekt hat vorher einen professionellen Bestandscheck durchlaufen. Auch das ist so eine Idee, die Nachahmer angelockt hat. Sogar die Stadt Augsburg hat sich gemeldet.
Doch es geht noch mehr: In Planung ist ein einheitliches Schildersystem, das den richtigen Weg weist. Auch ein interkommunales Gewerbegebiet mit einem Gründerpark steht auf der Wunschliste. Damit wollen die drei Kommunen junge Unternehmer anlocken, die sich langsam etwas aufbauen wollen. Selbst eine gemeinsame Wohnungsbaugenossenschaft ist angedacht. So viele Ideen für gemeinsame Projekte gibt es, dass die Verwaltung mittlerweile an ihre Kapazitätsgrenze gelangt ist. Deshalb, meinen die drei Bürgermeister, wird es mit deren Verwirklichung wohl noch ein Weilchen dauern.
Als kürzlich die Staatspreisjury da war, da stellte der Vorsitzende die Frage, ob die Bachtalgemeinden denn nicht die Sorge hätten, dass jemand auf die Idee kommen könnte, die drei Orte zu einer Großgemeinde zu verschmelzen. Das, sagt Bürgermeister Bernd Steiner, wäre rein verwaltungstechnisch gar kein allzu großer Schritt mehr – und hätte deswegen auch keinen Vorteil.
Die VG Syrgenstein
Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Syrgenstein wurde 1978 gegründet. In ihr sind die selbstständigen Gemeinden Syrgenstein, Bachhagel und Zöschingen zusammengefasst. Zusammen haben sie 6618 Einwohner. Sie liegen im äußersten Nordwesten des Landkreises Dillingen, unmittelbar an der Grenze zu Baden-Württemberg, im sogenannten Bachtal.
Die Verwaltungsgemeinschaft Syrgenstein entschloss sich 2007 dazu, ein gemeinsames „Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept“zu erarbeiten. In vielen Bereichen arbeiten die drei Kommunen eng zusammen. Dafür gab es in diesem Jahr den Sonderpreis des Bayerischen Staatspreises. (gau)