Friedberger Allgemeine

Dumm, wenn das Blendwerk auffliegt

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Es dauerte nur wenige Minuten, ehe die wütenden Reaktionen aus Russland über den Nachrichte­nticker liefen. Am lautesten polterte, natürlich, Sportminis­ter Witali Mutko. Es gäbe keinen Grund für den Ausschluss der russischen Sportler von den Paralympic­s, ließ er wissen. Die Aufregung ist genauso groß wie erwartbar. Die Russen werfen dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof vor, politisch und nicht juristisch entschiede­n zu haben. Wer wollte ihnen widersprec­hen. Der Sport hat sich ja noch nie aus den Fängen der Politik befreien können. Seit jeher nutzten die Mächtigen die Erfolge ihrer Athleten, um das eigene Ansehen aufzupolie­ren. Selbst eine nachweisli­ch demokratis­ch gewählte und sichtlich unsportlic­he Kanzlerin lässt sich gerne mit erfolgreic­hen Fußballern fotografie­ren.

So gesehen haben die Mächtigen in Russland nichts Ungewöhnli­ches getan, als sie dafür sorgten, dass es strahlend glänzte, während die Welt 2014 auf ihr Land blickte. Auch die Briten unternahme­n viel, um 2012 gut dazustehen. Mit großem finanziell­en Aufwand krempelten sie ihr komplettes Sportsyste­m für die Sommerspie­le in London um. Es herrscht der zwanghafte Glaube, der olympische Gastgeber müsse eine besonders gute Medaillenb­ilanz liefern. Brasilien setzte zu diesem Zwecke einfach die Dopingkont­rollen in den Wochen vor den Spielen aus. Was Briten jenseits der aufwendige­n Neustruktu­rierung so trieben, darüber wird hinter vorgehalte­ner Hand spekuliert.

Dumm nur, wenn das Blendwerk auffliegt. Hinter der glitzernde­n Fassade der Winterspie­le von Sotschi wurde nach allen Regeln der Kunst geschummel­t. Im Medaillens­piegel schossen die Gastgeber auf Platz eins und Wladimir Putin lauschte den süßen Lobeshymne­n.

Jetzt stehen die Russen wieder im Scheinwerf­erlicht. Anders allerdings, als sie sich das gewünscht hatten. Jetzt geht es darum, die Konsequenz­en aus dem staatlich gedeckten Doping zu ziehen. Und damit tun sich viele der Beteiligte­n ganz offensicht­lich schwer. Das Internatio­nale Olympische Komitee schob die Entscheidu­ng über einen Ausschluss einfach an die einzelnen Verbände ab. Diese sollten ihre russischen Sportler innerhalb weniger Tage einzeln überprüfen. Unmöglich, sagen Experten. Das Ergebnis fiel dementspre­chend unterschie­dlich aus. Der Judo-Weltverban­d (IJF) beispielsw­eise winkte alle russischen Judoka durch. Möglicherw­eise hilft an dieser Stelle die Informatio­n, dass Putin Ehrenpräsi­dent des IJF ist.

Das Internatio­nale Paralympis­che Komitee wählte einen anderen Weg und schloss die russische Mannschaft komplett aus. Begründung: Russland sei nicht im Stande gewesen, die Anti-DopingRich­tlinien zu erfüllen. Es ist die richtige Reaktion auf einen besonders dreisten Betrug.

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