Der Völkermord in Ruanda
● Der Genozid in Ruanda ist nur mit wenigen anderen Massenmorden im 20. Jahrhundert vergleichbar, darunter dem Holocaust und den Killing
Fields der Roten Khmer in Kambodscha. ● Seit Jahrzehnten schwelende Spannungen zwischen Hutu und Tutsi
eskalierten im Jahr 1994. Die Schere zwischen den wohlhabenderen TutsiEliten, die ein Zehntel der Bevölkerung ausmachten, und der einfacheren Hutu-Landbevölkerung klaffte schon auseinander, als die Deutschen und nach dem Ersten Weltkrieg die Belgier das Land kolonialisierten. Hutu und Tutsi sind eigentlich keine Völker, sondern gesellschaftliche Schichten. Die Kolonialherren schrieben die Zugehörigkeit in den Pässen fest, weshalb viele Ruander die Kolonialzeit als eigentliche Ursache für das Massaker sehen.
● In 100 Tagen töteten Angehörige der Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der Tutsi-Minderheit sowie moderate Hutu, die sich an dem organisierten Gemetzel nicht beteiligen wollten oder sich ak- tiv dagegenstellten – insgesamt etwa eine Million Menschen.
● Auslöser war das Attentat auf den ruandischen Hutu-Präsidenten Juvenal Habyarimana. Am 6. April 1994 schossen Unbekannte sein Flugzeug mit einer Rakete beim Landeanflug auf Kigali ab. Habyarimana und der mitreisende Präsident von Burundi starben. Radikale Hutu-Milizen lasteten den Mord den Tutsi an und riefen zur Vergeltung auf.
● Der Völkermord passierte vor den Augen der Weltgemeinschaft. Bereits am 11. Januar 1994 – und damit drei Monate vor Beginn des Massenmords – schickte der Leiter der UN-Truppen in Ruanda, Roméo Dallaire, eine Nachricht an seine Vorgesetzten in New York, das sogenannte „GenozidFax“. Als das furchtbare Morden bereits lief, sandte er erneut einen verzweifelten Appell an die UN – wieder vergeblich. Vermutlich aus Furcht davor, ein ähnlich demütigendes Desaster wie kurz zuvor bei der Intervention in Somalia zu erleben. (ak)