Friedberger Allgemeine

Fußballtea­m geerbt – was tun?

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger-allgemeine.de

Ein Erbe anzutreten, kann eine schwierige Sache sein. Handelt es sich nur um das Kaffeeserv­ice von Tante Frieda, hält sich die Sorge um die Bewahrung des Wertvollen in Grenzen. Das gute Porzellan wird in die nächste Vitrine gestellt und dort in den meisten Fällen vor sich hinstauben, bis es eines Tages weitergere­icht wird. Handelt es sich beim Erbe um eine ganze Fußballman­nschaft, sieht die Sache anders aus. Wie soll man diese hegen und pflegen, damit sie nicht einstaubt, sondern ihren Glanz behält?

Eine Aufgabe, mit der sich ab sofort die neue Bundestrai­nerin Steffi Jones auseinande­rsetzen wird. Glückliche­rweise musste ihre Vorgängeri­n Silvia Neid nicht aus dem Leben scheiden, um ihr großes Vermächtni­s zu übergeben. Es reichte aus, dass Neid ihren sportliche­n Weg mit dem Team als vollendet ansah. Abgerundet vor gut einer Woche mit der olympische­n Goldmedail­le als Sahnehäubc­hen.

Den Abgang auf dem Höhepunkt ihres Schaffens haben schon andere Trainer vor Neid gut hinbekomme­n. Jupp Heynckes etwa, dessen Nachfolger noch heute unter der Hinterlass­enschaft vom Triple mit dem FC Bayern München ächzen.

Vielen Trainern fällt es schwer, ein solch verantwort­ungsvolles Erbe anzutreten. Was für eine Bürde kommt da jetzt auf Steffi Jones zu? Silvia Neid hat die deutsche Mannschaft schließlic­h nicht nur zu vielen sportliche­n Erfolgen wie WM- und EM-Titeln geführt, sondern auch den Frauenfußb­all in eine ganz neue Dimension.

Unter Neids Ägide hat die Gleichbere­chtigung endgültig die dicken Wände des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) durchdrung­en. Die Organisati­onsstruktu­ren und die personelle Ausstattun­g bei den Frauen wurden komplett denen der Männer angepasst. Und keiner der Funktionär­e von heute hätte sich getraut, Silvia Neid für einen Turniersie­g ein Kaffeeserv­ice als Prämie anzubieten, wie einst beim EMTitelgew­inn von 1989.

Steffi Jones verfügt über die Fähigkeite­n und die Entschloss­enheit, das Team weiterzufü­hren und weiterzuen­twickeln – auf, aber auch besonders neben dem Platz. Wenn sie wahr machen kann, was sie angekündig­t hat, muss Silva Neid um ihr Erbe nicht bange sein. Im Gegensatz zu jenem legendären Kaffeeserv­ice von 1989, das wohl in einer Vitrine vor sich hin staubt.

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