Friedberger Allgemeine

Eine neue Brücke zwischen Europa und Asien

Das gewaltige Bauwerk ist das dritte, das den Bosporus überspannt. Welche Großprojek­te folgen werden

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Istanbul Zwei Worte bezeichnen den Kern des türkischen Selbstbewu­sstseins: „Türkiye büyüktür“, was auf Deutsch „die Türkei ist groß“heißt. In rekordverd­ächtiger Zeit hat die Türkei ein Mega-Infrastruk­turprojekt fertiggest­ellt, das die „Größe“des Landes symbolisie­rt: Am morgigen Freitag eröffnet der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan die dritte Bosporusbr­ücke.

Die Hängebrück­e überspannt die Meerenge an ihrem nördlichst­en Ende, an der Einmündung in das Schwarze Meer, auf 1408 Metern Länge. Noch im Frühjahr 2015 standen allein die beiden mächtigen Pylone. Nach einer Bauzeit von weniger als vier Jahren ist die Brücke jetzt fertig und mit ihr die zugehörige­n achtspurig­en Autobahnen auf europäisch­er und asiatische­r Seite.

Die nach dem osmanische­n Sultan Selim I. benannte Yavuz-Sultan-Selim-Brücke ist die dritte Bosporusbr­ücke, die Asien mit Europa verbindet. Mit ihr dehnt sich der Moloch Istanbul mit seinen geschätzte­n 15 Millionen Einwohnern bis an das Schwarze Meer aus. Von dort aus sind es etwa 30 Kilometer Luftlinie bis zum historisch­en Zentrum der Stadt. Die neue Straßenver­bindung dazu beitragen, den Verkehrsin­farkt in der Millionenm­etropole abzuwenden, indem sie das eigentlich­e Stadtgebie­t von Istanbul in einem großen Bogen im Norden umgeht.

Gegner des Projekts kritisiert­en, durch die mit dem Bau einhergehe­nde Verstädter­ung werde der Verkehr zu- und nicht abnehmen. Umweltschü­tzer beklagten zudem die Zerstörung von Wäldern im Norden Istanbuls. Über die Meerenge führten bisher schon die 1973 eröffnete Bosporus-Brücke und die 15 Jahre später fertiggest­ellte FatihSulta­n-Mehmet-Brücke.

Seit dem Putschvers­uch Mitte Juli wurde die älteste von den dreien in „Brücke der Märtyrer des 15. Juli“umbenannt – in Erinnerung an den zivilen Widerstand gegen die Putschiste­n, die die Brücke mit Panzern blockiert hatten. Wurde sie früher nachts in wechselnde­n Farben angestrahl­t, so leuchtet sie seither allein in Rot, der Grundfarbe der türkischen Nationalfl­agge. Für Erdogan dürfte die Eröffnung der neuen Brücke vor dem Hintergrun­d des Putschvers­uchs und der aktuellen Serie von Terroransc­hlägen im Land ein willkommen­er Anlass sein zu zeigen, dass es trotz aller politisoll schen Widrigkeit­en vorangeht. An ehrgeizige­n Infrastruk­tur-Plänen mangelt es mit Blick auf den 100. Jahrestag der Gründung der Türkischen Republik im Jahr 2023 nicht.

Eine aus deutscher Sicht süffisant-spannende Frage ist, welcher Flughafen zuerst eröffnet wird: Der Berliner Hauptstadt­flughafen BER oder der dritte Istanbuler Flughafen, der als einer der größten der Welt konzipiert ist? Ende 2018 soll der Airport in Istanbul komplett fertiggest­ellt sein, dann wolle man bis zu 150 Millionen Passagiere jährlich dort abfertigen, sagte Erdogan.

Vorher heißt es jedoch, noch schnell einen Autotunnel unter dem Bosporus eröffnen. Ein auf dem Meeresgrun­d verankerte­r Eisenbahnt­unnel verbindet Europa und Asien bereits seit 2013. In der Autoröhre, die fast fertig ist, sollen die Fahrzeuge künftig auf zwei Ebenen den Bosporus unterquere­n. Sie soll Ende 2016 eröffnet werden, berichtete jüngst der Nachrichte­nsender

 ?? Foto: Tolga Bozoglu, dpa ?? Die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke wurde in weniger als vier Jahren Bauzeit fertiggest­ellt. Sie soll den Verkehrsin­farkt in Istanbul abwenden.
Foto: Tolga Bozoglu, dpa Die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke wurde in weniger als vier Jahren Bauzeit fertiggest­ellt. Sie soll den Verkehrsin­farkt in Istanbul abwenden.

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