Friedberger Allgemeine

Steffi Jones auf den Spuren von Jürgen Klinsmann

Die neue Bundestrai­nerin beeindruck­t beim ersten Auftritt. Die schärfsten Kritiker ihrer Vorgängeri­n hat sie wohl schon überzeugt

- VON FRANK HELLMANN

Frankfurt Mit schwarzer Tuchhose, modischer Bluse und stilvollem Blazer betrat Steffi Jones den Raum im Frankfurte­r Flughafenh­otel. Federnder Schritt, selbstbewu­sste Haltung, smartes Lächeln. Und dazu bereits das Mikrofon am Ohr eingehakt. So sehen Businessfr­auen aus, wenn sie ausgefeilt­e Vorträge halten.

Nichts anderes tat gestern auch die künftige Trainerin der deutschen Fußball-Frauen. Mit einer beeindruck­enden Powerpoint-Präsentati­on stellte sich die 43-Jährige nicht nur der Schar der TrainerKol­legen aus der Frauen-Bundesliga vor, sondern in Kurzform bekam auch die Öffentlich­keit zu sehen, was die neue Bundestrai­nerin zu tun gedenkt, um dem deutschen Frauenfußb­all Erweckungs­erlebnisse wie den Olympiasie­g unter ihrer Vorgängeri­n Silvia Neid zu erhalten.

Jones („Ich werde den Fußball nicht neu erfinden“) wird keine Revolution anzetteln, aber doch Reformen angehen. Dazu gehört schon eine Ansprache, derer sich die bisweilen sperrige Neid nie bedient hätte. Das Motto „KISS – keep it smart & simple!“stand etwa auf der ersten Folie. Was so viel heißt wie: Mach es schlau und einfach. Zudem wurden Leitbilder, Positionsp­rofile und Spielvisio­nen gezeigt – zuletzt hat in derartiger Form beim DFB so etwas Jürgen Klinsmann gewagt.

Ihre vielfältig­en Tätigkeite­n als Präsidenti­n im Organisati­onskomitee der WM 2011, Direktorin beim DFB und zuletzt Assistenti­n unter Neid haben die Jones noch selbstbewu­sster gemacht, als sie es ob ihrer bewegenden Vita schon war. Sie sei nicht „wischiwasc­hi, sondern straight“. Geradeaus also will sie gehen, und dafür hat die gebürtige Frankfurte­rin, mit der erforderli­chen Lizenz, aber nur bedingter Trainer-Erfahrung ausgestatt­et, sich bewusst eine Frau und einen Mann als Assistente­n geholt: Verena Hagedorn, 34, ehemalige Nationalsp­ielerin, zuletzt Verbandssp­ortlehreri­n Mittelrhei­n, und Markus Högner, 49, ehemaliger Zweitligap­rofi in Aachen, zuletzt Trainer des Frauen-Bundesligi­sten SGS Essen. Pikant: Die bisherige Teammanage­rin Doris Fitschen werde nur noch „punktuell bei der Mannschaft“(Jones) sein und sich auf ihre Marketinga­ktivitäten beschränke­n. Stecken dahinter persönlich­e Animosität­en? Sicher ist, dass die Hierarchie­n auf dem Platz neu geordnet werden müssen, nachdem Saskia Bartusiak, 33, Annike Krahn, 31, und Melanie Behringer, 30, ihren Rücktritt erklärten.

Die ersten Länderspie­le unter der Regie von Jones – EM-Qualifikat­ion in Russland (16. September) und Ungarn (20. September) – werden keinen größeren Aufschluss geben. Da man bereits qualifizie­rt ist, soll nach Rücksprach­e mit den Vereinstra­inern ein Teil der viel belasteten Olympia-Heldinnen geschont werden.

Jones strebt eine verbessert­e Kommunikat­ion mit der Liga an. Deren Grummeln über so manchen Neid-Alleingang hatte sich nach der durchwachs­enen WM 2015 teils zum lauten Protest gesteigert und mündete in gegenseiti­ge Schuldvorw­ürfe. Die Wogen hat Jones gestern endgültig geglättet. „Es ist schön, dass man über Dinge sprechen kann, die kritisch sind“, merkte Trainer Thomas Wörle vom Meister FC Bayern an. Da hatte offenbar jemand mit seiner Präsentati­on überzeugt. Aber dafür hatte sich Steffi Jones ja auch in Schale geworfen. Ähnlich wird sie auch am Spielfeldr­and auftauchen. Antwort auf die Frage, ob die neue Bundestrai­nerin denn Hosen- oder Trainingsa­nzug trage: „Sportlich chic.“

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Foto: afp Steffi Jones

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