Bayern: Harte Strafe für falsche Notrufe
Beim Amoklauf in München gab es zahlreiche Fehlalarme. Werden sie vorsätzlich abgesetzt, ist das ein Fall für die Polizei. Nun fordert der Justizminister härtere Strafen
Bamberg Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) fordert schärfere Strafen bei vorsätzlichem Missbrauch des Notrufs. „Das ist keine Bagatelle, sondern ganz, ganz schwerwiegend“, sagte Bausback in Bamberg. Er forderte, die mögliche Haftstrafe für missbräuchliche Anrufe in Katastrophenlagen oder bei Unglücksfällen von bisher höchstens einem auf bis zu drei Jahre zu erhöhen. Für die Regelung zuständig ist der Bund. Wer Straftaten androhe und dadurch in Kauf nehme, andere zu gefährden – etwa durch eine Massenpanik oder weil Retter zum falschen Ort fahren – soll nach Bausbacks Vorstellungen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden können. Hintergrund sind Fehlalarme während des Amoklaufs in München.
Augsburg Es gibt die, die sich verwählen, sagt Anselm Brieger, Sprecher der Feuerwehr Augsburg. Die aus Versehen bei der 112 herauskommen. Es gibt die Schüler, die sich einen schlechten Scherz erlauben und die Integrierte Leitstelle anrufen. Und dann gibt es das, was Brieger „Notrufmissbrauch“nennt: Leute, die behaupten, dass im Badesee jemand zu ertrinken droht oder in der Gegend einer um sich schießt – und tatsächlich ist nichts.
Um die 260 000 Notrufe gehen jedes Jahr bei der Integrierten Leitstelle in Augsburg ein, die für die Stadt und den Landkreis Augsburg sowie die Kreise Aichach-Friedberg, Dillingen und Donau-Ries zuständig ist. Um die 30 davon sind vorsätzliche Fehlalarme. Wie im vergangenen Jahr, als ein Dachstuhlbrand in Augsburg gemeldet wurde. Ein kompletter Löschzug rückte aus – aber es war nichts. Eine halbe Stunde später stand der Dachstuhl dann in Flammen. „Der Anrufer wollte testen, wie lange die Feuerwehr braucht, bis sie da ist“, erzählt Brieger. Der Brandstifter wurde noch vor Ort festgenommen. Doch klar ist: Schon der Missbrauch von Notrufen ist strafbar.
Nach den jüngsten Anschlägen hat die Polizei eine klare Warnung erteilt: Wer absichtlich Fehlalarme verbreite, müsse mit strafrechtlichen und finanziellen Folgen rechnen. Rund um den Amoklauf in München waren zahlreiche Falschmeldungen über soziale Netzwerke verbreitet worden. Bei der Polizei gingen 4310 Notrufe zwischen 18 und 24 Uhr ein – das Vierfache eines normalen Abends. In 23 Fällen wurden bislang Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagt ein Polizeisprecher.
Geht es nach Justizminister Win- fried Bausback, sollen bewusste Falschmeldungen härter bestraft werden. Derzeit sieht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und Geldstrafen vor, wenn „Notrufe oder Notzeichen missbraucht werden“. Der CSU-Minister fordert bis zu drei Jahre Gefängnis, wenn die Tat bei Unglücksfällen oder in Katastrophenlagen begangen wird. Wer Straftaten androht und den öffentlichen Frieden stört sowie eine Gesundheitsschädigung anderer in Kauf nimmt, dem sollen bis zu fünf Jahre Haft drohen.
Wenn bewusste Falschmeldungen bei Unglücksfällen gestreut werden, habe das weitreichende Folgen, erklärt Bausback. Zum einen für die Arbeit der Polizei, zum anderen könnten solche Fehlalarme bei den Bürgern „Panikreaktionen auslösen oder verstärken und dadurch Verletzungen oder gar den Tod von Menschen verursachen“.
Auch Christian Eckel kennt das Problem. Immer wieder werden seine Kollegen zu vermeintlichen Einsätzen gerufen. Wie im November in Kempten, als ein Mann behauptete, er brauche Hilfe – und die Verbindung dann abbrach. Die Polizei machte ihn ausfindig. Tatsächlich war er betrunken. „In aller Regel werden solche Fälle zur Anzeige gebracht“, sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd. 120 Mal kam das im vergangenen Jahr vor. „Das ist gar nicht lustig“, sagt Eckel. Denn die Polizisten müssen solche Anrufe in jedem Fall überprüfen – und stehen dann für andere Einsätze nicht zur Verfügung.
Bei der Feuerwehr ist das nicht anders. Sprecher Brieger begrüßt daher Bausbacks Vorschlag, mutwillige Fehlalarme härter zu bestrafen. „Denn viele Anrufer haben keine Ahnung, welche Maschinerie sie in Gang setzen.“»Kommentar