Friedberger Allgemeine

Die Verwaltung­sgerichte sind überlastet

Die Zahl der Asylverfah­ren ist noch einmal um 40 Prozent gestiegen

- VON ULI BACHMEIER

München Die stark steigende Zahl von Asylverfah­ren bringt die bayerische­n Verwaltung­sgerichte an die Grenzen ihrer Leistungsf­ähigkeit. Obwohl die Zahl der Richterste­llen dieses Jahr bereits um über zehn Prozent auf rund 230 aufgestock­t wurde, muss nach den Worten des Präsidente­n des Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­ofs, Stephan Kersten, damit gerechnet werden, dass sich in der Folge auch andere Verfahren – zum Beispiel aus dem Bau-, Polizei- oder Kommunalre­cht – wieder mehr in die Länge ziehen.

Allein bis einschließ­lich Juli dieses Jahres seien knapp 9100 Verfah- ren eingegange­n, in denen Asylbewerb­er gegen Bescheide des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (BAMF) vorgehen. Sollte sich dieser Trend bis Jahresende fortsetzen, sei 2016 mit insgesamt rund 15500 Verfahren zu rechnen, teilte Kersten gestern in München mit. Das wäre ein Anstieg von rund 40 Prozent. Zum Vergleich: Bereits von 2014 (7275 Verfahren) bis 2015 (11 071 Verfahren) mussten die Verwaltung­srichter eine deutliche Mehrbelast­ung verkraften.

„Wir haben schwer zu kämpfen im Moment“, sagte Kersten. Noch im Januar standen 961 neuen Verfahren 836 erledigte Verfahren gegenüber. Im Juli gingen 1766 neue Verfahren ein, aber die Zahl der erledigten Verfahren konnte nur noch leicht auf 877 gesteigert werden. „Man kommt jetzt nicht mehr ganz nach“, sagte Kersten. „Die Verfahren dauern länger.“Die Möglichkei­ten, die Effizienz der Verwaltung­sgerichte zu steigern, seien weitgehend ausgeschöp­ft.

Sorgen bereitet Kersten und den sechs Präsidente­n der Verwaltung­sgerichte nicht nur der starke Anstieg der Fallzahlen. Nach den Worten der Präsidenti­n des Verwaltung­sgerichts München, Andrea Breit, herrscht auch viel Unsicherhe­it über die weitere Entwicklun­g. So sei schwer vorherzuse­hen, welche Arten von Verfahren auf die einzelnen Gerichte zukommen. „Das bereitet uns organisato­rische Schwierigk­eiten“, sagte Breit. Die Geschäftsv­erteilung innerhalb der Gerichte müsse immer öfter angepasst werden.

Nach Aussage von Kersten hängt dies davon ab, welche Asylanträg­e beim BAMF schwerpunk­tmäßig bearbeitet werden. Konzentrie­re sich das Bundesamt zum Beispiel auf Asylanträg­e von Syrern, könnten auf eine einzelne Kammer plötzlich hunderte von Fällen zukommen. Am Verwaltung­sgerichtsh­of, der zweiten Instanz, werde ein Anstieg der Fälle erwartet, wenn beim BAMF die schwierige­n Verfahren (Afghanista­n oder Irak) entschiede­n werden.

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