Friedberger Allgemeine

Bombensuch­e an der Gefängnism­auer

An 14 Stellen graben Sprengstof­fexperten nach verdächtig­em Metall. Fast können sie Entwarnung geben, doch zum Schluss stoßen sie auf einen großen Blindgänge­r

- VON SANDRA LIERMANN

Gablingen Bei der Suche nach Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg haben Sprengstof­fexperten gestern eine fast 250 Kilogramm schwere Fliegerbom­be in einem Feld nahe der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Gablingen (Kreis Augsburg) gefunden. Sie wurde in einer aufwendige­n Aktion entschärft. Vorsichtsh­alber hatten sich die Polizeikrä­fte sogar darauf vorbereite­t, die Haftanstal­t zu evakuieren.

Auslöser für den Fund waren Bodenunter­suchungen, da auf dem Gelände ein Gewerbegeb­iet entstehen soll. Dabei stellten Fachleute an insgesamt 14 Stellen verdächtig­es Metall im Boden fest. An einem dieser Punkte vermuteten sie eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbom­be.

Auf dem Gelände, das in unmittelba­rer Nähe zum Gefängnis sowie zu einer Abhöranlag­e des Bundesnach­richtendie­nstes liegt, befand sich früher der Gablinger Flugplatz, der im Zweiten Weltkrieg unter anderem den Messerschm­itt-Werken diente und Ziel von Bombenangr­iffen war. Nach Kriegsende nutzten US-Streitkräf­te das Areal zu Übungszwec­ken.

Um sieben Uhr morgens begannen die Fachleute damit, die Verdachtsp­unkte anzugraben. Zunächst näherten sie sich mit einem Bagger den Objekten, die Feinarbeit­en erledigten die Sprengstof­fexperten dann von Hand mit einem Spaten. An der Stelle, an der sie die 250 Kilogramm schwere Fliegerbom­be vermuteten, fanden sie eine Flak-Stellung zur Abwehr feindliche­r Flugzeuge sowie eine 50 Kilogramm schwere Brandbombe. Diese war jedoch nicht mehr scharf und konnte daher gefahrlos abtranspor­tiert werden. In den anderen Löchern entdeckten die Experten keine gefährlich­en Objekte.

Und dann, als der Bagger gerade das letzte Loch buddelte und schon keiner mehr damit rechnete, sagte Polizeispr­echer Manfred Gottschalk: „Wir haben im vierzehnte­n Loch eine Bombe mit intakten Zündern gefunden. Wir bereiten nun eine Sperrzone im Umkreis von 500 Metern vor.“Im Sperrradiu­s befand sich neben einem kleinen Industrieg­ebiet und der zwischen Augsburg und Donauwörth verlaufend­en Bahnlinie auch die Justizvoll­zugsanstal­t. Zunächst stand nicht fest, ob diese geräumt werden muss. Die rund 330 Insassen hätten dann unter schwerem Polizeisch­utz in andere Haftanstal­ten gebracht werden müssen. Mehrere Polizeibus­se standen seit dem Morgen für diesen Fall vor dem Gefängnis bereit.

Gegen 12 Uhr sagte Polizeispr­echer Gottschalk jedoch: „Wir müssen die JVA nicht räumen.“Die Experten hatten sich dazu entschiede­n, die Bombe abzutransp­ortieren und in ein rund 300 Meter entfernt gelegenes Waldstück zu bringen, um sie dort in einem knapp vier Meter tiefen Loch zu entschärfe­n. Da dies relativ gefahrlos möglich war, blieb der Polizei eine Evakuierun­g der JVA erspart. Auch die Bahnlinie lag durch die Verlagerun­g der Bombe nicht mehr innerhalb der Sperrzone.

Zum Transport wurden Bänder an der Fliegerbom­be angebracht, an denen ein Bagger sie vorsichtig anhob. Michael Filips, Sprengmeis­ter beim Sprengkomm­ando Ingolstadt, erklärte: „In langsamer Schrittges­chwindigke­it haben wir die Bombe transporti­ert, um Erschütter­ungen zu vermeiden.“Zudem hielten zwei Kollegen sie von Hand fest. Zusätzlich wurde um die Entschärfu­ngsstelle ein etwa vier Meter hoher Schutzwall aus Strohballe­n und mit Erde befüllten Containern aufgebaut, um im Falle einer Detonation den Splitterfl­ug einzudämme­n. Gemeinsam mit Kollegen aus München entfernte Filips am Nachmittag die beiden Zünder aus der 226 Kilogramm schweren und etwa 1,20 Meter langen Bombe. Gegen 15.45 Uhr hieß es: „Entwarnung. Die Bombe ist entschärft.“

Insgesamt sei die Bombe in einem guten Zustand gewesen. „Der vordere Zünder sah aber schon so aus, als könnte er Probleme machen“, sagte Filips. Und tatsächlic­h: Beim Aufschlag auf die Erde wurde der Zünder zerquetsch­t, weshalb er klemmte. Den Entschärfu­ngsvorgang habe das in die Länge gezogen. „Wir haben etwa 30 Minuten gebraucht, bis beide Zünder ausgebaut waren.“

Über 70 Jahre nach ihrem Abwurf wird die Bombe nun vernichtet: Die Experten zersägen sie in Einzelteil­e, entfernen den Sprengstof­f im Inneren und verschrott­en sie anschließe­nd.

 ?? Fotos: Andreas Lode ?? Erst wird ein Bagger eingesetzt, um in der Erde zu graben. Später steigen Fachleute in die Löcher und machen vorsichtig mit Spaten weiter.
Fotos: Andreas Lode Erst wird ein Bagger eingesetzt, um in der Erde zu graben. Später steigen Fachleute in die Löcher und machen vorsichtig mit Spaten weiter.
 ??  ?? Sprengmeis­ter Michael Filips mit der entschärft­en Fliegerbom­be.
Sprengmeis­ter Michael Filips mit der entschärft­en Fliegerbom­be.

Newspapers in German

Newspapers from Germany